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Karner trifft Visegrad-Amtskollegen in Szeged

Karner trifft am Montag Visegrad-Amtskollegen.
Karner trifft am Montag Visegrad-Amtskollegen. ©APA/Max Slovencik (Symbolbild)
Österreich wurde von Tschechien zu dem Treffen eingeladen. Auch Deutschland ist mit dabei.
Heuer schon über 50.000 Asylanträge

Auf eine engere Abstimmung im Bereich Flucht und Migration sowie eine verstärkte EU-Außengrenzüberwachung hat sich am Montag Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) mit seinen Amtskollegen aus Ungarn, Tschechien, Polen, der Slowakei und Deutschland verständigt. "Je robuster - technisch und rechtlich - die EU-Außengrenze wird, desto weniger hoch wird der Druck auf diese Grenze werden", sagte Karner im Anschluss an die Gespräche in Szeged.

Tschechien führt aktuell den Vorsitz der Visegrád-Gruppe und hat zu dem Treffen in der ungarischen Stadt an der Grenze zu Serbien auch Österreich und Deutschland eingeladen. Berlin war somit erstmals auf Ministerebene vertreten. Die Gespräche dienten auch zur Vorbereitung auf den EU-Innenministerrat kommende Woche in Brüssel.

Tschechien lud Österreich ein

Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser erklärte, mit ihren Amtskollegen den Austausch von Daten zur irregulären Migration vereinbart zu haben. "Ich habe vorgeschlagen, regelmäßige Treffen der Grenzbehörden für ein gemeinsames Monitoring der Migrationslage durchzuführen", sagte sie in Szeged. Der Vorschlag sei von den anderen Teilnehmern der Ministerrunde angenommen worden.

Karner ergänzte: Mit Ungarn sei man sich einig, dass eine Verteilung von Asylberechtigten auf die EU-Länder ("Relocation") zurzeit "undenkbar" sei. Den EU-Asylkompromiss bezeichnete er als "wichtigen Schritt in die richtige Richtung, besonders die geplanten Schnellverfahren an den EU-Außengrenzen". Auf polizeilicher Ebene habe man sich darauf geeinigt, sich künftig noch intensiver auszutauschen, um im Bereich Schlepperkriminalität "den großen Hintermännern das Handwerk zu legen".

Österreichische Polizisten in Szeged

Für Gastgeber Vít Rakušan, den tschechischen Innenminister, war es "eines der wichtigsten Treffen, weil Migration eine Herausforderung für alle ist. Wir liegen alle in Mitteleuropa und können uns der Herausforderung nur gemeinsam stellen", sagte er in der gemeinsamen Pressekonferenz. Die Grenzkontrollen innerhalb des Schengenraums seien derzeit nötig. Die "wahre Herausforderung" sei aber die EU-Außengrenze.

Auf dem gesamten Balkan sind im Vergleich zum vergangenen Jahr die Aufgriffe von Flüchtenden laut Innenministerium leicht gestiegen und machten seit dem 1. Jänner bis zum Stichtag 12. November 365.000 Menschen aus. Im vergangenen Jahr waren es insgesamt 400.000 gewesen. Am häufigsten werden demnach Syrerinnen, Syrer, Afghaninnen und Afghanen aufgegriffen. Je nach Land und Lage können sie um Asyl ansuchen oder werden "rückgeführt".

Österreichische Polizisten in Ungarn im Einsatz

In Szeged sind seit 2020 rund 50 österreichische Polizistinnen und Polizisten stationiert. Sie sind vor allem für "Kontrollen im Landesinneren zuständig", wie es aus dem Innenministerium hieß. Unterstützung bei der Grenzraumüberwachung bekommt Ungarn auch von Tschechien, der Slowakei und der Türkei. In Ungarn, unmittelbar vor der Grenze zu Österreich, sind seit vergangenem Dezember außerdem im Rahmen der sogenannten Operation Fox 38 österreichische Polizistinnen und Polizisten tätig.

"Unsere Aufgabe ist es, nach Schleppern zu suchen", sagte der Kommandant des österreichischen Kontingents in Szeged, Michael Muhr, am Montag in der ungarischen Grenzstadt zu Journalistinnen und Journalisten. Tätig seien die Österreicherinnen und Österreicher nicht in der "ersten Linie", also direkt am Zaun, sondern in der "zweiten Linie", die 30 bis 50 Kilometer weg von der Grenze ins Landesinnere reicht. Ungarn hatte 2015 einen 150 Kilometer langen Grenzzaun zu Serbien errichtet.

Jeweils eine Polizistin oder ein Polizist aus Österreich sei mit bis zu zwei Kolleginnen und Kollegen aus Ungarn unterwegs, entweder im Geländewagen oder zu Fuß, so Muhr weiter. Zur Ausstattung gehörten Wärmebildkameras, Herzschlagdetektoren oder auch ein Hund. Die ungarischen Einsatzkräfte führten ein Funkgerät mit, mit dem die Einheiten untereinander kommunizierten oder die Einsatzzentrale Bescheid gebe: "Oft ruft dort der Tankwart an", sagte Muhr, und melde auffällige Personen. "Die Leute, die geschleppt werden, die sind nicht aggressiv, die haben keine Kraft mehr, die haben den Zaun überwunden", so Muhr. "Amtshandlungen machen die Ungarn." Der ungarische Kollege funke, berichtete der stellvertretende Kommandant Philipp Laschober. "Wir dürfen keine geschleppten Personen transportieren."

Kritik der Grünen an Pushbacks

Es sei bekannt, dass Ungarn "so gut wie keine Asylanträge" entgegennehme, sagte die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Ewa Ernst-Dziedzic, zum Anlass des Innenminister-Treffens zur APA. Der Besuch von Minister Karner bei Visegrád sei "wohl inszeniert gerade an jenem Zaun, wo Ungarns 'Grenzschützer' Pushbacks gegen Flüchtlinge anwenden". Nicht die Asylwerber seien illegal, sondern die Pushbacks, so Ernst-Dziedzic. Petar Rosandić, Obmann der NGO SOS Balkanroute, ergänzte gegenüber der APA, die ungarisch-serbische Grenze sei ein "rechtsfreier Raum, in dem Geflüchtete Opfer rechtspopulistischer Politik und der kriminellen Schmugglerclans zugleich sind".

Vorwürfe, wonach Österreich in Ungarn indirekt an sogenannten Pushbacks beteiligt sein soll, hatte Minister Karner bereits im Sommer zurückgewiesen. Mit sogenannten Pushbacks wird gegen geltendes Recht wie die EU-Grundrechte-Charta und die Menschenrechtskonvention verstoßen, wonach Menschen das Recht haben, einen Asylantrag zu stellen, der anschließend geprüft wird.

Migrationsexpertin Judith Kohlenberger verwies gegenüber der APA darauf, dass der einzige legale Weg für Flüchtende nach Österreich die Familienzusammenführung sei. Dazu müsse aber bereits ein Mitglied der Kernfamilie in Österreich sein. EU-weit würden nur wenige europäische Länder Resettlement-Programme unterhalten, also sichere Fluchtwege direkt aus den Herkunftsländern. "Und wenn, dann meist nur in geringen Kontingenten." In Österreich gebe es seit 2017 kein humanitäres Aufnahmeprogramm mehr.

(APA/Red)

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