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Kiew will in der Schweiz mit USA über Trump-Plan verhandeln

Selenskyj-Vertrauter Andrij Jermak soll Kiews Verhandlungsteam leiten
Selenskyj-Vertrauter Andrij Jermak soll Kiews Verhandlungsteam leiten ©APA/AFP
Vertreter der USA und der Ukraine wollen nach Angaben Kiews in der Schweiz über den US-Plan zur Beendigung des Ukraine-Kriegs beraten. "In den kommenden Tagen" sollten in der Schweiz Beratungen zwischen hochrangigen Vertretern beider Staaten über "mögliche Punkte eines künftigen Friedensabkommens" stattfinden, erklärte der Chef des ukrainischen Sicherheitsrats, Rustem Umerow, am Samstag auf Facebook. Laut Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj soll auch Moskau beteiligt sein.

Die bevorstehenden Gespräche in der Schweiz seien "eine weitere Phase des in den vergangenen Tagen laufenden Dialogs", erklärte Umerow. Vorrangiges Ziel sei es, "unsere Vision für die nächsten Schritte abzugleichen".

Andrij Jermak leitet ukrainische Delegation

Kurz zuvor hatte Präsident Selenskyj ein Dekret zur Bildung einer ukrainischen Verhandlungsdelegation unterzeichnet, die von Präsidialamtschef Andrij Jermak angeführt werden soll. Zu der insgesamt neunköpfigen Delegation gehört auch der Chef des Militärgeheimdienstes, Kyrylo Budanow. Dem Dekret zufolge werden auch "Vertreter der Russischen Föderation" an den Gesprächen teilnehmen. Aus Moskau gab es dafür zunächst keine Bestätigung.

Die US-Regierung hat Kiew einen 28-Punkte-Plan zur Beendigung des Krieges vorgelegt. Er verlangt von der Ukraine schmerzhafte Zugeständnisse wie die Abtretung großer Gebiete in der Ostukraine an Russland, eine Begrenzung der Truppenstärke und den Verzicht auf einen NATO-Beitritt.

Selenskyj hatte den US-Plan am Freitag in seiner aktuellen Form zurückgewiesen und angekündigt, "Alternativen" zu dem Vorschlag vorzulegen. US-Präsident Donald Trump setzte der Ukraine eine Frist bis Donnerstag kommender Woche, dem Plan zuzustimmen. Die europäischen Verbündeten der Ukraine warnten, dass keine Entscheidung über die Ukraine ohne die Beteiligung Kiews getroffen werden dürfe.

G20 rufen zu "gerechtem" Frieden in der Ukraine auf

Die Gruppe der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) hat unterdessen zu einem "gerechten und dauerhaften" Frieden in der Ukraine aufgerufen. Gemäß den Prinzipien der UNO-Charta setzten sie sich für einen "gerechten, umfassenden und dauerhaften Frieden" im Sudan, der Demokratischen Republik Kongo, den besetzten Palästinensergebieten und der Ukraine ein, hieß es in einer am Samstag von den G20-Gipfelteilnehmern in Johannesburg verabschiedeten Erklärung.

Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz beriet am Samstag am Rande des G20-Treffens mit dem französischen Staatschef Emmanuel Macron und dem britischen Premierminister Keir Starmer über den US-Plan, der ohne Beteiligung der Europäer ausgearbeitet worden war. Starmer sagte, es gehe darum, den Vorstoß von US-Präsident Donald Trump für Frieden zu unterstützen und zu schauen, "wie wir diesen Plan für die nächsten Phasen von Verhandlungen stärken können".

Merz hatte zu dem US-Vorstoß am Freitag gemeinsam mit Macron, Starmer und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj erklärt, jede Vereinbarung, welche die europäischen Staaten, die Europäische Union oder die NATO betreffe, bedürfe "einer Zustimmung der europäischen Partner beziehungsweise eines Konsenses der Alliierten".

Merz forderte Russland erneut eindringlich dazu auf, den Angriffskrieg gegen die Ukraine zu beenden. "Russland hat einen illegalen Angriffskrieg entfesselt. Nun muss Russland endlich diese Aggression beenden, die schreckliches menschliches Leid nach Europa gebracht hat", sagte der deutsche Kanzler nach Angaben aus Regierungskreisen. 

Russland stehe auch in der Verantwortung, die massiven Auswirkungen des Krieges auf die Weltwirtschaft zu beenden. Auch alle anderen Mitglieder der G20 müssten ihrer Verantwortung gerecht werden, nicht nur aus wirtschaftlichem Interesse. "Wir schulden das allen Menschen in der Welt - das ist die größte Herausforderung für die G20."

Krisengespräche am Rande des G20-Gipfels

Die Europäische Union hielt am Rande des Gipfels der führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) Krisengespräche zu Trumps Plan ab. EU-Ratspräsident António Costa habe zu den Beratungen neben den anwesenden europäischen Staats- und Regierungschefs auch die Vertreter Kanadas, Australiens und Japans eingeladen, sagte eine EU-Beamtin.

Nach Angaben von Diplomaten sollte es bei dem Gespräch vor allem darum gehen, wie aus europäischer Sicht inakzeptable Zugeständnisse an Russland aus dem 28-Punkte-Plan der Amerikaner herausverhandelt werden könnten.

Der G20-Gipfel findet ohne die USA statt. US-Präsident Trump hatte die Teilnahme Anfang des Monats abgesagt und den Schritt mit angeblichen Menschenrechtsverletzungen in Südafrika begründet.

Vance verteidigt US-Plan

US-Vizepräsident JD Vance verteidigte unterdessen den US-Friedensplan und warf Kritikern fehlenden Realitätssinn vor. Wer die Friedenslösung kritisiere, an der gearbeitet werde, habe sie entweder missverstanden oder verleugne die wahre Lage, schrieb Vance in einem Beitrag auf X. "Es gibt diese Fantasie, wenn wir bloß für mehr Geld, mehr Waffen oder mehr Sanktionen sorgten, wäre der Sieg greifbar", schrieb der Republikaner.

"Frieden wird nicht von gescheiterten Diplomaten oder Politikern erreicht, die in einer Fantasiewelt leben. Er kann von klugen Leuten erreicht werden, die in der realen Welt leben", meinte Vance. Ein Friedensplan für den ukrainisch-russischen Krieg müsse zwingend drei Kriterien erfüllen. Erstens müsse er "das Töten beenden und die Souveränität der Ukraine bewahren". Zweitens "für Russland und die Ukraine annehmbar sein". Und drittens "die Chance maximieren, dass der Krieg nicht erneut beginnt". Mehrere dieser Punkte sehen Kritiker im Friedensvorschlag der US-Regierung nicht erfüllt.

Vance und Putin auf einer Linie

Der russische Präsident Wladimir Putin hält den 28-Punkte-Plan für eine Grundlage, einen Frieden zu erreichen. Putin warf den Europäern ebenfalls Unkenntnis der Lage vor. Sie hätten keine echten Informationen über die Lage auf dem Schlachtfeld. Russland werde seine Ziele militärisch erreichen. Die Ukraine und deren Verbündete pflegten die Illusion, Russland auf dem Schlachtfeld eine strategische Niederlage zufügen zu können. 

(APA/dpa/Reuters/AFP)

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