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Sebastian Kurz und Christian Kern.
Sebastian Kurz und Christian Kern. ©APA

Kern droht Kurz mit einer Klage

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Von Ex-Kanzler zu Ex-Kanzler in Sachen "Operation Reisswolf ": Christian Kern hat Sebastian Kurz einen Brief geschrieben.

Aussagen von Sebastian Kurz zur Schredder-Affäre sind Ex-Kanzler Christian Kern sauer aufgestoßen. Kurz sagte bei "Talk im Hangar 7 Spezial". "Ich hab selbst schon mehrfach als Regierungsmitglied neu übernommen ... als Bundeskanzler zuletzt von Christian Kern. Ich kann mich nicht erinnern, dass Christian Kern mit einer Lade CDs ... oder USB-Sticks vor mir gestanden wäre ... oder anderen Notizen und mir die in die Hand gedrückt und gesagt hätte: Das ist das womit wir uns in den letzten Jahren beschäftigt haben."

Der ehemalige SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern widerspricht seinem Nachfolger Sebastian Kurz (ÖVP), auch er habe vor der Amtsübergabe Datenträger vernichtet. "Ein Shreddern von Festplatten fand nicht statt", schrieb er am Freitag auf Facebook. Alle Unterlagen seien gesetzeskonform dem Staatsarchiv übergeben worden. Kern kündigte rechtliche Schritte an, sollte Kurz die Aussagen nicht zurücknehmen.

Offener Brief von Kern an Kurz

Kurz unterstelle ihm, Kern, man hätte bei der Übergabe der Amtsgeschäfte ebenfalls Festplatten des Bundeskanzleramtes geschreddert, schreibt der ehemalige SPÖ-Kanzler in einem offenen Brief an den ÖVP-Chef - "und Du hättest dies auch gewusst und gebilligt". Soweit es sich nicht um "veraktete Unterlagen" handelte, die ohnehin im BKA verblieben seien, seien die Unterlagen dem Staatsarchiv übergeben worden. "Dass ein Mitarbeiter meines Kabinetts mit Festplatten zu einer Privatfirma gegangen wäre um diese dort zu zerstören, ist selbstverständlich nicht vorgekommen", richtete Kern seinem Nachfolger aus. "Derartiges Vorgehen kann Dir also nicht als 'normales Prozedere' bekannt sein." Die Behauptung des ÖVP-Chefs in der Diskussionssendung "Talk im Hangar 7" von Servus TV am Donnerstag sei daher unrichtig "und Du weißt das".

Kern: "Müsste Anwälte um Prüfung bitten"

Kern fordert Kurz nun auf, dessen Aussagen "sehr rasch und in geeigneter Form richtig zu stellen und festzuhalten, dass die Übergabe der Amtsgeschäfte durch mich an Dich ohne heimliche Zerstörung von Datenträgern des Bundeskanzleramtes erfolgt ist". Sollte dies bis Montag nicht geschehen, "müsste ich meine Anwälte um Prüfung bitten, ob hier gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen werden muss, um meinen guten Ruf zu wahren".

Der Brief von Christian Kern an Sebastian Kurz im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Bundesparteivorsitzender Kurz,
lieber Sebastian,

der Website www.orf.at entnehme ich, dass Du gestern in „Servus TV“ erklärt haben sollst, das Shreddern von Festplatten im Bundeskanzleramt anlässlich eines Regierungswechsels sei „ein normales Prozedere“. Wörtlich habest Du ausgeführt: “Auch die Übergabe von Kern (anlässlich des Regierungswechsels 2017, Anm. CK) verlief so.“

Damit unterstellst Du mir, ich oder meine Mitarbeiter_innen hätten im Dezember 2017, als Du vom Bundespräsidenten zum Bundeskanzler ernannt wurdest und ich Dir die Amtsgeschäfte übergab, ebenfalls Festplatten des Bundeskanzleramtes geshreddert – und Du hättest dies auch gewusst und gebilligt. Tatsächlich haben meine Mitarbeiter_innen und ich beim Regierungswechsel im Dezember 2017 sämtliche Akten und Unterlagen in gesetzeskonformer Weise behandelt; soweit es sich nicht um veraktete Unterlagen handelte, die ohnehin im BKA verblieben sind, wurden die Unterlagen gesetzeskonform dem Staatsarchiv übergeben. Ein Shreddern von Festplatten fand nicht statt, die IT-Abteilung des Bundeskanzleramts hat vielmehr entsprechend der IT-Richtlinie des BKA benutzte Festplatten gelöscht und gebrauchte und zurückgegebene Geräte auf Werkseinstellungen zurückgesetzt. Dass ein Mitarbeiter meines Kabinetts mit Festplatten zu einer Privatfirma gegangen wäre um diese dort zu zerstören, ist selbstverständlich nicht vorgekommen. Derartiges Vorgehen kann Dir also nicht als „normales Prozedere“ bekannt sein.

Deine Behauptung, Sebastian, die (Amts-)Übergabe von mir an Dich sei so verlaufen, wie dies in Hinblick auf die Zerstörung von Festplatten durch Deine Mitarbeiter kurz vor dem erfolgreichen Misstrauensantrag des Nationalrates gegen Dich erfolgt ist, ist daher unrichtig – und Du weißt das.

Deine Aussage kann ich aus diesem Grunde nicht unwidersprochen lassen. Ich fordere dich, Sebastian, auf, Deine gestrigen Aussagen sehr rasch und in geeigneter Form richtig zu stellen und festzuhalten, dass die Übergabe der Amtsgeschäfte durch mich an Dich ohne heimliche Zerstörung von Datenträgern des Bundeskanzleramtes erfolgt ist. Ich muss Dich ersuchen, diese Klarstellung bis kommenden Montag vorzunehmen. Diese Erklärung sollte die Aussage enthalten, dass bei der Übergabe der Funktion des Bundeskanzlers durch mich an Dich keine zumindest bedenklichen, aber möglicherweise sogar strafrechtlich relevanten Datenlöschungen durch mich oder Mitarbeiter_innen meines Kabinetts stattgefunden haben.

Ich erwarte gerne Deine Mitteilung in diesem Sinne. Sollte diese nicht erfolgen, müsste ich meine Anwälte um Prüfung bitten, ob hier gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen werden muss, um meinen guten Ruf zu wahren.

Mit freundlichen Grüßen

Mag. Christian Kern

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