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Karikaturen-Streit: Mehrere Tote

Die Ausschreitungen bei den weltweiten Protesten aufgebrachter Moslems gegen die Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen in europäischen Zeitungen dauern an. Heiliger Krieg

Die dänische Botschaft in Teheran ist am Dienstag erneut von Demonstranten angegriffen worden. 200 bis 300 Menschen nahmen an der Kundgebung teil, bis zu 30 Demonstranten drangen vorübergehend auf das Botschaftsgelände vor und warfen Molotow-Cocktails. Es kam zu tätlichen Auseinandersetzungen mit der iranischen Polizei, die versuchte, die Demonstranten zurückzudrängen. In Afghanistan haben die Taliban die islamische Welt zum Heiligen Krieg (Jihad) wegen der Karikaturen aufgerufen.

Der iranische Außenamtssprecher Hamid-Reza Assefi wurde von der Nachrichtenagentur Khabar mit den Worten zitiert, dass der Iran es als seine Pflicht ansehe, ausländische Vertretungen zu schützen. Gleichzeitig bezeichnete er die wütenden Reaktionen der Muslime auf die Beleidigung des Propheten als „natürlich“. Am Montag hatten hunderte Demonstranten die Botschaften Dänemarks und Österreichs angegriffen. Dabei drangen nach Darstellung des dänischen Botschafters Claus Juul Nielsen mehrere Iraner in das Gebäude der dänischen Vertretung ein und verwüsteten Teile der Einrichtung. Am Montag hatte der Iran den Handel mit Dänemark suspendiert. Auch die Handelsbeziehungen mit anderen europäischen Staaten, in denen die Karikaturen veröffentlicht wurden, sollen überprüft werden.

Dänemark hat formell Protest gegen die Angriffe auf seine Botschaft in Teheran erhoben. Außenminister Per Stig Möller habe von seinem iranischen Kollegen Manouchehr Mottaki „in klaren Worten gefordert, dass der Iran alles unternimmt, um die Botschaft und das Leben von Dänen zu schützen“, sagte ein Sprecher in Kopenhagen. Der Iran sei für alle entstehenden Schäden verantwortlich.

In Afghanistan starb ein Demonstrant beim Ansturm auf ein norwegisches Lager der Internationalen Schutztruppe ISAF in der Stadt Maymana. Hunderte Demonstranten hatten das Lager mit Steinen beworfen und konnten durch das Haupttor ins Innere eindringen. Dabei sei es auch zu Brandstiftung gekommen, teilte das afghanische Innenministerium mit. In dem Lager befanden sich lediglich 20 Soldaten, die Hilfe herbeifunkten. Es habe mehrere Verletzte gegeben. Am Vortag waren bei Protesten in Afghanistan mindestens drei Demonstranten ums Leben gekommen. In der jemenitischen Hauptstadt Sanaa protestierten am Dienstag rund 5000 Schüler gegen die Veröffentlichung der dänischen Karikaturen. Sie verbrannten dänische Flaggen und forderten eine Entschuldigung von der Regierung in Kopenhagen.

Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hat in seiner Eigenschaft als EU-Ratsvorsitzender an die Vernunft appelliert und zur Mäßigung aufgerufen. Als Reaktion auf die Angriffe auf westliche Botschaften wurde nach Angaben Schüssels ein Treffen der politischen Direktoren aller EU-Staaten einberufen. Montag Abend erinnerte Schüssel im Fernsehen die muslimischen Staaten an ihre Verpflichtung zum Schutz diplomatischer Einrichtungen. Außenministerin Ursula Plassnik sieht keinen unmittelbaren Handlungsbedarf für die EU-Minister. Daher sei derzeit auch keine Sondersitzung der Ressortchefs der EU-Mitgliedstaaten vorgesehen, sagte Plassnik am Montagabend. Das Außenamt stehe in Verbindung mit den Regierungen der muslimischen Länder, und „wir haben ihnen die internationale Verpflichtung zum Schutz ausländischer Einrichtungen und Bürger sehr nachdrücklich in Erinnerung gerufen“, versicherte Plassnik.

Österreichische Botschaft wieder offen

Einen Tag nach den Angriffen auf die österreichische Botschaft in Teheran im Zusammenhang mit dem Mohammed-Karikaturenstreit ist in den Büroräumen der heimischen Vertretung wieder Alltag eingekehrt. Wie das Außenministerium auf APA-Anfrage bestätigte, wurde die Botschaft am Dienstag aufgesperrt. Die Höhe des durch die Steinwürfe verursachten Schadens war allerdings noch nicht geklärt. Vom Botschaftspersonal wurde niemand verletzt.

Gestern, Montag, hatten sich in den Räumlichkeiten der österreichischen Botschaft in Teheran dramatische Szenen abgespielt. Wie Botschafter Michael Stigelbauer der APA berichtete, hatte sich eine aufgebrachte Menschenmenge vor dem Bürogebäude versammelt und warf mit Steinen die Fenster der österreichischen Vertretung ein. Daraufhin wurde die Botschaft aus Sicherheitsgründen geschlossen.

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