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"Ungeheuerlicher" Kartellverdacht: Druck auf Audi, Porsche und Co. steigt

Deutsche Autobauer kommen in Erklärungsnot.
Deutsche Autobauer kommen in Erklärungsnot. ©dpa/AFP
Schwere Anschuldigungen gegen deutsche Autobauer. Mehrere Jahrzehnte lang sollen sich Audi, Porsche, Daimler und BMW illegal untereinander über Technik, Kosten und Märkte abgesprochen haben. Nach dem immer lauter werdenden Kartellverdacht steigt der Druck auf die deutschen Autobauer. Sowohl aus dem Gewerkschaftslager und von Betriebsräten als auch aus Politik und Forschung mehren sich nun entsprechende Stimmen.

IG-Metall-Chef Jörg Hofmann fordert die Branche in der “Welt” zu Transparenz auf: “Wir verlangen eine vollumfängliche Aufklärung der Vorgänge. Klar ist, dass das deutsche und europäische Kartellrecht nicht verletzt werden darf und Absprachen zu Lasten von Verbrauchern sowie des Klima- und Umweltschutzes völlig inakzeptabel wären.” Der Gewerkschafter ist auch Mitglied des Volkswagen-Aufsichtsrats.

Absprachen womöglich schon seit Jahrzehnten

Der “Spiegel” hatte zuvor über ein angebliches Autokartell berichtet. Demzufolge sollen Vertreter von VW, Audi, Porsche, BMW und Daimler sich schon seit den 1990er-Jahren gemeinsam über Technik, Kosten und Zulieferer verständigt haben. Die EU-Kommission prüft Hinweise dazu. Es könnte auch eine Verbindung zur Diesel-Affäre geben, falls es Absprachen über zu kleine Tanks für AdBlue gegeben haben sollte. Dieser Stoff kann Stickoxide aus Abgasen effizienter entfernen.

Treffen die Vorwürfe zu, steht illegales Kartellverhalten im Raum. Damit können etwa Preise gegenüber Kunden künstlich hoch gehalten oder gegenüber Zulieferern gedrückt werden. Daimler sprach von “Spekulationen”, VW-Chef Müller in der “Rheinischen Post” von “Sachverhaltsvermutungen”. BMW stellte mit Blick auf die AdBlue-Tanks jedoch klar: “Den Vorwurf, dass aufgrund zu kleiner AdBlue-Behälter eine nicht ausreichende Abgasreinigung in Euro-6-Diesel-Fahrzeugen der BMW Group erfolgt, weist das Unternehmen entschieden zurück.”

Daimler hat wohl aus Kartell-Vergangenheit gelernt

Der “Spiegel” stützte seine Darstellung auf einen Schriftsatz, den VW auch für Audi und Porsche bei den Wettbewerbshütern eingereicht haben soll. Daimler habe ebenfalls eine “Art Selbstanzeige” hinterlegt. Das Bundeskartellamt erklärte: “Details laufender Verfahren können wir nicht kommentieren.”

Einem Bericht der “Süddeutschen Zeitung” zufolge hat sich Daimler in den vergangenen Jahren zumindest teilweise aus den geheimen Gesprächsrunden der großen deutschen Fahrzeughersteller zurückgezogen. Grund sei das 2011 aufgeflogene Lkw-Kartell gewesen, berichtete die Zeitung unter Berufung auf zwei Insider. Damit sei der Stuttgarter Konzern offenbar der einzige Hersteller gewesen, der auf das aufgeflogene Lastwagen-Kartell reagiert hätte.

Größere Dimension der Abgasaffäre als bisher bekannt

Der Betriebsrat von Volkswagen dringt auf eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung. Ein Sprecher sagte der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag: “Der Vorstand ist in der Pflicht, das Aufsichtsgremium umfassend zu informieren. Das ist bislang nicht geschehen.”

Die Grünen verlangen ein Sondertreffen des Verkehrsausschusses im Bundestag. Beantragt werde “eine kurzfristig einzuladende Sondersitzung für Ende Juli”, kündigte Verkehrsexperte Oliver Krischer an. Man wolle so Klarheit über die möglichen “Machenschaften des Autokartells” bekommen, die – sollten sie sich bestätigen – “ungeheuerlich” seien. SPD-Verkehrsexpertin Kirsten Lühmann sprach von einer größeren Dimension der Abgasaffäre als bisher bekannt.

Als Konsequenz aus der VW-Abgasaffäre plant unterdessen EU-Verbraucherschutzkommissarin Vera Jourova eine Stärkung der Rechte von Käufern in Europa. “Der VW-Skandal hat uns eine harte Lektion erteilt”, sagte Jourova der “Neuen Osnabrücker Zeitung”. Als Lehre daraus wolle sie die Möglichkeit europaweiter Sammelklagen einführen.

(APA/dpa)

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