Die Leitung des Ausstellungshauses gerät wegen der offensichtlichen Sicherheitslücken immer mehr unter Druck, sogar das Sicherheitspersonal erhebt schwere Vorwürfe gegen die Verantwortlichen. Im Museum herrschte eine echte Nachlässigkeit, sagte ein Wachmann der Tageszeitung “Le Parisien”. Unter den Mitarbeitern habe man sich häufig gesagt: “Irgendwann wird jemand einfach durch ein Fenster ins Museum kommen.” Nach dem jüngstem Stand der Ermittlungen stieg ein vermummter und schwarz gekleideter Mann in der Nacht zum Donnerstag tatsächlich durch ein Fenster in das Gebäude ein.
Zielsicher schnitt er wenig später fünf der wertvollsten Werke des Museums aus ihren Rahmen. Überwachungskameras filmten ihn, die auf Bewegungen reagierende Alarmanlage war allerdings wegen eines Defekts seit etlichen Wochen außer Betrieb. Ersatzteile seien nicht geliefert worden, erklärt die Stadt. Die Überwachung des riesigen Gebäudes erfolgte daraufhin nur noch über Rundgänge, heißt es vom Sicherheitspersonal. Die Monitore vor den einzelnen Räumen seien dabei so gut wie nutzlos gewesen. Wegen der Dunkelheit habe man auf ihnen nahezu nichts gesehen.
Dem widerspricht allerdings die Stadtverwaltung: Es seien jede Nacht drei Wächter im Dienst, die die Überwachungsbilder direkt übertragen bekommen, ließ Bürgermeister Bertrand Delanoe mitteilen. Die Sicherheitstechnik sei erst vor wenigen Jahren an die Normen angepasst worden. “Eine Scheibe zu zerschlagen und so in ein Museum einzudringen, fünf Gemälde herauszupicken und dann wieder zu gehen”, ohne dass die Nachtwächter etwas mitbekommen hätten, sei “beeindruckend”, sagte der Pariser Kulturbeauftragte Christophe Girard am Donnerstagabend. “Wir haben es mit einem außerordentlich hohen Niveau an Raffiniertheit zu tun.”
Der amtliche Schätzwert der gestohlenen Bilder liege zwischen 90 und 100 Millionen Euro, bestätigte der Kulturbeauftragte, nachdem Ermittler anfangs von 500 Millionen Euro gesprochen hatten. Das teuerste sei das Picasso-Werk “Le pigeon aux petits pois”, daneben wurden “La pastorale” von Henri Matisse, “L’olivier pres de l’Estaque” von Georges Braque, “La femme a l’eventail” von Amedeo Modigliani sowie “Nature morte aux chandeliers” von Fernand Leger entwendet. Die Kunstversicherung Axa-Art erklärte, die Meisterwerke seien “nach unserem Kenntnisstand nicht versichert”.
Nach Angaben von Kennern sind die Bilder absolut unverkäuflich. Der Täter könne sie wegen ihrer Bekanntheit niemandem zeigen, sagte ein Auktionator am Freitagmorgen dem Radiosender RTL. So gut wie ausgeschlossen sei auch, dass ein romantischer Kunstfan hinter der Tat stecke. Möglich wäre allerdings ein Fall von “Artnapping”, so Anita Gach, Leiterin der Abteilung Kulturgutfahndung im österreichischen Bundeskriminalamt. Die Täter würden in diesem Fall einen Erpressungsversuch unternehmen, wobei es, so Gach, nicht zwangsläufig um Geld gehen müsste.
In Frankreich hatten in der jüngeren Vergangenheit immer wieder spektakuläre Kunstdiebstähle für Aufsehen gesorgt. So konnten Unbekannte im Juni vergangenen Jahres ein kostbares Skizzenbuch aus dem Picasso-Museum in Paris stehlen – die Vitrine, in der das Kunstwerk ausgestellt gewesen war, war nicht richtig abgeschlossen. Zu Silvester wurde aus einem Museum in der südfranzösischen Hafenstadt Marseille das Bild “Les Choristes” (“Die Chorsänger”) von Edgar Degas gestohlen. Die Behörden der französischen Hauptstadt haben nun die Wächter in den Museen aufgerufen, noch wachsamer zu sein.
Du hast einen Hinweis für uns? Oder einen Insider-Tipp, was bei dir in der Gegend gerade passiert? Dann melde dich bei uns, damit wir darüber berichten können.
Wir gehen allen Hinweisen nach, die wir erhalten. Und damit wir schon einen Vorgeschmack und einen guten Überblick bekommen, freuen wir uns über Fotos, Videos oder Texte. Einfach das Formular unten ausfüllen und schon landet dein Tipp bei uns in der Redaktion.
Alternativ kannst du uns direkt über WhatsApp kontaktieren: Zum WhatsApp Chat
Herzlichen Dank für deine Zusendung.