Vor mehr als einer Woche gab der weltweit dienstälteste Staatschef das Zepter wegen einer Magen-Darm-Operation vorübergehend an seiner Bruder Raul ab. Angeblich geht es Castro nach dem Eingriff wieder besser. Beweise dafür gibt es nicht. Sein Gesundheitszustand wird wie eh und je als Staatsgeheimnis behandelt. Am Sonntag wird Kubas Staatschef 80 Jahre alt. Die Geburtstagsfeiern wurden allerdings verschoben. Castros Gesundheitszustand galt schon lange als angeschlagen. Der Comandante wirkte müde und gebrechlich.
Die Pläne für ein Kuba nach der Ära Castro sind schon längst entworfen. Hinter dem Comandante steht ein enger, seit Jahren eingeschworener Führungszirkel. Mit einem politischen Kurswechsel wird deshalb wohl auf der Karibikinsel so schnell nicht zu rechnen sein. Zudem Verteidigungsminister und Vize-Vorsitzende des Staatsrates, Raul Castro, der derzeit interimistisch das Land führt, als Hardliner gilt, auch wenn er Wirtschaftsreformen vorangetrieben hatte.
Die Zukunft des Landes beginnt nach Castro, heißt es in Kuba oft. Selten war ein Politiker so umstritten wie der charismatische Revolutionsführer. Castro selbst versteht sich weniger als Staatsmann, denn als ewiger Guerillero im Kampf für Gerechtigkeit. Trotz seines autoritären Führungsstils gilt er auf Kuba immer noch als moralische Instanz. Seine zahlreichen Kritiker halten ihn dagegen für einen Despoten, der weder freie Wahlen noch Meinungs- und Pressefreiheit zulässt.
Der Mythos Fidel Castro begründet sich auch in dem sorgfältig inszenierten Personenkult. In mehr als 350 oft mehrere Stunden dauernden Reden hat sich Castro an die Kubaner gewandt, unterbrochen durch oft einstudierte Jubelchöre. Außerdem hat Castro mindestens dreißig Attentatsversuche, geplant vom US-Auslandsgeheimdienst CIA oder exilkubanische Gruppen, unversehrt überstanden.
In der heutigen Geschichtsschreibung gilt die kubanische Revolution von 1959 als das Werk von drei Männern: Fidel Castro war das Herz der Revolution, Raul Castro die Faust und Ernesto Che Guevara das Gehirn. 1956 landeten die Männer und 80 weitere Mitkämpfer mit der Granma in einer Nacht- und Nebel-Aktion an der kubanischen Küste. Zwei Jahre führte Fidel Castro als Comandante en jefe die Rebellenarmee im Kampf gegen Diktator Fulgencio Batista, der schließlich am 1. Jänner 1959 aus Kuba flüchtete.
Fidel Castro wurde am 13. August 1926 (in manchen Quellen wird auch 1927 angegeben) in bürgerlichen Verhältnissen geboren. Er verbrachte fast die gesamte Kindheit in Pflegefamilien und in einem Jesuitenkolleg. Erste politische Erfahrungen sammelte Castro in den 40er Jahren als Jurastudent an der Universität von Havanna. Sein ausgeprägtes rhetorisches Talent setzte er vor allem zur Unterhaltung seiner Mitstudenten ein.
Das erste militärische Abenteuer des jungen Rebellen war der fehlgeschlagene Sturm auf die Moncada-Kaserne in Santiago de Cuba am 26. Juli 1953. Castro verwandelte den anschließenden Prozess gegen ihn in eine einzige Anklage des Batista-Regimes. Unter dem Titel Die Geschichte wird mich freisprechen wurde seine Verteidigungsrede weltbekannt.
Ein gut gehütetes Geheimnis ist Castros Privatleben. Seine Zurückhaltung ist Teil des Mythos einer lebenden Legende. Vier Lebensgefährtinnen spielten in seinem Leben wohl eine bedeutende Rolle, zahlreiche Affären wurden ihm angedichtet. Castro galt immer als galanter, aber verschwiegener Frauenheld
Kubas Staatschef wird am Sonntag 80 Jahre alt
Eigentlich hätte es ein rauschendes Fest werden sollen – schließlich wird Fidel Castro am Sonntag nicht nur 80 Jahre alt. Er ist auch der dienstälteste Präsident der Welt. Seit 47 Jahren ist der letzte kommunistische Anführer der westlichen Hemisphäre nun als Kubas Staatschef im Amt. Doch nach seiner schweren Operation wird der Revoluzzer, der für seine markigen Reden bekannt ist, seinen Geburtstag nun offenbar in aller Stille im Krankenhaus verbringen müssen.
