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Langer Kampf um Technik: Hawk-Eye, Chip oder Torrichter?

Chip im Ball, Torkamera oder doch Torrichter: Die Diskussion um technische Hilfsmittel im Fußball sorgt seit Jahren für Kontroversen.

Der Weltverband (FIFA) und Präsident Joseph Blatter waren lange erbitterte Gegner der Technik im Fußball, änderten aber nach den Erfahrungen bei der WM 2010 in Südafrika ihre Meinung. Die FIFA ist mittlerweile ein entschiedener Befürworter der Torlinientechnologie, wohingegen der europäische Dachverband (UEFA) und sein Präsident Michel Platini auf die sogenannten Torrichter setzen.

Warschau. Am 5. Juli wird das International Football Association Board (IFAB) bei einer Sitzung in Zürich eine Entscheidung treffen. Die Richtung ist klar – nicht erst seit dem nicht gegebenen Treffer im EM-Spiel England gegen die Ukraine am Dienstagabend in Donezk. Anfang März hatten sich die Regelhüter des Weltfußballs “im Prinzip” auf die Einführung der Torlinientechnik geeinigt. Die Technik könnte bereits bei der Club-WM in Japan im Dezember und beim Confederations Cup 2013 in Brasilien zum Einsatz kommen. “Wir wollen das System bis zur WM 2014 etabliert haben”, sagte damals FIFA-Generalsekretär Jerome Valcke.

Nach jahrelangen Tests sind noch zwei Varianten im Rennen: Der Chip im Ball (GoalRef) und die Torkamera (die aus dem Tennis bekannte Hawk-Eye-Technologie). Der Videobeweis als weiteres technisches Hilfsmittel wurde erst einmal wieder verworfen.

CHIP IM BALL: Experten des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen (IIS) in Erlangen forschen seit drei Jahren an dieser Technik. Diese basiert auf einem Magnetfeld am Tor. Passiert der Ball die Torlinie, wird ein entsprechendes Funksignal dem Schiedsrichter auf dessen Uhr übermittelt. “Der Diebstahlschutz im Kaufhaus basiert auf einer ganz ähnlichen Technik”, sagt Fraunhofer-Ingenieur Thomas von der Grün. Und so wie dort ein Alarm ausgelöst werde, wenn die Sicherung an der Ware nicht entfernt worden ist, so übermittle die Technik im Stadion ein Signal an den Unparteiischen.

TORKAMERA bzw. HAWK-EYE: Die sogenannte Hawk-Eye-Technik aus England wurde zuletzt bei der EM-Generalprobe der englischen Nationalmannschaft gegen Belgien im Wembley-Stadion getestet. Erfahrungen damit gibt es bereits im Tennis und im Cricket. Das System arbeitet mit Kameras und einer optischen Erkennung der Spielsituation. Allerdings würde die Rückmeldung durch das System, die etwa per Vibration erfolgt, nur an den Schiedsrichter erfolgen und wäre im Unterschied zum Hawk-Eye beim Tennis nicht vom Publikum zu sehen.

TORRICHTER: Bei der EM in Polen und der Ukraine werden die sogenannten “Additional Assistant Referees” erstmals in einem großen Turnier eingesetzt. Die zusätzlichen Schiedsrichter-Assistenten stehen an den Torlinien und sollen den Referee bei umstrittenen Situationen im Strafraum unterstützen. Also bei den Fragen: Foul oder Schwalbe, Tor oder kein Tor? Was manche Zuschauer irritiert, ist allerdings eine klare Regelvorgabe der FIFA: Die Torrichter dürfen keine Zeichen geben, den Arm heben oder gestikulieren. Sie sind über Funk mit dem Hauptschiedsrichter verbunden.

Auch nach der IFAB-Entscheidung vier Tage nach dem EM-Finale werden einige Fragen zunächst offen bleiben. Sollten beide Technologien akzeptiert werden – darf sich dann jede Liga aussuchen, womit sie arbeitet? Ab wann sind die Hilfsmittel erlaubt? In welchen Ligen? Wie schnell können beispielsweise die Tore in den Stadien umgerüstet werden? Welche Kosten kommen auf Verbände und Vereine zu? Bisher konnten die Kosten, die die Clubs und nicht etwa die TV-Sender zu tragen hätten, noch nicht belastbar beziffert werden.

(APA)

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