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Kinderfußball: Keine Tabellen und kleineres Spielfeld

©paulitsch
Der ÖFB beschloss ab dem Sommer einige gravierende Veränderungen im Nachwuchsbereich.

Im Rahmen eines Medientermins hat der ÖFB am Dienstag eine groß angelegte Neustrukturierung der Direktion Sport präsentiert und dabei einen ausführlichen Einblick in die einzelnen Teilbereiche, aktuelle Entwicklungen sowie laufende Projekte der verschiedenen Abteilungen gegeben. 

Auf Basis einer umfassenden Evaluierung, die von Sportdirektor Peter Schöttel und seinem Team durchgeführt wurde, nahm der ÖFB die Neustrukturierung in den vergangenen Jahren in Angriff. Im Rahmen dieses Prozesses wurden zahlreiche Optimierungspotenziale identifiziert, die letztlich zu einer Erweiterung der Direktion Sport von vier auf sechs Bereiche geführt hat. Sie besteht nunmehr aus den Abteilungen NationalteamsTalenteförderungÖFB-TrainerakademieBreitenfußballFrauenfußball sowie Wissenschaft, Analyse & Entwicklung. 

“Wir wollten das, was bislang gut war, erhalten. Uns war aber klar, dass wir auch neue Wege gehen müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Ziel ist es, dass wir uns laufend verbessern und in allen Bereichen an die Spitze kommen”, erklärt Schöttel die Beweggründe für die Neustrukturierung. Um dieses Ziel zu erreichen, hat man alle Bereiche auch mit Blick auf die internationalen Top-Standards evaluiert. “Wichtig ist, ständig das ganze Bild im Blick zu haben. Für uns sind alle dieser sechs Bereiche enorm wichtig, auch wenn wir wissen, dass der Bereich Nationalteams am meisten im Fokus der Öffentlichkeit steht”, so Schöttel. 

“Wir sehen, dass sich der Fußball rasant entwickelt, daher war es aus unserer Sicht notwendig, in den Teilbereichen Expertinnen und Experten zu finden, die den notwendigen Weitblick besitzen, um eine entsprechende Entwicklung zu gewährleisten”, fügt Stefan Gogg hinzu, der als Leiter Organisation in der Direktion Sport und Leiter Breitenfußball ebenso maßgeblich an der Neuausrichtung beteiligt war.

Im Bereich Breitenfußball stellte er eine grundlegende Reform im Kinderfußball vor, die ab der Saison 2022/23 in Kraft treten wird. “Laut einer aktuellen UEFA-Studie bestreitet mehr als die Hälfte aller Nachwuchfußballerinnen und -fußballer ihr letztes Spiel vor ihrem 18. Geburtstag, jeder Vierte hört sogar nach weniger als einem Jahr im Verein wieder auf. Dadurch bleiben einerseits viele Talente unentdeckt, andererseits gehen auch auch Spielerinnen und Spieler für den Amateurfußball, sowie spätere Trainerinnen und Trainer und Funktionärinnen und Funktionäre verloren”, erklärt Gogg. 

Um Mädchen und Burschen längerfristig für Fußball zu begeistern, sieht die Reform daher bis zur U13 unter anderem eine Verkleinerung der Spielfelder und der Teams vor, was zu mehr Ballaktionen, mehr Dribblings, mehr Toren und damit auch mehr Erfolgserlebnissen, Lernerfolgen und letztlich mehr Motivation bei den Kindern führen soll. Weiters beinhaltet die Reform eine Neuaufteilung der Spieldauer in Drittel bzw. Viertel, um allen Kindern Einsatzdauer zu garantieren bzw. die Abschaffung einer Tabelle bis inklusive der U12, um die individuelle Entwicklung in den Fokus zu rücken.

Im Bereich Talenteförderung steht derzeit die Evaluierung des "Österreichischen Wegs", also des umfassenden Ausbildungskonzepts im Fokus. Hier soll über die Landesverbandsausbildungszentren (LAZ) und die Akademien die bestmögliche Ausbildung für die Spielerinnen und Spieler gewährleistet werden.

“Wir haben schon davor einige Bereiche weiterentwickelt, manche davon revolutionär, wie das Projekt 12 vor zwei Jahren durch die Installierung hauptberuflicher Talentecoaches. Außerdem haben wir den Bereich Goalkeeping im ÖFB standardisiert und mit Günter Kreissl einen neuen Bereichsleiter bestimmt, der etwa regelmäßige Treffen mit den besten Nachwuchstorhütern Östereichs abhält”, sagt Martin Scherb, Leiter des Bereichs Talenteförderung.

Isabel Hochstöger, die als Leiterin für Frauen- und Mädchenfußball in der Direktion Sport fungiert, betonte die Einführung bzw. Entwicklung der ÖFB Frauen-Akademie als wesentlichen Aspekt in ihrem Bereich: “Mit der Installierung der Akademie im Jahr 2011 ist es gelungen, die heimischen Talente zusammenzufassen, bestmöglich auszubilden und so an die internationale Spitze heranzuführen und dadurch sowohl die heimische Liga, als auch die Nationalteams zu stärken.” In diesem Jahr steht mit der UEFA Women’s EURO 2022 für das Frauen-Nationalteam ein absolutes Highlight im Sommer vor der Tür: “Wir versuchen auch rund um dieses Event gemeinsam mit den Landesverbänden zahlreiche Projekte ins Leben zu rufen, um mehr Mädchen zum Fußball zu bringen und sie mit einer Euphorie, die das Nationalteam in England entfachen möchte, langfristig von diesem Sport zu begeistern.” Die ÖFB-Trainerakademie unter der Leitung von Thomas Eidler verschreibt sich ganz dem Motto “Human First”. Kompetenzorientierung, Individualisierung und ein spezielles Blendend Learning Konzept sollen eine möglichst effektive Ausbildung gewährleisten. Ebenfalls in den letzten Jahren ist “Players First” entstanden - ein Tool, welches die Spieler:innen und Trainer:innen bei ihrer Entwicklung unterstützen soll. “Dabei handelt es sich um keine Spielphilosophie oder Spielidee, sondern eine Methode, bei der die Spielerin und der Spieler im Zentrum steht”, so Eidler. Davon ausgehend werden grundlegende Werte, sowie bestimmtes Verhalten in Spielsituationen, bis hin zu Spieleraufgaben und Handlungsempfehlungen abgeleitet. "Players First" befindet sich derzeit in der Entwicklungsphase.

Wesentlich damit im Zusammenhang steht auch die jüngste der sechs Teilbereiche der Direktion Sport namens Wissenschaft, Analyse & Entwicklung. Diese Abteilung beschäftigt sich mit allen Themen, die mit der Digitalisierung im Fußball in Zusammenhang stehen und wird von Stefan Oesen geleitet, der auch als Spielanalyst des Nationalteams tätig ist. Neben der Optimierung sportwissenschaftlicher Aufgabengebiete sowie der Spielanalyse bei den Nationalteams, steht hier die Weiterentwicklung wissenschaftlicher Projekte im Vordergrund. Hier setzt der ÖFB durch den Aufbau und die Entwicklung einer SAP-basierten Wissensplattform in den Nationalteams bzw. der Talenteförderung neue Maßstäbe. “Die Digitalisierung ermöglicht es uns, nachhaltig und professionell zu arbeiten. Mittel- und langfristig wollen wir dazu beitragen, Spieler und Trainer so zu entwickeln, dass sie mit aktuellster Technologie umgehen können und dass diese vor allem evidenzbasiert zum Einsatz kommt”, so Oesen.

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