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Kritik an Hooligan-Meldepflicht auch aus Vorarlberg

Wien - Die vom Innenministerium geplante Meldepflicht für Hooligans während der Fußball-Europameisterschaft im kommenden Jahr hat in der Begutachtung für einiges an Kritik gesorgt.

Das Justizministerium hält die Gesetzesänderung für unnötig, weil die gewünschten Effekte auch schon mit der bisherigen Rechtslage erzielt werden könnten. Bundeskanzleramt, Volksanwaltschaft aber auch die Vorarlberger Landesregierung zweifeln ebenfalls an der Vorlage.

Grundsätzlich sieht die Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz vor, dass sich amtsbekannte Randalierer rund um die Spiele während der EURO 2008 aber auch bei anderen großen Sport-Veranstaltungen bei der Polizei melden müssen, um dort eine Belehrung über ordnungsgemäßes Benehmen entgegenzunehmen. Bei Weigerung droht im Extremfall auch eine Festnahme.

Bevor Innenminister Günther Platter (V) den Entwurf vorgelegt hatte, war aus seinem Ressort noch von der Einführung einer Präventivhaft die Rede gewesen. Im Gesetzestext fand sich diese Passage inhaltlich zwar nicht, dafür wurde als Überschrift die „präventive Anhaltung“ eingefügt. Das Justizministerium sieht dafür keinen Anlass und verlangt eine Änderung: „Der Ausdruck ’präventive Anhaltung’ sollte … aus der Überschrift des § 49b SPG entfernt werden, um nicht den (falschen) Eindruck zu erwecken, dass eine ’Präventivhaft’ eingeführt werden soll“, heißt es in der Begutachtungsstellungnahme.

Ohnehin ist das Justizressort der Ansicht, dass man das Gesetz nicht benötige, da man schon mit den bisherigen Regelungen den gewünschten Effekt erzielen könnte. Denn die Möglichkeit einer Festnahme, wenn ein Hooligan nicht erscheint, oder die präventiven Anhaltung seien rechtlich nicht machbar. Ein solcher Eingriff in das Recht auf persönliche Freiheit wäre aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht gedeckt, meinen die Juristen. Aus Sicht des Ministeriums reicht jedoch auch schon die Meldeauflage in Kombination mit der Belehrung aus, um potenzielle Gewalttäter an einer Teilnahme an der Veranstaltung zu hindern.

Im Bundeskanzleramt wundert man sich, warum sich die in den Erläuterung erwähnten Sachverhalte im Text nicht finden. So findet sich dort die Passage, wonach im Gefolge der Meldeauflage die Teilnahme an der Veranstaltung unterbunden werden kann. Diese Intention finde im Wortlaut der Gesetzesbestimmungen keine Deckung. Die Wortfolge „präventive Anhaltung“ in einer Gesetzesüberschrift hält das BKA „mangels Regelung einer präventiven Anhaltung“ für entbehrlich.

Aber auch aus VP-dominierten Gremien kommt Skepsis gegenüber der Platter-Vorlage. So meint die Vorarlberger Landesregierung in ihrer von Landesrat Siegi Stemer (V) unterfertigten Stellungnahme: “Überhaupt ist unklar, welche Zielsetzung mit dem Gesetzesvorhaben letztlich verfolgt wird.“ Angesichts der Formulierung des Gesetzestextes könne durch die vorgesehene Meldeauflage eine Teilnahme an einer Sportgroßveranstaltung „nur in einem eingeschränkten Maße“ tatsächlich unterbunden werden. Zusätzlich bezweifelt man, ob es überhaupt zulässig ist, eine Person in einem anderen Bundesland vorzuladen, als sie wohnhaft ist. Keinerlei Bedenken äußert dagegen die Tiroler Landesregierung.

Die Volksanwaltschaft sieht Probleme bezüglich Beschränkung der Bewegungsfreiheit. Die vorgeschlagene Bestimmung wolle offenkundig eine Präventivhaft ermöglichen und die Belehrung scheine nur als Vorwand für diese Art von Haft bzw. Anhaltung zu dienen, meinen die Volksanwälte in ihrer Stellungnahme und ergänzen: „Eine entsprechende Ermächtigung vermag die Volksanwaltschaft im Verfassungsgesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit aber nicht auszumachen.“ Daher sei nicht auszuschließen, dass mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf eine dem Grundrecht auf persönliche Freiheit widersprechende Rechtslage geschaffen würde. Auch der Bedarf nach einer derartigen Änderung sei nicht nachvollziehbar dargestellt.

Die Begutachtungsfrist für die Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz war am 8. Juni zu Ende gegangen. Die Gesetzesänderung soll nun nach Überprüfung der Stellungnahmen vermutlich in den nächsten beiden Wochen durch den Ministerrat gehen.

Der derzeit vorliegende Entwurf wendet sich an Personen, die „im Zusammenhang mit einer nicht länger als zwei Jahre zurückliegenden Sportgroßveranstaltung unter Anwendung von Gewalt einen gefährlichen Angriff gegen Leben, Gesundheit oder fremdes Eigentum begangen“ oder gegen ein Betretungsverbot verstoßen haben und eine negative Prognose bezüglich ihres künftigen Verhaltens haben. Diesen potenziellen Unruhestiftern könne per Bescheid die Verpflichtung auferlegt werden, „zu einem bestimmten Zeitpunkt in unmittelbarem Zusammenhang mit einer bestimmten Sportgroßveranstaltung“ bei der Sicherheitsbehörde oder einem Polizeikommando persönlich zu erscheinen, um sich belehren zu lassen.

Wer nicht durch Krankheit oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, hat der Verpflichtung Folge zu leisten und kann zur Erfüllung der Meldeauflage vorgeführt werden, wenn dies per Bescheid angedroht ist. Bei der Meldeauflage sind jedoch Ort der Veranstaltung sowie der Wohnsitz des Betroffenen „angemessen zu berücksichtigen“. Wer der Meldepflicht nicht nachkommt oder die amtliche Belehrung behindert oder stört, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 360 Euro zu pönalisieren. Im Wiederholungsfall droht eine Geldstrafe von bis zu 1.500 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Wochen.

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