AA

Koalition ist festgefahren

Die Großen Koalition kommt drei Wochen vor der niederösterreichischen Landtagswahl nicht vom Fleck. Auch eine ungewöhnlich lange Ministerratssitzung konnte den Karren am Mittwoch nicht flott machen.

Das seit Wochen geplante Paket zur Inflationsbekämpfung wurde wieder zurückgestellt und eine Entspannung im Streit um den Untersuchungsausschuss zur Innenministeriumsaffäre zeichnet sich weiterhin nicht ab. Von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (S) gab es zwar versöhnliche Signale, gleichzeitig gab er seinem Parlamentsklub aber freie Hand.

SP-Klubchef Josef Cap hatte schon vor der Regierungssitzung gemeint, angesichts des Verhaltens der ÖVP gehe es “ungebremst in Richtung Untersuchungsausschuss”. Endgültig entschieden wird die Frage nach der Sondersitzung des Innenausschusses am Dienstag. Eine öffentliche Vorgabe von Parteichef Gusenbauer bekommen die Abgeordneten dabei nicht. Zurufe von Regierungsseite halte er “für nicht hilfreich”, sagte der Kanzler. Gleichzeitig versicherte er jedoch, er halte nichts von “Tribunalen” und nahm die verstorbene Innenministerin Liese Prokop ausdrücklich in Schutz.

Die ÖVP lehnt einen Untersuchungsausschuss weiterhin klar ab und will die Vorwürfe des früheren Bundeskriminalamtschefs Herwig Haidinger von Justiz, Evaluierungskommission sowie Innen- und Justizausschuss klären lassen, wie Innenminister Günther Platter (V) sagte. Vizekanzler Wilhelm Molterer (V) warnte vor einer “Verparteipolitisierung” der Frage und vor einer weiteren Gefährdung des Arbeitsklimas: Die Arbeit der Bundesregierung funktioniere nur dann gut, wenn es eine gute Zusammenarbeit im Parlament gebe.

Wirklich klaglos funktioniert die rot-schwarze Zusammenarbeit aber schon jetzt nicht mehr: Das seit Wochen geplante Paket zur Inflationsbekämpfung wurde am Mittwoch einmal mehr zurückgestellt. Trotz grundsätzlicher Einigkeit in einigen Sachfragen (Preisbeobachtung, Gebührenstopp, Reduktion der Maklergebühren) streitet die Regierung nach wie vor über die von der SPÖ geforderte Einmalzahlung von 100 Euro. Und auch mit dem von der SPÖ urgierten “Papamonat” wird es zumindest vorerst nichts.

Einziger nennenswerter inhaltlicher Beschluss am Mittwoch: Die Koalition einigte sich auf ein Maßnahmenpaket im Kampf gegen Doping. Blut- und Gendoping sollen damit strafrechtlich verfolgt werden, ebenso der Besitz von Arzneimitteln und Instrumenten, die für Dopingzwecke im Sport verwendet werden können. Dass sich die Regierungssitzung trotzdem bis in den frühen Nachmittag zog, begründete Gusenbauer dann mit dem Beschluss zur Anerkennung des Kosovo: Den habe man ob seiner Tragweite nämlich erst nach ausführlicher Diskussion getroffen, so der Kanzler.

Von der Opposition setzte es umgehend scharfe Kritik an der SPÖ. Grünen-Vizechefin Eva Glawischnig warf Gusenbauer angesichts seiner Warnung vor einem “Tribunal” vor, der ÖVP “beim Vertuschen” assistieren zu wollen. Auch FP-Generalsekretär Herbert Kickl sieht in der Aussage eine Absage an einen Untersuchungsausschuss: “Eine bellende SPÖ beißt nicht.” Und für BZÖ-Sozialsprecherin Ursula Haubner stellt sich angesichts der mangelnden Durchsetzungsfähigkeit der Kanzlerpartei beim Teuerungsausgleich die Frage: “Wofür ist SPÖ eigentlich in der Regierung?”

  • VOL.AT
  • Politik
  • Koalition ist festgefahren