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Kurz fordert "offene Diskussion" über Flüchtlinge

Die Flüchtlingsproblematik stand am Samstag im Mittelpunkt der Eröffnung des diesjährigen Europa-Forums Wachau im Stift Göttweig. In Europa erlebe man derzeit die Situation, "dass gegensätzliche Konzepte aufeinanderprallen", sagte Außenminister Sebastian Kurz. Es brauche daher "eine offene Diskussion". NÖ-Landeshauptmann Erwin Pröll sprach von einer "Nagelprobe der EU".


“Die EU muss gemeinsam das Flüchtlingsproblem lösen”, forderte Pröll. “Daran wird sich zeigen, ob in Europa die gelebte Solidarität stärker ist als der nationale Egoismus.” Nationalismus und Populismus seien die Spaltpilze Europas und führten ins Verderben, betonte Pröll in seiner Rede. “Schon die europäischen Gründungsväter haben gewusst: Nur wenn der Völkerhass, der nationale Egoismus und der Nationalismus überwunden werden können, kann es auch gelingen, dauerhaft Frieden in Europa zu fixieren.”

“So wie mit der Flüchtlingsnot derzeit umgegangen wird, kann es auf Dauer nicht funktionieren”, betonte Pröll. “Es kann nicht sein, dass einige Mitgliedsländer die Solidarität verweigern, noch dazu jene, die sich nach dem Zerfall des Kommunismus der Solidarität der anderen sicher sein konnten.” Es sei “unverständlich, dass in einem Land die Flüchtlingsproblematik bewältigt wird, und 50 Kilometer weiter gesagt wird: Das geht uns nichts an – da machen wir nicht mit”, so der Landeshauptmann. Wer die Rechte einer Gemeinschaft beanspruche, der müsse auch wissen, dass er Verpflichtungen habe. “Nur so kann Solidarität funktionieren, nur so können Partnerschaft und Nachbarschaft funktionieren und nur so hat Europa Bestand.”

Kurz argumentierte, die Chance, wieder mehr Identifikation mit Europa zu erreichen, liege “in einer besseren Aufgabenteilung und in einem Mehr an Subsidiarität”. Für eine solide Aufgabenteilung und für Subsidiarität trat EU-Nachbarschaft- und Erweiterungskommissar Johannes Hahn ein. Die Herausforderungen für Europa werde man nur bewältigen können, wenn man gemeinsam agiere, betonte Hahn: “Wir brauchen nicht nur ein Wir-Gefühl, wir brauchen auch ein nachhaltiges, europäisches Wir-Verhalten.”

Kroatiens Außenminister Miro Kovac meinte: “Die EU hat immer wieder bewiesen, dass es ihr gelingt, aus Krisen stärker hervorzugehen.” Auch er bezog sich auf die Gründungsväter: “Sie waren stolz auf die Errungenschaften ihrer Länder, aber sie strebten auch eine gemeinsame Zukunft an.” Man könne stolz auf das Erreichte sein, so Kovac. “Die EU ist eine Erfolgsgeschichte, sie hat Frieden und Wohlstand geschaffen.”

Die EU sei am Scheideweg, sagte sein rumänischer Amtskollege Lazar Comanescu. “Die EU ist im Laufe ihrer Geschichte durch Krisen gegangen, aber letzten Endes hatten diese Krisen einen unterstützenden Effekt für Reformen.” In Rumänien glaube die Bevölkerung an das europäische Projekt, betonte Comanescu. “Kein europäischer Mitgliedsstaat kann es alleine schaffen, und deswegen muss im Rahmen unserer Zusammenarbeit alles getan werden, um das europäische Projekt zu stärken.”

“Wir brauchen eine ehrliche Debatte über Europa”, betonte Bulgariens Chefdiplomat Daniel Mitow (Mitov). “Das ist jetzt besonders wichtig.” Um die Krisen zu bewältigen, brauche es “ein Krisenmanagement, und wir müssen versuchen, Krisen gar nicht erst entstehen zu lassen.” Man müsse die Herausforderungen, vor denen man stehe, “ganz klar erkennen” und “die Dinge beim Namen nennen”, so Mitov.

Noch bis morgen, Sonntag, steht in Göttweig das Thema “Europa – in Wohlstand geeint, in Krisen gespalten” im Zentrum der Referate und Arbeitskreise.

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