Klimawandel immer häufiger Ursache für Flucht

Angesichts der aktuellen UNO-Klimakonferenz und des bevorstehenden Tags der Menschenrechte am 10. Dezember weist Fremuth darauf hin, dass der Klimawandel eine potenzielle Hauptursache für Flucht darstellen könnte.
Klimawandel könnte bis 2050 140 Millionen Menschen zur Flucht zwingen
Der Klimawandel verdeutlicht die Bedeutung der Universalität der Menschenrechte, das heißt, dass die Menschenrechte überall auf der Welt für alle gültig sind. "Es kann uns nicht egal sein, wenn Menschen ihre Heimat verlieren", sagt Fremuth. Das müsse nicht unbedingt ein selbstloser, moralischer Ansatz sein. "Wir sollten ein originäres Eigeninteresse an der Bekämpfung des Klimawandels haben", sagt Fremuth weiter. Auswirkungen globaler Ereignisse wie Dürre und Überschwemmungen machen sich auch in Österreich bemerkbar. Eine Schätzung der Weltbank besagt, dass bis 2050 aufgrund des Klimawandels rund 140 Millionen Menschen zur Flucht gezwungen sein könnten.
Gerichte berücksichtigen Klimawandel bei Entscheidungen über Flüchtlinge
Der völkerrechtliche Schutz für Klimaflüchtlinge ist derzeit noch nicht in Kraft. Dennoch spielt der Klimawandel bereits jetzt eine Rolle in der Rechtsprechung bezüglich Flucht. Der internationale Schutz wird im Allgemeinen in zwei Formen gewährt: Menschen, die aufgrund politischer, religiöser, nationaler oder ethnischer Gründe verfolgt werden, können um Asyl bitten. Wenn der Asylantrag abgelehnt wird, kann subsidiärer Schutz gewährt werden, wenn das Leben oder die Gesundheit der Person in ihrem Herkunftsland bedroht ist, beispielsweise aufgrund von Krieg oder unmenschlicher Behandlung. Fremuth zitiert eine Studie seines Instituts, die belegt, dass zum Beispiel das österreichische Bundesverwaltungsgericht "in einer Vielzahl von Fällen klimawandelbedingt Flucht" miteinbezogen und Betroffenen etwa subsidiären Schutz zugesprochen habe. "Ihnen drohten unmenschliche Bedingungen im Herkunftsland."
Laut Fremuth wurde in verschiedenen Verfahren vom Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen festgestellt, dass Staaten möglicherweise eine Verpflichtung haben, Klimaflüchtlinge nicht abzuschieben. Zudem kann in einigen Ländern der Klimaschutz unter Berufung auf die Grund- und Menschenrechte juristisch eingefordert werden. "In den Niederlanden sind die Gerichte hier sehr weit gegangen, es wurden konkrete Reduktionsvorgaben für den Gesetzgeber gemacht", sagt Fremuth. Auch in Deutschland habe das Bundesverfassungsgericht bestätigt, dass man gegen den Gesetzgeber vorgehen könne, um ihn zu weiteren Klimaschutzmaßnahmen zu bewegen. "Noch verletzt der deutsche Staat demnach nicht die Grundrechte in Bezug auf den Klimaschutz. Das Bundesverfassungsgericht hat aber beispielsweise festgestellt, dass es zugunsten künftiger Generationen eine objektiv rechtliche Pflicht gibt, Klimaschutz und Klimaneutralität herzustellen."
Flucht vor Klimawandel: Fremuth sieht Politik in Österreich gefordert
In Österreich seien diesbezügliche Klagen indes überwiegend als unzulässig bewertet. Im Unterschied zum deutschen Verfassungsgericht kann der österreichische VfGH nur Gesetze aufheben, "dem Gesetzgeber aber nicht vorschreiben, was er machen muss". Für Fremuth steht fest, dass es "an der Politik liegt, einen Fahrplan zu entwickeln, der ausweist, warum man Klimawandel als eine der großen Krisen bekämpfen muss, welchen Mehrwert das für alle schafft". Österreich emittiere etwa jährlich 8,7 Tonnen CO2 pro Kopf, einer der höchsten Werte weltweit.
Im Kampf gegen den Klimawandel brauche es, meint Fremuth, "zwingend beides, die großen, politischen Weichenstellungen und die individuelle Verantwortlichkeit". Individuelle Entscheidungen bei Wahlen und beim Einkauf - wie ein verringerter Kauf von Fast Fashion oder der Verzicht hin und wieder auf das Schnitzel - "verdichten sich zu gesamtgesellschaftlichen Entscheidungen mit Auswirkungen auf den Klimawandel".
Gefragt zum Thema Generationengerechtigkeit, sagt Fremuth, dass "auch junge Generationen einen Lebensstil pflegen wollen, der in erheblichem Maße CO2 emittieren wird". Den Klimawandel schaffe man seiner Ansicht nach also "nur über den technologischen Fortschritt". Die Frage werde sein, "was ist am wenigsten problematisch. Denn alles, was wir tun, ist in irgendeiner Form problematisch". Für E-Autos etwa brauche man seltene Erden. "Die Aufgabe wird also darin bestehen, so wenig invasiv wie möglich zu sein."
(APA/Red)
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