Die Entscheidung droht die Spannungen zwischen der Regierung und der säkularen Elite in Politik und Militär wieder zu verschärfen. Letztere ist gegen das religiöse Zeichen und betrachtet die Frage als entscheidend für den Fortbestand der laizistischen Staatsordnung. Weil das Kopftuch verboten ist, haben viele religiöse Frauen auf einen Universitätsbesuch verzichtet.
Die Verfassungsänderung könnte schon in den nächsten Wochen beschlossen werden; gemeinsam verfügen beide Parteien im Parlament von Ankara über 410 von 550 Mandaten. Die kemalistische Opposition kritisierte die geplanten Verfassungsänderungen als Zeichen dafür, dass die Türkei auf dem Weg in einen islamischen Gottesstaat sei.
AKP und MHP wollen ihr Ziel durch Ergänzungen der Verfassungsartikel 10 und 42 erreichen, in denen es um die Gleichheit vor dem Gesetz und um das Recht auf Bildung geht. Die Verfassungsänderungen sollen klarstellen, dass alle Bürger beim Empfang staatlicher Leistungen ein Recht auf Gleichbehandlung haben und dass niemand wegen seiner Kleidung von der Hochschulausbildung ausgeschlossen werden darf. Damit wird das Kopftuchverbot nur für Studentinnen aufgehoben, nicht aber für Schülerinnen, Beamtinnen oder Parlamentarierinnen.
Das bisherige Kopftuchverbot an den Unis basiert nicht auf einem Gesetz, sondern auf einem Verfassungsgerichtsurteil aus den achtziger Jahren. AKP und MHP argumentieren, Millionen von Koftuchträgerinnen in der Türkei dürften nicht länger mit einem Bildungsverbot bestraft werden; beide Parteien haben viele religiös-konservative Anhänger.
Die Kemalisten, die sich auf Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk berufen, betrachten das Kopftuch dagegen als Symbol des politischen Islam, das aus staatlichen Institutionen herausgehalten werden müsse. Kemalistische Politiker und Hochschulrektoren hatten in den vergangenen Tagen gewarnt, Kopftücher an den Universitäten seien nur der Anfang einer Islamisierung des Staates.
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