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Kattowitz: Kaum mehr Hoffnung

Wenige Wochen nach dem Eishallenunglück in Bad Reichenhall hat eine ähnliche Tragödie in Polen mindestens 66 Menschen das Leben gekostet. Bilder:   

Während einer internationalen Taubenausstellung im Grenzgebiet zwischen Chorzow und Kattowitz im oberschlesischen Industriegebiet stürzte das Dach einer Messehalle ein, zum Zeitpunkt des Unglücks befanden sich 500 bis 1.000 Menschen in dem Gebäude. Bei Temperaturen um minus 17 Grad gaben die Rettungskräfte am Sonntag die Hoffnung auf, noch Überlebende zu finden.

Nach Angaben der Feuerwehr wurden mindestens 66 Menschen getötet und 160 weitere verletzt. Bis zum Sonntag wurden 51 der Opfer identifiziert, wie ein Polizeisprecher mitteilte. Unter ihnen seien neben Deutschen auch Staatsangehörige aus den Niederlanden, Belgien, der Slowakei und Tschechien. Regierungssprecher Krzysztof Mejer erklärte, 13 Ausländer seien verletzt worden.

Ein Österreicher, der Burgenländer Lutz Primes, Präsident des Österreichischen Verbandes der Brieftaubenzüchter, erlebte die Katastrophe hautnah mit. Er befand sich im Gebäude und wurde beinahe vollkommen verschüttet. Der 66-Jährige hatte Glück und kam mit dem Schrecken davon. Ein zweiter Österreicher war bereits am Freitag in die Heimat gefahren.

Es sei unwahrscheinlich, nach 20 Stunden unter den Trümmern noch Überlebende zu finden, sagte der Leiter der Kattowitzer Feuerwehr, Kazimierz Krzowski. Die Retter hatten bei den Bergungsarbeiten zunächst auf schweres Gerät verzichtet, um die Verschütteten nicht zu gefährden. Am Sonntag sollten laut Krzowski nun Maschinen eingesetzt werden, um die Halle ganz einzureißen. Schon seit kurz vor Mitternacht hatten die Retter nur noch Tote bergen können.

Feuerwehrsprecher Janusz Skulich sagte im Fernsehsender TVN24, weitere Tote seien unter den Trümmern lokalisiert worden, könnten aber derzeit nicht geborgen werden. „Wir kommen nicht an sie heran“, sagte Skulich.

Der polnische Präsident Lech Kaczynski rief eine bis zum Mittwoch dauernde Staatstrauer aus. Ministerpräsident Kazimierz Marcinkiewicz nahm mit tausenden Menschen in Kattowitz an einem Gottesdienst für die Opfer teil. Papst Benedikt XVI. betete in Rom für die Opfer und erteilte den Hinterbliebenen und Verletzten seinen Segen.

Augenzeugen berichteten, in der 10.000 Quadratmeter großen Halle seien nur zwei Notausgänge geöffnet gewesen. Etliche Menschen hätten versucht, mit Hilfe von Stühlen die Scheiben aus Sicherheitsglas einzuschlagen, sagte Franciszek Kowal. Schließlich sei eine der Scheiben zersprungen, und die Menschen hätten in Panik versucht, ins Freie zu gelangen.

Nach Angaben der Polizei brach das Dach unter einer starken Schneelast zusammen. Der Anwalt des Hallenbesitzers, Grzegorz Slyszyk, betonte dagegen, das Dach sei regelmäßig von Schnee befreit worden.

Anfang Jänner kamen beim Zusammenbruch einer Eissporthalle in Bad Reichenhall 15 Menschen ums Leben, 34 weitere Personen wurden verletzt. Am Freitagabend stürzte in Mariazell das Dach des Rathauses ein. Ursache war offenbar ebenfalls eine zu große Schneelast. Bei diesem Unglück wurde niemand verletzt.

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