Wie es ihm genau geht, ist nicht bekannt. Nach Angaben der Regierung in Havanna ist er auf dem Weg der Besserung. Doch da sowohl er selbst als auch sein Bruder Raul wie vom Erdboden verschluckt sind, schießen die Spekulationen über Castros tatsächlichen Gesundheitszustand aus dem Boden. Sollte eine Krankheit geschafft haben, was die USA in fast fünf Jahrzehnten nicht zu Wege gebracht haben: das Ende der Ära Fidel Castro?
In einem sind sich seine Freunde wie Feinde einig: Castro besitzt Zähigkeit und Charisma. In seinen 47 Jahren im Amt hat er zehn US-Präsidenten, zahlreiche Attentatsversuche und Wirtschaftsblockaden überstanden. Selbst das Ende der Sowjetunion, der großen Schutzmacht des kleinen Karibikstaates, konnte Castro nicht zu Fall bringen. Mehr als 15 Jahre nach dem Zerfall des Ostblocks und 44 Jahre nach der Verhängung der Wirtschaftsblockade durch die USA steht der alte Widerstandskämpfer noch immer an der Spitze eines der letzten sozialistischen Staaten dieser Erde. Und trotz aller Härten in dem wirtschaftlich maroden Land stehen viele der elf Millionen Kubaner noch immer hinter dem Maximo Lider. Weit mehr als die Hälfte von ihnen hat nie einen anderen Staatschef kennen gelernt.
Geboren wurde Castro am 13. August 1926 in Biran im Osten Kubas. Der groß gewachsene Sohn eines aus Spanien eingewanderten Landbesitzers war ein ehrgeiziger und intelligenter Schüler und ein hervorragender Sportler. Bei seinen Lehrern an der Jesuitenschule galt er allerdings auch als jähzornig und stur. Er studierte Jus und engagierte sich schon bald gegen den damaligen Diktator Fulgencio Batista. 26 Jahre war er alt, als er als junger Anwalt gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Raul im Juli 1953 den Sturm auf die Moncada-Kaserne anführte. Der Anschlag schlug fehl. Die Rebellen schafften zwar den Rückzug. Nach und nach nahmen Batistas Soldaten jedoch etwa 70 der rund hundert Rebellen gefangen; viele wurden gefoltert und getötet.
Für die Batista-Diktatur war das der Anfang vom Ende: Die brutale Reaktion auf den Angriff brachte die Bevölkerung auf die Seite Castros. Der junge Jurist wurde verurteilt, nach einer Amnestie 1955 jedoch wieder freigelassen. Im mexikanischen Exil bereitete er mit dem argentinischen Arzt Ernesto Che Guevara den Guerilla-Krieg gegen den Diktator vor. Im Dezember 1956 kehrte Castro nach Kuba zurück und begann mit der Bevölkerung im Rücken seinen Untergrundkampf, der am 1. Januar 1959 mit seinem triumphalen Einzug in Havanna endete.
Einmal an der Macht, verwirklichte der Revolutionär nach und nach seine politischen Vorstellungen: Wohnraum, Bildung und kostenlose Gesundheitsfürsorge für die gesamte Bevölkerung. Großgrundbesitzer und ausländische Firmen wurden enteignet, tausende von Konterrevolutionären aus dem Land gejagt. Sie fanden vor allem im US-Bundesstaat Florida Zuflucht und gehörten von da an zu Castros erbittertsten Gegnern.
Um seine Macht zu sichern, herrschte Castro auf der Karibikinsel allerdings mit eiserner Faust. Dissidenten wurden drangsaliert, aus dem Land getrieben oder eingesperrt. Viele von Castros Kampfgefährten und Verwandten verließen ihn im Laufe der Jahre. Seine Tochter Alina floh 1993 nach Miami und beschimpfte ihn als selbstgerechten Tyrannen. Seine Schwester Juanita forderte seinen Rücktritt. Sein Bruder Raul hingegen blieb ihm treu. Der Verteidigungsminister und Vize-Vorsitzende des Staatsrats, der nun schon übergangsweise das Land führt, wird ihn wahrscheinlich endgültig an der Spitze des Staates ablösen.
