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Krimi

Ulrich Gabriel
Ulrich Gabriel ©.

Das globale „Tschutten“ ist vorbei. Die Gladiatores hocken wieder in ihren Clubkäfigen, die Funktionares im FIFA-Palast. Schneckerls Schlusswort: „Wir bedanken sich bei allen Zusehern“. Mir sich auch. Alles bleibt gleicher. Der Volk frönt wieder den Regionalligen. Erdogan sperrt weiter ein, Assat feiert den Sieg und hängt sich erneut auf Syriens Ruinen dank Input Putin. Trumps Trumpf: Das Zittern der Nato. Das wöchentliche Flüchtlingsschiff kreuzt. 50 nimmt Deutschland, Frankreich auch, Malta auch. Seehofer schickt 69 zum Geburtstag raus. Die CSU zahlt Merkel ein neues Sakko. Kurz fährt Österreich nett in der EU herum. Die Achse der Willigen streicht das Wort Flüchtlinge. Dornbirn streicht Hatlerdorf. Fusseneggers fahren heuer nicht ans Mittelmeer, weil auf dem Meeresgrund Tote verwesen. Carmen wird von Don Jose ertränkt. Spiel auf dem See. „Warst heuer au auf der Eröffnung?“ Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s der Wirtschaft gut. Ländlä feiert Milliardenexport. Plastik ist bös, Alpla gut. Dornbirn streicht Oberdorf & führt es in der neuen Halle als Marktstand weiter. Knackiges Neues überall. Heidigatte!

Barons nächtliches Erlebnis vom letzten Sonntag bleibt hingegen komplett verschwunden. Geblieben ist aber das „Buch der Glückseligkeit“, mit ihm eine Fülle osmanischer Bilder und Erzählungen mit Wahrsagern, Sternbildern, Dschinns, Sultanen, Geheimbotschaften und Haremsdamen. Die eigene Fata Morgana beamt den Baron mit einem Ruck an die Tore des Orients.

Unterm Zanzenberg werden inzwischen Pensionisti* von der Dichterseuche erfasst. Das neue Seniorenhobby heißt Krimi schreiben. Endlich kann jeder Langweiler morden nach Schrittmachers Lust. Das Arbeitsleben erhält vor dem Tod noch einen Mordssinn. Versichereri, Beamti, Lehreri, Ärzti, Hausmänner & -frauen, Hebammen, sogar ein Metzger schreiben und erfinden eine schöne Leich nach der andern. Die Hoffnung auf späte Karriere lebt auf. Dichten statt jammern. Alsdann!

Die Woche 29 nach der Trugbildnacht verbringt der Baron mit „Mutluluk“-Recherchen. Als Fundgrube erweist sich das Buch „Rot ist mein Name“ des türkischen Autors Orhan Pamuk. Auch das ein Krimi, aber ebenso ein farbenprächtiges orientalisches Märchen inmitten der Buchmaler Storch, Olive und Schmetterling. Über allem hängt bedrohlich das zerschmetterte Gesicht des Goldmalers Fein Efendi und lenkt den Leseri, in diesem Fall den Baron, unbarmherzig in das Jahr 1591, die unruhige Zeit des kunstsinnigen Sultan Murat III. und seines Buchmalermeisters Nakkaş Osman. „Ich bin tot“. So beginnt das 1. Kapitel.

Auf der Ladefläche eines offenen LKW nähert sich der Baron der „Mutter der Erde“, dem Berg Ararat. Ein wogendes Meer von Federgras glänzt silbrig in der Sonne.

Endung „-i“ = neues Tschänder-Rezept

Krimi
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