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Kriegsdienstverweigerung erschüttert Israel

Die demonstrative Kriegsdienstverweigerung von 13 Angehörigen einer israelischen Eliteeinheit in den besetzten palästinensischen Gebieten hat in Israel am Montag für große Aufregung gesorgt.

Generalstabschef Moshe Yaalon drohte den Mitgliedern der prestigeträchtigen Einheit „Sayeret Matcal“ mit Entlassung, sollten sie ihre kritischen Äußerungen zur Militärtaktik in den Besatzungsgebieten nicht zurückziehen. Ex-Ministerpräsident Ehud Barak, einstiger Kommandant von „Sayeret Matcal“, sprach von einem „schweren Fehler“ der 13 Offiziere und Soldaten.

Der israelische Rundfunk berichtete, die Männer sollten von ihren Vorgesetzen in Einzelgesprächen zum Widerruf ihrer Erklärungen bewegt werden. Andernfalls drohe ihnen die Entlassung. Der stellvertretende Verteidigungsminister Zeev Boim sagte, die Elitesoldaten sollten von der Militärjustiz wegen Ungehorsams und Meuterei unter Anklage gestellt werden.

Die Angehörigen der Spezialeinheit hatten ihre Haltung am Sonntag in einem Brief an Ministerpräsident Ariel Sharon mit der Sorge um die Zukunft Israels als „demokratischer, zionistischer und jüdischer Staat“ begründet. „Wir können nicht mehr beiseite stehen. Heute sagen wir: Wir werden nicht helfen, Millionen Palästinensern ihre Menschenrechte vorzuenthalten. Wir werden nicht Schutzwall für die Siedlungskampagne sein“, hieß es in dem Schreiben. Sie könnten nicht länger zu den Militäraktionen im Westjordanland und Gaza-Streifen schweigen.

Vertreter von Regierung und Opposition warfen den Unterzeichnern des Schreibens am Montag vor, das „hohe Ansehen“ ihrer Truppe, die direkt dem Generalstab untersteht, für politischen Stellungnahmen zu missbrauchen. Einzelnen Armeeangehörigen stehe es nicht zu, Befehle einer demokratisch gewählten Regierung abzulehnen. Vor drei Monaten hatten 27 Kampfpiloten erklärt, sie würden keine Angriffe mehr auf Ziele in den besetzten Gebieten fliegen.

Generalstabschef Yaalon sagte im Militärrundfunk, jeder, der den Brief unterzeichnet habe, werde „die Chance“ erhalten, die Meinungsäußerung zurückzunehmen. Sollte er diese Gelegenheit nicht wahrnehmen, werde er entlassen. In der Eliteeinheit haben mehrere Spitzenpolitiker und Armeeführer gedient. Aus ihr ausgestoßen zu werden, führt zu Karrierenachteilen. Heeressprecherin Ruth Yaron erklärte, Israel sei zwar ein demokratisches Land, die Streitkräfte könnten es aber nicht hinnehmen, dass eine hoch angesehene Einheit als Plattform für Meinungsäußerungen benutzt werde.

Einer der Unterzeichner des Briefes sagte am Montag im israelischen Rundfunk, die Armeerazzien gegen militante Palästinenser hätten nichts bewirkt: „Ich habe keine Veränderung bemerkt, und heute stehen wir viel schlechter da als vor ein oder zwei Jahren (…) Was soll ich machen – mit verschränkten Armen herumsitzen oder sagen: ’Meine Herren, ich gehe da nicht mehr hin’?“

Der Chef der linksliberalen oppositionellen Meretz-Partei, Knesset-Abgeordnete und Ex-Minister Yossi Sarid wertete den Brief der Elitesoldaten als Beleg dafür, dass die harte Politik Sharons gegenüber dem palästinensischen Volk nicht nur zu unmenschlichen Befehlen führe, „sondern auch das Heer selbst zerstört“.

In der vergangenen Woche wurden fünf Rekruten beschuldigt, den Militärdienst aus politischen Gründen zu verweigern. Ihnen droht eine Verurteilung bis zu fünf Jahren Haft.

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