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Kern kritisiert "lupenrein rechtspopulistische" Regierung

Kern kritisiert türkis-schwarze Regierung scharf
Kern kritisiert türkis-schwarze Regierung scharf ©APA
SPÖ-Chef Christian Kern hat in einem Interview mit der deutschen Tageszeitung "Die Welt" die türkis-blaue Regierung scharf kritisiert. "Österreich hat eine lupenrein rechtspopulistische bis rechtsdemagogische Regierung", so der Ex-Kanzler. Auch sieht er "eine permanente Abwertung der demokratischen Strukturen", etwa beim Umgang mit der Presse. FPÖ und ÖVP wiesen die Kritik scharf zurück.

Man erlebe, “dass sich die Empörungsschwelle immer weiter nach rechts” verschiebe, sagte Kern: “Die FPÖ verbreitet antisemitische Verschwörungstheorien über George Soros, jede Woche gibt es einen rassistischen, rechtsextremistischen Ausritt, der in jeder zivilisierten Demokratie zum sofortigen Rücktritt führen würde, Attacken auf die Pressefreiheit, der EU-Kommissionspräsident wird als Trunkenbold diffamiert. Systematisch werden wichtige Institutionen der Demokratie abgewertet”, so Kern. Und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) schweige zu alledem: “Die FPÖ tanzt ihm auf der Nase herum. Wir haben eine harte rechte Regierung, deren Bündnispartner Viktor Orbán und Matteo Salvini heißen”, so der Parteivorsitzende.

“Graduelle” Unterschiede zur AfD

Zu Unterschieden zwischen FPÖ und der Alternative für Deutschland (AfD) befragt, sagte Kern, diese seien “graduell”. “Das eigentliche Problem ist: Wenn die klassischen ehemaligen Konservativen sich mit den Rechtsextremisten verbünden, wird es problematisch in einer Gesellschaft, dann kommt etwas ins Rutschen. Da gehen Standards und moralische Grundsätze verloren.”

Er glaube nicht, “dass Rechtsextreme durch Konservative gezähmt werden können, die Spirale wird weitergedreht”, so Kern. Der öffentliche Diskurs verändere sich. Und dann komme es zu so etwas “wie dem gemeinsamen Salvini-Kurz-Projekt, wonach kein Flüchtlingsschiff mehr in Europa anlanden darf. Das ist ein klarer Rechtsbruch, und in Österreich zuckt man mit den Schultern. Es gibt eine permanente Abwertung der demokratischen Strukturen, die ein Staatswesen tragen.”

Vorschlaghammer gegen demokratische Institutionen

Man sehe das etwa beim Thema Pressefreiheit, nach dem Motto: “Die Medien lügen ja alle”, sagte der Ex-Kanzler. “Jeden Tag geht die Regierung mit dem Vorschlaghammer an unsere demokratischen Institutionen und erklärt, dass diese schlecht sind und nicht funktionieren. Die Frage ist nur: Was kommt, wenn die weg sind? Wir kennen das aus der Geschichte und müssen das stoppen.”

Im oftmaligen Spielen von Migrationsthemen sieht Kern “permanente Ablenkungsmanöver” von anderen Themen, etwa der BVT-Affäre. Dabei sei es Konsens unter allen Parteien, dass man Zuwanderung begrenzen müsse, meinte der SP-Chef. Das bedeute aber nicht, dass man Menschen in Not nicht helfe soll. “Die Politik der geschlossenen Grenzen, wie sie sich Kurz und (Italiens Innenminister Matteo, Anm.) Salvini vorstellen, führt dazu, dass noch mehr Menschen sterben. Das ist der Preis einer solchen Politik. Wir verlieren unsere Seele, wenn wir diese Menschen nicht aus dem Mittelmeer retten. Es ist für mich unvorstellbar, die Genfer Flüchtlingskonvention aufzugeben.”

“Nestbeschmutzung”

Die FPÖ wies die Kritik von SPÖ-Chef Christian Kern an der türkis-blauen Regierung scharf zurück. FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker warf dem Ex-Kanzler “krude Verschwörungstheorien” und “Nestbeschmutzung” vor, wie er in einer Aussendung erklärte. “Während Kurzzeitkanzler Kerns ‘Politberater’ allesamt vor dem Kadi stehen, übt sich der gescheiterte Kanzler in Nestbeschmutzungen unseres schönen Österreichs mittels ausländischer Medien. Das dürfte ureigenste sozialistische Politik und Kerns überhaupt einziges politisches Credo sein”, meinte Hafenecker.

Es werde Kern aber “nicht gelingen hier Zwietracht zu säen, weder innerhalb der Bevölkerung, noch innerhalb der Koalitionspartner”. Es sei “schon ein Trauerspiel, wenn Kern auf unser Land und seine Wähler loshackt und noch dazu hanebüchene Verschwörungstheorien von sich gibt”, so der FP-Generalsekretär.

Nach der FPÖ wies auch die ÖVP die Kritik von Kern an der türkis-blauen Regierung klar zurück. “Nach den permanenten Verunsicherungen und Falschaussagen im eigenen Land schreckt Kern jetzt nicht einmal davor zurück, Österreich im Ausland schlecht zu machen. So ein Verhalten ist eines früheren Kanzlers unwürdig”, sagte ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer in einer Aussendung.

Bruch mit Vranitzky-Doktrin

Kern verliere “offenbar völlig die Fassung” und sei “nur noch unglaubwürdig”: “Einerseits hat er nach der Wahl selbst noch um eine Koalition mit der FPÖ gebettelt und koaliert im Burgenland mit ihnen, andererseits patzt er nun Österreichs Regierung deshalb an”, so Nehammer.

Und immerhin sei Kern auch derjenige, “der in der SPÖ mit der 30 Jahre lang gültigen Vranitzky-Doktrin, wonach es keine Koalition mit der FPÖ geben soll, gebrochen hat”. Außerdem ignoriere er die eigenen SPÖ-Parteitagsbeschlüsse, die eigentlich eine Koalition mit der FPÖ ausschließen.

Die Volkspartei stehe “für Menschlichkeit und Klarheit”. Die Kritik Kerns, “der einst die Schließung der Mittelmeerroute als Vollholler bezeichnete und damit immer mehr Tote im Mittelmeer in Kauf nahm”, laufe ins Leere. Es sei “absolut notwendig, dass die illegale Migration übers Mittelmeer beendet wird und die Bundesregierung liegt hier zu 100 Prozent richtig”, so Nehammer.

(APA)

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