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Kostunica: Kein Vertrauen mehr in Regierungspartner

Premier öffnete Tür für Regierungskoalition mit Ultranationalisten - SRS will umstrittene Kosovo-Resolution nicht zurückziehen.

Die serbische Regierungskrise hat sich am heutigen Freitag weiter vertieft. Premier Serbiens Vojislav Kostunica gab zum ersten Mal offen zu, dass er “kein Vertrauen mehr in die Regierungspartner”, die Demokratische Partei (DS) des Staatschefs Boris Tadic und die Expertenpartei G17-plus, und “ihren ehrlichen Kampf für die Wahrung des Kosovo” habe. Kostunica öffnete zugleich die Tür für eine neue Regierungskoalition mit der ultranationalistischen Serbischen Radikalen Partei (SRS).

Die Regierung sei in eine tiefe Krise verfallen, da es nicht die Bereitschaft gegeben habe, einen gemeinsamen Beschluss anzunehmen, dass Serbien darauf beharren werde, nur als ein vollständiger Staat mitsamt dem Kosovo EU-Mitglied zu werden, sagte Kostunica am heutigen Freitag. “Die Parlamentsparteien sollen in den kommenden Tagen den Ausweg aus dieser Krise vereinbaren”, hob Kostunica in einer Aussendung hervor. Mit den Stimmen der pro-westlichen Minister hatte die serbische Regierung am Donnerstag eine von der SRS eingebrachte Parlamentsresolution verworfen, die den serbischen Anspruch auf den Kosovo mit der Bereitschaft zu EU-Beitrittsverhandlungen verknüpft. Kostunicas Demokratische Partei Serbiens (DSS) unterstützt die Resolution und hat gemeinsam mit der oppositionellen SRS im Parlament eine Mehrheit von 128 der 250 Mandaten.

Staatspräsident Boris Tadic (DS) forderte unterdessen die SRS auf, den Resolutionsentwurf von der parlamentarischen Tagesordnung zurückzuziehen. Laut Tadic blockiert die Resolution den Weg Serbiens in die EU. In Medieninterviews wies Tadic darauf hin, dass Serbien seinen Anspruch auf den Kosovo besser verteidigen könne, wenn es am EU-Kurs festhalte. Sei Serbien erst einmal EU-Mitglied, könne es den Beitritt anderer Staaten zur Union, also auch jenen des Kosovo, verhindern, glaubt Tadic.

Der amtierende SRS-Chef Tomislav Nikolic wies den Appell Tadic’ zurück. Medienberichten zufolge dürfte sich die Abstimmung über die Resolution deutlich verzögern, da im Einklang mit der bisherigen parlamentarischen Praxis zunächst über alle bereits auf der Tagesordnung stehenden Gesetzesentwürfe abgestimmt werden solle. Einigen Medien zufolge könnte die Abstimmung über die Resolution erst im Juni stattfinden. Bis dahin werden möglicherweise schon vorgezogene Parlamentswahlen stattgefunden haben. Allerdings könnten die SRS, DSS sowie die oppositionelle Sozialistische Partei (SPS), die den Resolutionsentwurf ebenfalls unterstützt, auch eine sofortige Abstimmung beantragen.

Die DSS-Führungsgremien dürften Anfang nächster Woche über die weiteren Schritte beraten. Es gibt Anzeichen, dass die Partei, die mit ihrem Bündnispartner “Neues Serbien” laut Umfragen nur mit zehn Prozent der Stimmen rechnen kann, eine Neuwahl vermeiden will. Allerdings ist man auch in der DS von Tadic trotz Zustimmungswerten um 38 Prozent bemüht, die jetzige Regierungskoalition am Leben zu erhalten. Die DS befürchtet nämlich, dass eine Wahl kurze Zeit nach der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo, die am 17. Februar erfolgt war, nur den Ultrantionalisten nützen würde. Sie sind schon jetzt mit rund 40 Prozent der Mandate im serbischen Parlament die stärkste Kraft. Auch wenn zwei Drittel der Serben für einen EU-Beitritt ihres Landes sind, müssten sich die pro-westlichen Parteien vor dem Hintergrund der Kosovo-Unabhängigkeit schon sehr bemühen, um Neuwahlen den Charakter eines EU-Referendums zu verleihen und die Ultranationalisten so in die Schranken zu weisen.

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