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Koalition im Schnellverfahren - Tsipras ernannte neues griechisches Kabinett

Neues Kabinett: Ökonomen Dragasakis und Varoufakis zuständig für Finanzen.
Neues Kabinett: Ökonomen Dragasakis und Varoufakis zuständig für Finanzen. ©AP
Zwei Tage nach seinem Wahlsieg hat der griechische Regierungschef Alexis Tsipras sein Kabinett ernannt. Er gab mit den Ökonomen Giannis Dragasakis (66) und Giannis Varoufakis (53) am Dienstag zwei scharfen Kritikern der Sparpolitik die Zuständigkeit für Finanzen. Verteidigungsminster wird der Chef der rechtspopulistischen "Unabhängigen Griechen" (ANEL), Panos Kammenos.
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Varoufakis wird als Finanzminister die Verhandlungen mit den Geldgebern führen, wie ein Regierungssprecher in Athen mitteilte. Dragasakis wird als stellvertretender Regierungschef die Aufsicht über den gesamten Bereich Finanzen und Wirtschaft haben und auch an den Verhandlungen mit den Geldgebern teilnehmen.

Blinder Politiker im Gesundheitsressort

Wie die britische Zeitung “The Guardian” (Internetausgabe) weiter berichtet, wird dem Kabinett erstmals in der Geschichte Griechenlands auch ein blinder Politiker angehören. Der bisherige Parlamentsabgeordnete Panagiotis Koroumblis werde das Gesundheitsressort übernehmen.

Medienspekulationen zufolge will Tsipras auch den – von der abgewählten konservativen Regierung nominierten – EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos mit einem Amt bedenken. Er soll neuer griechischer Staatspräsident werden. In diesem Fall könnte Syriza nämlich einen eigenen Politiker in die Brüsseler Behörde schicken. Als möglicher Kandidat wird der Syriza-Chefökonom John Milios gehandelt.

Politikprofessor als neuer Außenminister

Neuer griechischer Außenminister wird ein Technokrat, der Politikprofessor der Universität Piräus Nikos Kotzias. Damit wolle Regierungschef Tsipras signalisieren, dass er eine “ruhige” Linie in außenpolitischen Themen fahren wolle, erklärten Analysten in Athen. Das Kabinett soll um 16.00 Uhr MEZ “oder kurz davor” angelobt werden.

Moody’s droht mit Herabstufung

Die US-Ratingagentur Moody’s droht Griechenland nach dem Wahlsieg der linken Syriza-Partei mit einer Herabstufung der Bonität. Der Wahlausgang erhöhe die Wachstums-, Finanzierungs- und Liquiditätsrisiken, erklärte Moody’s am Dienstag. Derzeit bewertet die Agentur die griechische Kreditwürdigkeit mit Caa1. Das bedeutet hohe Ausfallrisiken für Gläubiger, die ihr Geld nur bei günstiger Entwicklung zurückbekommen. Erst am Montag hatte die Ratingagentur S&P mit einer Herabstufung gedroht.

Wie es mit den griechischen Staatsschulden weitergeht

Nach dem Machtwechsel in Athen warten Berlin und Brüssel gespannt auf die nächsten Schritte der Links-Rechts-Regierung von Alexis Tsipras. Für Athen wird es ab Februar eng:

30. Jänner: Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem will sich mit Premier Tsipras in Athen treffen. Die Eurogruppe möchte Klarheit, wie Tsipras die Zukunft der internationalen Finanzhilfen sieht. Er hatte angekündigt, das Sparprogramm aufzukündigen.

28. Februar: Das bereits verlängerte laufende Hilfsprogramm der Europäer für Griechenland endet. Aus dem Programm stehen noch 1,8 Mrd. Euro aus.

1. HÜRDE: Die Auszahlung wurde bisher verweigert, weil die bisherige Regierung Vereinbarungen mit der Troika der EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) über Reformfortschritte nicht eingehalten hat. Tsipras will mit der Troika nicht verhandeln.

2. HÜRDE: Will Griechenland eine Verlängerung der Hilfen seiner Partner, dann muss es diese beantragen. Nötig wäre auch die Zustimmung zum Beispiel des deutschen Bundestages. Im Gespräch ist eine weitere Kreditlinie von rund 11 Mrd. Euro, um Griechenland den Übergang zu erleichtern.

Februar und März: 2,1 Mrd. Euro müssen an den IWF und 1,9 Mrd. Euro an Zinsen gezahlt werden.

Sommer: Griechische Analysten nennen ihn den “verfluchten Sommer”. Bis dahin ist Griechenland nach bisherigem Expertenurteil durchfinanziert. Im Juni sind 2,62 Mrd. Euro an Schulden fällig, im Juli 5,12 Mrd. und im August 3,69 Mrd. Euro. 6,68 Milliarden davon sind Schulden an europäische Institutionen. Die restlichen Beträge sind im ganzen Jahr verteilt. Athen muss 2015 insgesamt 22,5 Mrd. Euro zurückzahlen.

(APA, DPA)

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