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Kämpfe wie im Ersten Weltkrieg: EU besorgt wegen Lage in der Ukraine

Die Ukraine brauche dringend mehr Munition aus der EU. Vilimsky sieht damit jedoch die österreichische Neutralität gefährdet.
Die Ukraine brauche dringend mehr Munition aus der EU. Vilimsky sieht damit jedoch die österreichische Neutralität gefährdet. ©Symbolbilder/Canva, APA
In der EU wachsen wegen der jüngsten Entwicklungen an der Front in der Ukraine die Sorgen.

Das Kriegsgeschehen erinnere an die Grabenkämpfe im Ersten Weltkrieg und die ukrainischen Streitkräfte seien den Angreifern aus Russland derzeit in einigen Schlüsselbereichen zahlenmäßig stark unterlegen, sagte ein ranghoher EU-Beamter am Donnerstag in Brüssel. Die Einschätzung sei, dass die Lage auf dem Schlachtfeld, sehr vorsichtig ausgedrückt, "nicht einfach" sei.

Was die Ukraine nun am meisten braucht sei zusätzliche Munition

Zu Kriegsbeginn seien die Ukrainer noch zahlenmäßig überlegen gewesen. Derzeit müssten große Zahlen an Soldaten um sehr kleine Geländebereiche kämpfen. Was die Ukraine nun am dringendsten aus der EU benötige, sei zusätzliche Munition, sagte der Beamte, der namentlich nicht genannt werden wollte. Zudem brauche es weitere moderne Flugabwehrsysteme und Artillerie mit größerer Reichweite. Die Russen hätten Waffen zuletzt 120 Kilometer hinter die Frontlinie zurückgezogen, und die Ukrainer hätten in der Vergangenheit nur Artillerie mit einer Reichweite um die 80 Kilometer bekommen.

Die Staaten seien angehalten, insbesondere rasch Artilleriemunition des Kalibers 155 Millimeter zur Verfügung zu stellen, heißt es in dem Papier, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt und an dem neben der EU-Kommission auch der Auswärtige Dienst und die Europäische Verteidigungsagentur (EDA) beteiligt waren. Neben noch vorhandenen Lagerbeständen sollten auch künftige Lieferungen der Industrie sofort in die Ukraine abgegeben werden.

Rückerstattung von Munitionskosten bis zu 90 Prozent

Um der Ukraine die dringend benötigte Munition zur Verfügung zu stellen, wird derzeit erwogen, lieferwilligen Mitgliedstaaten einen deutlich höheren Anteil der Kosten aus EU-Mitteln zu erstatten als bisher. In einem bereits am Mittwoch bekannt gewordenen Diskussionspapier für die Mitgliedstaaten wird eine Rückerstattungsquote von bis zu 90 Prozent vorgeschlagen. Bisher lag sie zum Teil bei unter 50 Prozent.

Für die Rückerstattung von Munitionskosten wird vorgeschlagen, eine weitere Milliarde Euro aus der sogenannten Europäischen Friedensfazilität zu mobilisieren. Bei ihr handelt es sich um ein Finanzierungsinstrument, über das die EU bereits heute Waffen und Ausrüstung liefert sowie die Ausbildung der ukrainischen Streitkräfte fördert.

Wie die EU nun gegen den Munitionsmangel vorgehen will

Die russischen Streitkräfte feuern nach Zahlen aus einem Hintergrundpapier der Regierung Estlands durchschnittlich zwischen 600.000 und 1,8 Millionen Schuss Artilleriemunition pro Monat ab, die Ukraine hingegen nur 60.000 bis 210.000 Schuss pro Monat. Die aktuelle Produktionskapazität der europäischen Verteidigungsindustrie liegt den Angaben zufolge derzeit bei nur 20.000 bis 25.000 Schuss pro Monat. Möglich ist demnach aber eine Ausweitung auf bis zu 175.000 Schuss pro Monat.

Um die zügige Nachbeschaffung von Munition in der EU zu fördern und die Produktion anzukurbeln, sollte nach Vorstellungen Brüssels künftig gemeinsam Munition eingekauft werden. An einem Projekt der Europäischen Verteidigungsagentur (EDA) dafür haben den Angaben des EU-Beamten zufolge bereits 26 Mitgliedstaaten und Norwegen Interesse geäußert. Im Idealfall soll noch in diesem Monat eine erste Vereinbarung unterzeichnet werden.

Vilimsky sieht österreichische Neutralität in Gefahr

Harald Vilimsky, der freiheitliche Delegationsleiter im Europaparlament, sieht diese Pläne kritisch: "Wenn die österreichische Bundesregierung diesem Plan ohne Vorbehalte zustimmt, dann würde auch mit österreichischer Beteiligung Kriegsmaterial für einen kriegführenden Staat angekauft und geliefert werden. Mit der österreichischen Neutralität kann so etwas nicht vereinbar sein", so Vilimsky.

Über die Vorschläge soll nun in der kommenden Woche bei einem informellen Treffen der Verteidigungsminister in Schweden diskutiert werden. Entscheidungen könnte es dann zwischen dem 20. und 24. März geben. Dann gibt es in Brüssel reguläre Treffen der Außen- und Verteidigungsminister sowie der Staats- und Regierungschefs.

(APA/dpa)

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