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Kurden-Unruhen in Türkei

Die blutigen Kurden-Unruhen in der Türkei haben nach der kurdischen Provinz nun auch Istanbul erreicht. Freiheitsfalken Kurdistans drohen mit Anschlägen auf Touristen.

In der nordtürkischen Großstadt kamen am Sonntagabend drei Menschen ums Leben, als ein Bus bei einem Brandanschlag in Flammen aufging. In einem Krankenhaus von Diyarbakir im Südosten des Landes erlagen zwei Männer den Verletzungen, die sie bei den Unruhen der vergangenen Tage erlitten hatten.

Damit stieg die Zahl der Todesopfer seit Beginn der Unruhen vor einer Woche auf insgesamt 15. Die Freiheitsfalken Kurdistans (TAK), die von den türkischen Behörden als Nachfolge-Organisatin der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) angesehen werden, drohten mit Anschlägen auf Touristen-Einrichtungen.

An dem Überfall auf den Bus in Istanbul, im Außenbezirk Bagcilar im europäischen Teil der Metropole, waren rund hundert großteils vermummte Demonstranten beteiligt, die PKK-Slogans skandierten. Nachdem der Bus durch einen Molotow-Cocktail in Brand geraten war, raste er in einen Lastwagen. Eine Frau kam ums Leben, als sie in Panik aus dem Bus sprang. Zwei weitere Leichen wurden später in den Fahrzeugwracks entdeckt. Die Istanbuler Behörden fürchteten das Aufflammen weiterer Unruhen, nachdem sich in Problemvierteln Kurden und Roma bewaffnete Auseinandersetzungen geliefert hatten.

Die Freiheitsfalken forderten Touristen auf, die Türkei zu meiden. Die Tourismus-Einnahmen, die sich im vergangenen Jahr auf rund 15 Milliarden Euro belaufen hatten, würden von den türkischen Sicherheitskräften „für Angriffe auf das kurdische Volk“ genutzt, hieß es in einer Erklärung. „Wir kündigen an, dass Hotels, Freizeiteinrichtungen und Tourismus-Unternehmen unsere Ziele sein werden“, drohte die TAK.

Seit Juli 2005 wurde in der Türkei eine Serie von Bombenanschlägen verübt, von denen einige auf das Konto der TAK gingen. Bei dem blutigsten Anschlag wurden im vergangenen Sommer im Badeort Kusadasi fünf Menschen getötet, darunter eine Irin und eine Britin. Laut PKK sind die Freiheitsfalken aus abtrünnigen PKK-Kämpfern zusammengesetzt, über die die Organisation keine Gewalt mehr hat. Die türkischen Sicherheitskräfte betrachten die TAK hingegen als Tarn-Organisation der PKK.

Ein 78-jähriger Mann und ein 18-Jähriger erlagen am Montag im Krankenhaus in Diyarbakir ihren Verletzungen. Die Regionalregierung erklärte, bei den Unruhen der vergangenen Tage seien vier Fünftel der Kundgebungsteilnehmer Minderjährige gewesen.

Nach den gewalttätigen Kurden-Protesten wurden allein in der Stadt Diyarbakir mehr als 330 Demonstranten in Untersuchungshaft genommen. Insgesamt seien in den Unruhegebieten 190 Kinder festgenommen und . 31 von ihnen von Gerichten verurteilt worden, berichtet die türkische Zeitung „Zaman“ in ihrer Online-Ausgabe. Laut dem regierungsnahen Blatt sollen extremistische Kurden Kindern aus Armenvierteln zwischen zehn und 20 Lira (6 bis 12 Euro) gezahlt haben, damit sie Steine auf die Sicherheitskräfte werfen.

Der Chef des Kinderrechtszentrums in Diyarbakir, Cengiz Analay, bestätigte, dass 31 Kinder verurteilt worden seien. Er wies aber die Darstellung zurück, dass die Kinder gegen Geld an den gewaltsamen Protesten teilgenommen hätten.

Entzündet hatten sich die Unruhen in der Kurdenregion im Südosten der Türkei nach der Beerdigung von vier PKK-Kämpfern, die bei Auseinandersetzungen mit der Armee getötet worden waren. Die PKK kämpfte von 1984 bis 1999 gegen die türkische Armee; in dem Krieg kamen fast 40.000 Menschen ums Leben. Die türkische Armee hatte unlängst neue Militäreinsätze gegen die Organisation im Südosten des Landes gestartet.

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