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Kubas Tage als Zuckerinsel sind gezählt

In Kuba geht eine Ära zu Ende: Die des Zuckers. Dreihundert Jahre lang war die Karibikinsel der Inbegriff des Zuckers. Auf den Plantagen schufteten Tausende von aus Afrika verschleppten Sklaven.

Später lieferte das kommunistische Kuba viele Jahrzehnte lang Zucker in die Sowjetunion und erhielt im Gegenzug Maschinen, Waffen und Raketen. Die Zuckerindustrie, einst das Rückgrat Kubas, steht nun nach dem Willen von Staatspräsident Fidel Castro (78) vor dem Aus.

„Dieses Land wird niemals wieder vom Zucker leben.“ Mit dieser grundsätzlichen Feststellung überraschte der alternde Präsident kürzlich so sehr, dass vielen die Tragweite des Gesagten nicht auf Anhieb klar wurde. „Diese Kultur gehörte in die Zeit der Sklaverei und in die Zeit eines Volkes voll von halben Analphabeten“, erklärte der Führer Kubas. Die wirtschaftliche Zukunft gehöre den Dienstleistungen und den Produkten mit größerem Wert.

Welche gemeint sind, sagten kubanische Experten der mexikanischen Tageszeitung „Reforma“. Mit finanzieller und technischer Hilfe will Kuba mehr Erdöl fördern. Eine Zusammenarbeit gibt es bereits mit dem kanadischen Unternehmen Sherritt. Mit China gibt es Verträge. Und Venezuela ist beim Öl eng mit Kuba liiert. Im vergangenen Dezember wurde 55 Kilometer östlich von Havanna eine neue Lagerstätte vor der Küste gefunden, die ab 2006 oder 2007 ausgebeutet werden soll.

Tatsache ist, dass die Wirtschaft Kubas insgesamt am Rande des Abgrunds steht. Am Beispiel des Zuckers wird der Niedergang besonders deutlich: Zuckerminister Ulises Rosales del Toro hatte vor wenigen Tagen einen schmerzlichen Produktionsrückgang vorausgesagt. Die nächste Ernte werde nur noch 1,5 bis 1,7 Mio. Tonnen des süßen Stoffes erbringen. In den siebziger und achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts waren es im Schnitt pro Jahr sieben Millionen Tonnen, in den neunziger Jahren sank die Produktion auf vier Mio. Tonnen, und 2003 erbrachte die Zuckerernte nur noch 2,5 Millionen.

In den vergangenen Jahren wurden bereits Konsequenzen spürbar: 62 Prozent der Flächen, auf denen einst Zuckerrohr stand, werden für die Anpflanzung anderer Kulturen verwendet, wie die mexikanische Tageszeitung „La Jornada“ berichtete. Von 155 Zuckerfabriken wurden 70 geschlossen. 120.000 Beschäftigte verloren ihren Job, erhielten aber eine andere Arbeit, was in sozialistischen Planwirtschaften kein Problem ist.

Die heiße Phase des Niedergangs hatte mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und des von ihr finanzierten und gesteuerten Wirtschaftssystems begonnen. Kuba hatte bis dahin immer einen Abnehmer für seine tropischen Früchte und vor allem für den Zucker – den Markt Sowjetunion. Während die übrigen sozialistischen Länder vor allem in Osteuropa auf den Zusammenbruch des alten Wirtschaftssystems reagierten, geschah in Kuba bisher wenig. Nun soll eine wirtschaftliche Erneuerung eingeleitet werden.

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