Raul Castro übt “vorübergehend” die Macht in Kuba aus
Fast ein halbes Jahrhundert stand er im Schatten seines großen Bruders und folgte ihm als ewige Nummer Zwei. Jetzt, im Alter von 75 Jahren, hat sich für Raul Castro alles geändert: Wegen der schweren Erkrankung seines Bruders, des kubanischen Staatschefs Fidel Castro, hat Raul nun vorübergehend die Macht in Kuba übernommen. Seit Jahren schon hatte Fidel Castro seinen fünf Jahre jüngeren Bruder als Nachfolger angepriesen.
Wie auch immer sich der Gesundheitszustand des langjährigen Präsidenten entwickelt: Raul muss nun aus dem Schatten des Maximo Lider heraustreten – und die Welt blickt auf die weitere Entwicklung des kommunistischen Karibikstaates, der seit Jahrzehnten mit den USA im Dauerclinch steht.
Bisher hatte sich Raul Castro immer diskret im Hintergrund gehalten. Dabei ist er als Verteidigungsminister schon lange für die kubanischen Streitkräfte verantwortlich. Hinzu kamen die Ämter als stellvertretender Vorsitzender des Staatsrats und Vize-Vorsitzender der Kommunistischen Partei Kubas.
Schon rein äußerlich sind die beiden Brüder sehr verschieden: Raul, von kleiner Statur und mit dünnem Schnurrbart, Fidel groß und mit Vollbart. Und während das Charisma und die Marathonreden Fidels berüchtigt sind, hat sich Raul bisher stets als schlechter Redner hervorgetan, der gut beraten war, sich im Hintergrund zu halten. Aber trotz ihrer Verschiedenheit war die Beziehung zwischen den beiden Brüdern immer eng.
Schon früh nahm sich Fidel seines jüngeren Bruders an, der am 3. Juni 1931 in der wie er im südostkubanischen Ortschaft Biran zur Welt kam. Fidel setzte durch, dass sein Bruder die gleichen wirtschaftswissenschaftlichen Studien an den besten Jesuitenkollegs des Landes absolvierte. Nach mehr als 40 Jahren als unangefochtene Nummer Eins Kubas machte Fidel seinen Bruder öffentlich zu seinem Kronprinzen. Ohne Zweifel ist er der Kamerad, der nach mir über die größte Autorität und Erfahrung verfügt, sagte Fidel im Jahr 2001. Er besitzt alle Qualitäten, um mein Nachfolger zu werden.
Unter Raul Castros Führung als Verteidigungsminister entwickelte sich die kubanische Armee in den vergangenen Jahren zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor; so kontrolliert die Armee über die Gruppe Gaviota den größeren Teil des Hotelgewerbes auf der Insel. Oft wird Raul für pragmatischer gehalten als sein Bruder, und ihm wird der Sinn für Reformen nach chinesischem oder vietnamesischen Vorbild nachgesagt.
Zum Erzfeind Washington kultivierte aber auch Raul die erbitterte Frontstellung, selbst wenn er vor einigen Jahren einmal sagte, er wünsche sich eine Normalisierung der Beziehungen. Aber seine wahren Absichten bleiben im Dunkeln, nicht zuletzt weil Raul Castro Journalisten meidet wie der Teufel das Weihwasser; Vertreter der internationalen Presse beschimpfte er einmal als Hurensöhne.
Im Alter von 22 Jahren wandte sich Raul Castro vom Christentum seines Elternhauses ab und wurde überzeugter Kommunist. In jenem Jahr, 1953, war er am Anschlag auf die Moncada-Kaserne beteiligt, dem Ausgangspunkt des Guerillakrieges. Beide Brüder wurden inhaftiert, profitierten zwei Jahre später aber von einer Amnestie, die der Diktator Fulgencio Batista erließ. Von Mexiko aus gelangten sie mit einer Rebellengruppe im Dezember 1956 mit dem Motorboot Granma nach Kuba zurück und starteten von der Sierra Maestra aus die Eroberung der Insel. 25 Monate später, am Neujahrstag 1959, gelang ihnen der Einmarsch in Havanna; Batista hatte sich ins Ausland abgesetzt.
Seine Angehörigen nennen den vierfachen Vater humorvoll und sprechen ihm Familiensinn zu. Anders als sein Bruder ist Raul Castro verheiratet, seit 1959 mit Vilma Espin, die sich damals den Revolutionären anschloss. Schon bisher nahm Espin inoffiziell die Rolle der kubanischen First Lady ein. Mit der schweren Erkrankung Fidel Castros fällt ihr diese Rolle nun vorübergehend auch offiziell zu.
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