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Kraft zu Anzugsskandal: "Sehr, sehr traurig"

Das aufgetauchte Video habe die Mannschaft nicht aus dem Konzept gebracht
Das aufgetauchte Video habe die Mannschaft nicht aus dem Konzept gebracht ©APA
Die sportlichen Leistungen der Skispringer sind am Donnerstag auf dem Holmenkollen wegen der anhaltenden Diskussionen bis zu Versuchen, auch andere Nationen wie Österreich anzupatzen, in den Hintergrund geraten.

Ein polnischer Journalist hat erneut geheim aufgenommene Bilder veröffentlicht. Anders als bei den Norwegern, die in einer abgeklebten Stadion-Loge Anzüge manipuliert haben, ist diesmal nicht der Inhalt des Materials besonders heikel, sondern der Ort der Aufnahmen. Fix jedenfalls: Es handelt sich um Bilder von österreichischen Athleten im Aufwärmraum von Trondheim.

Jakub Balcerski vom Portal sport.pl teilte die ihm aus anonymer Quelle zugespielten Fotos. In diesen Bereich der Anlage kommen nur sehr wenige ausgewählte Menschen. Das Filmen, Fotografieren und Veröffentlichen in und aus diesen Bereichen ist vom Weltverband (FIS) streng untersagt. Der Österreichische Skiverband (ÖSV) wollte die geheim aufgenommenen Fotos auf Anfrage nicht kommentieren.

Keine echten Indizien für Betrug

Der Autor weist zwar auf Auffälligkeiten bei Handschuhen, Schuhen und dem oberen Teil des Anzugs hin, räumt aber selbst ein, dass es keine Beweise oder echte Indizien für einen Betrug gebe. Österreich hatte am vergangenen Samstag als eine der ersten Nationen Protest gegen den Start der Norweger eingelegt und von der FIS in der Folge gefordert, alle WM-Ergebnisse des Gastgebers zu annullieren.

Die ÖSV-Equipe, von der ein Video mit vagen Vorwürfen aufgetaucht ist, hat sich von der nun angelaufenen Schlammschlacht jedenfalls nicht durcheinanderbringen lassen.

"Wir schauen immer, dass alles passt"

"Es ist sehr, sehr traurig. Wir schauen immer, dass alles passt. Es hat noch nie was gegeben", erklärte Stefan Kraft im ORF-TV-Interview. Eigentlich wolle er sich gar nicht groß äußern. "Die, die etwas getan haben, sollen auch die Konsequenzen dafür tragen. Aber ich traue mich zu sagen, dass wir ganz befreit Skispringen können und uns vor nichts fürchten müssen", wies er Verdächtigungen zurück.

Das aufgetauchte Video habe seine Mannschaft nicht aus dem Konzept gebracht, versicherte auch ÖSV-Cheftrainer Andreas Widhölzl. "Gar nicht, weil jeder weiß, dass wir regelkonform unterwegs sind. Es sind ganz normale Materialien, die wir haben. Es ist klassisch, es wird abgelenkt und draufgehaut." Der ehemalige Weltklassespringer findet diese allgemeine Verurteilung von Athleten nicht cool. "Im Vordergrund steht, dass etwas manipuliert worden ist und das muss aufgeklärt werden. Es ist eine Nation definitiv erwischt worden, wo sie wissentlich manipuliert haben. Und jetzt ist es ein Rundumschlag, das finde ich nicht schön."

Widhölzl: Team lässt Neuerungen immer absegnen

Das österreichische Team gehe, wenn man glaubt, einen Materialvorteil erarbeitet zu haben, immer zum Materialkontrolleur der FIS, Christian Kathol, und lasse sich das absegnen. Etwas längere Handschuhe, wie zuletzt der Vorwurf war, seien im Reglement nicht geregelt. "Das war mit Christian schon lange abgeklärt", berichtete Widhölzl.

Ein polnischer Journalist hatte Bilder von österreichischen Athleten im Aufwärmraum von Trondheim gepostet. Der Autor wies zwar auf Auffälligkeiten bei Handschuhen, Schuhen und dem oberen Teil des Anzugs hin, räumt aber selbst ein, dass es keine Beweise oder echte Indizien für einen Betrug gebe.

Der angesprochene Kathol äußerte sich zu der Thematik um das aufgetauchte Video mit Österreichern. "Ich halte diese Art und Weise, wie jetzt Videos und Fotos hin und her geschickt werden, für lächerlich und gegenseitiges Anpatzen für Dinge, die nichts sind", sagte der Österreicher dem ORF. "Die Anzüge sind offen, der Anzug hat null Spannung, natürlich steht da was seitlich weg." U.a. sei auch die Länge der Handschuhe kein Regelverstoß.

Ex-Springer Evensen patzte ÖSV-Team von 2014 an

Der norwegische Ex-Springer Johan Remen Evensen hatte in einer lokalen Fernsehsendung behauptet, er hätte Beweise, dass die Österreicher schon 2014 Bänder in ihren Anzügen eingenäht hätten. Dies stieß dem ORF-Co-Kommentator Martin Koch, seinerzeit selbst noch im ÖSV-Team aktiv, bitter auf. "Ich weiß nicht, ob es ein Ablenkungsmanöver ist oder ob man wen anpatzen will, aber das ist definitiv nicht richtig. Ich finde es schwach, was sie jetzt machen, ganz ehrlich."

(APA)

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