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Haider erhielt für Seen-Deal 840.000 Euro an Kickback-Zahlungen

Justiz nimmt das System Haider ins Visier
Justiz nimmt das System Haider ins Visier ©APA
Seenkauf-Prozess um Betrug, Untreue und Kickback-Zahlungen gestartet.
U-Ausschuss zum Seenkauf in Zielgerade

Der Fall reicht zurück bis ins Jahr 2007. Damals hatte das Land Kärnten dem Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) zwei Kärntner Seen und einige Immobilien abgekauft. Mehrere Experten wie der Rechnungshof stellten später fest, dass sowohl Preis als auch Nebenkosten viel zu teuer ausgefallen waren. Nun ist am Mittwoch der Prozess zum Seenkauf gestartet.

Staatsanwalt Eberhard Pieber hat am Landesgericht Klagenfurt in seinem Eröffnungsvortrag im Prozess in der Causa "Seenkauf" die Vorwürfe gegen die Angeklagten, Aucon-Vorstand Heinz Liebentritt und Ex-ÖGB-Finanzchef Clemens Schneider aufgezählt. Die Verteidiger der Angeklagten und der Aucon Immobilien AG, welche sich als Verband ebenfalls verantworten muss, wiesen die Vorwürfe zurück.

"Heinz Liebentritt und Clemens Schneider wird zur Last gelegt, im Sommer 2007 mit Jörg Haider im Zuge von Vertragsverhandlungen eine Kickback-Zahlung von 840.000 Euro versprochen und später auch zugewendet zu haben", so Pieber. Haider sei somit bestochen worden, die Angeklagten hätten einen Beitrag zu dessen Untreue zulasten des Landes Kärnten geleistet. Das Land habe mit 43 Millionen Euro zu viel für die Immobilien gezahlt, auch die Aucon erhielt zu viel Geld. Liebentritt habe an die Kärntner Landesgesellschaft SIG (Seeimmobilien Gesellschaft) eine überhöhte Honorarrechnung gestellt, in die 840.000 Euro für Haider und die damalige BZÖ-Politikerin Elisabeth Kaufmann-Bruckberger eingepreist waren. Somit habe er sich des schweren Betrugs schuldig gemacht. Der Schaden zulasten des Landes liegt laut Anklage bei 798.000 Euro.

Zuwendung in Aussicht gestellt

Der ÖGB und die Bawag mussten damals Vermögen verkaufen, erklärte Pieber. Schneider und Liebentritt suchten nach Käufern für die Immobilien in Kärnten, ein Feriendorf am Ossiacher See, ein Feriendorf am Maltschacher See und den Hafnersee. Bei einer Privatisierung wären 200 Arbeitsplätze in Gefahr gewesen, weshalb man das Land als Käufer wollte. Auch Haider habe Interesse gehabt, dass nicht privatisiert werde und der Seegrund in öffentlicher Hand bleibt. Schneider habe Kaufmann-Bruckberger im April 2007 auf einer Geburtstagsparty in einem Wiener Innenstadtlokal getroffen und stellte ihr und Haider bzw. der Partei eine Zuwendung in Aussicht, sollte ein Deal zustande kommen. Kaufmann-Bruckberger war mit einem Mitarbeiter Haiders liiert.

Es flossen 840.000 Euro

Es habe dann mehrere Treffen von Haider, Schneider und Liebentritt gegeben, bei denen die Kickback-Zahlung - letztlich flossen 840.000 Euro - vereinbart wurde. Kaufmann-Bruckberger wurden 42.000 Euro netto versprochen. Ende 2007 wurden die Verträge unterzeichnet, im Jänner 2008 folgte die Rechnungslegung durch die Aucon an die SIG in Höhe von gut 1,5 Millionen Euro. Im März bekam Kaufmann-Bruckberger dann von der Consultus, einer Firma, die an der selben Adresse wie die Aucon residierte, Liebentritt war ihr Geschäftsführer, 700.000 Euro überwiesen. Kaufmann-Bruckberger legte dafür Scheinrechnungen. Der ÖGB zahlte ebenfalls eine Provision für den Deal. Die Consultus erhielt knapp 1,8 Millionen Euro vom ÖGB. Das Land versuchte später die Immobilien weiterzuverkaufen. Nur drei Jahre nach dem Kauf lag das beste Gebot bei 18 Millionen Euro.

Vorsorglich argumentierte Staatsanwalt Pieber für die Glaubwürdigkeit von Kaufmann-Bruckberger, die als Zeugin im Zentrum des Beweisverfahrens stehe. Sie hätte nicht gestehen müssen, sie hätte sich auf den verstorbenen Kärntner Landeshauptmann hinausreden können. Ihre Aussagen hätten ihr nichts gebracht, vielmehr kosteten sie sie ihre politische Karriere und brachten ihr eine Steuernachzahlung von 300.000 Euro ein.

Verteidiger: Normale Geschäftsvorgänge

Die Verteidiger versuchten in ihren Repliken, die Vorgänge als normale Geschäftsvorgänge darzustellen und Kaufmann-Bruckberger als unglaubwürdig darzustellen. Sie plädierten auf Freispruch bzw. auf Zurückziehen des Antrags auf Verbandsgeldbuße. Liebentritts Anwalt Andreas Pollak führte etwa aus, dass Überweisungen erfolgten, vieles sei dokumentiert und nachvollziehbar. Hätte Liebentritt etwas zu vertuschen gehabt, wären auch keine Steuern bezahlt worden. Es seien komplett übliche Vorgänge gewesen, die von der Staatsanwaltschaft zu Vorwürfen uminterpretiert würden.

Gernot Murko, der Schneider vertritt, zitierte aus damaligen Wortmeldungen Haiders, in denen er dem ÖGB Misswirtschaft vorwarf. Haider habe jede Gelegenheit genutzt, die Gesinnungsgemeinschaft seines Mandanten, der seit seinem 18. Lebensjahr bei der SPÖ sei, in den Dreck zu ziehen. Deshalb sei es unglaubwürdig, dass Schneider Kaufmann-Bruckberger gleich nach dem Kennenlernen die Bestechung angeboten haben soll. "Dieses Gespräch wurde nie geführt." Einen Tatplan habe es nicht gegeben, sein Klient habe mit angeblichen Zahlungen an Haider nichts zu tun. Die Beweise in der Anklage seien unvollständig und unrichtig gewertet.

Unsinnige Frage

Aucon-Rechtsanwalt Alfred Feitsch ging unter anderem darauf ein, dass die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit des Seeimmobilienkaufs nicht Gegenstand der Anklage sein könne. "Diese Frage ist, wenn man die Motive des Landes Kärnten betrachtet, unsinnig." Es sei nämlich darum gegangen, den Seegrund für die Öffentlichkeit frei zu halten. Aus Sicht der Aucon beträfen die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft außerdem die Consultus.

Das Land Kärnten bzw. seine Seeimmobilien Gesellschaft (SIG) hat sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligte angeschlossen. Die SIG fordert 798.000 Euro als Wiedergutmachung. Eine zivilrechtliche Schadenersatzklage auf 13 Millionen Euro ist bisher ohne Erfolg geblieben.

Update: Heinz Liebentritt wurde zwischenzeitig rechtskräftig freigesprochen.

(APA)

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