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Kosovos Ex-Präsident in Den Haag inhaftiert

Der ehemalige Regierungschef der von der UNO verwalteten südserbischen Provinz Kosovo, Ramush Haradinaj, hat sich am Mittwoch dem UNO-Kriegsverbrechertribunal gestellt.

In Den Haag muss sich der ehemalige Führer der extremistischen albanischen „Kosovo-Befreiungsarmee“ (UCK) wegen Kriegsverbrechen während des Konfliktes in der Provinz (1998/99) verantworten. Die Anklage wurde vom Tribunal noch nicht veröffentlicht. Nach Angaben der Belgrader Justiz ist er für zahlreiche Kriegsverbrechen an serbischen und „nicht-kooperationswilligen“ albanischen Zivilisten verantwortlich.

Haradinaj, gegen den das Tribunal am Dienstag Anklage erhob und der daraufhin als Premier zurücktrat, verabschiedete sich auf dem Flughafen von Pristina mit den Worten: „Auf Wiedersehen, Bürger des Kosovo“ von einigen hundert Anhängern. Nach Den Haag wurde er von seiner Frau Anita begleitet. Mit an Bord war auch Lah Brahimaj, ehemaliger lokaler UCK-Befehlshaber, der ebenfalls vom UNO-Tribunal angeklagt wurde. Entgegen ersten Meldungen wurde Haradinaj aber nicht vom Leiter der UNO-Verwaltung im Kosovo (UNMIK), Sören Jessen-Petersen, begleitet.

Die Lage im Kosovo war zunächst ruhig. Mehrere hundert Studenten hatten am Dienstagabend in Pristina gegen die Anklage protestiert, zu Zwischenfällen kam es aber nicht. Die Mitarbeiterin des Londoner Instituts für Kriegs- und Friedensberichte in Pristina, Jeta Xhara, erklärte gegenüber dem Belgrader Sender B-92, dass die Öffentlichkeit in der Provinz auf die Anklage offensichtlich gut vorbereitet worden sei, auch wenn die Mehrheit der Albaner gehofft hätte, dass es zu dieser nicht kommen werde. Die Sicherheitsvorkehrungen sind aber streng. Vor der Abreise von Haradinaj nach Den Haag bezogen britische KFOR-Soldaten Stellung an allen Kreuzungen zwischen dem Stadtzentrum von Pristina und dem etwa zwölf Kilometer entfernten Flughafen.

Haradinaj war erst im Dezember zum Kosovo-Premier ernannt worden. Als Kommandant der UCK-Truppen im Westen des Kosovo soll er während des Krieges zahlreiche Verbrechen an Zivilisten begangen haben. Haradinaj soll nach Angaben der Belgrader Justiz Hinrichtungen angeordnet und sogar selbst mehrere Serben, Roma und Albaner ermordet haben. Belgrad wirft dem Albaner konkret vor, in 108 Fällen Kriegsverbrechen begangen zu haben. Zudem soll er 67 Morde verübt, weitere 267 in Auftrag gegeben und etwa 400 Menschen verschleppt haben.

Seit dem Kosovo-Krieg verwaltet die UNO die südserbische Provinz, die zu etwa 90 Prozent von Albanern bewohnt wird. Während die Kosovo-Albaner vehement die Unabhängigkeit der Region fordern, lehnt die serbische Regierung dies kategorisch ab. In dem Gebiet leben noch etwa 80.000 Serben, vor allem im Norden der Provinz und in verstreuten Enklaven. Fast 250.000 Serben flohen nach dem Krieg aus dem Kosovo.

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