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Junge Ärztin schießt scharf gegen Spitalsärztesprecher

Die junge Ärztin übt Kritik an den Aussagen von Ärztekammer-Funktionär Dr. Hermann Blaßnig.
Die junge Ärztin übt Kritik an den Aussagen von Ärztekammer-Funktionär Dr. Hermann Blaßnig.
Joachim Mangard (VOL.AT) joachim.mangard@russmedia.com
24-Stunden-Dienste: Nicht Jungmediziner oder der Frauenanteil seien schuld an der prekären Arbeitssituation im heimischen Gesundheitswesen, sondern das System würde an die Wand gefahren.

In dem im Dezember erschienenen Interview mit Dr. Hermann Blaßnig, Sprecher der Spitalsärzte, schildert der Mediziner die äußerst angespannte Situation in den heimischen Spitälern. Ein Kritikpunkt des Ärztekammer-Funktionärs ist das angespannte Anstellungsverhältnis, das aufgrund erhöhten Bewusstseins für eine Work-Life-Balance oder eines höheren Frauenanteils zu immer mehr Teilzeitstellen führen würde. Gerade diese beiden Aussagen sorgen aber für Unmut, zumindest bei einer jungen Ärztin, die sich an VOL.AT wandte und dies nicht so stehen lassen wolle.

"24-Stunden-Dienste sind fahrlässig und gefährden Patienten"

"Wenn es nur eine Sache zum Klarstellen gäbe, dann die Tatsache, dass diese 24-Stunden-Dienste, welche in der Realität eher gegen 26 Stunden gehen, nicht nur unerträglich, sondern unmenschlich, fahrlässig, gesundheitsschädigend, gefährdend für Patienten und auch juristisch mehr als fragwürdig sind. Die angesprochenen 'Bereitschafts'-Dienste stammen aus der medizinischen Steinzeit, in welcher Ärzte und Ärztinnen die vorgeschriebenen Ruhezeiten, aufgrund der geringeren Arbeitsbelastung, einhalten konnten. In der heutigen, modernen Medizin gibt es de facto keine Ruhepausen. Mannigfaltig zeigen sich die Gründe hierfür; Fortschritt, in Diagnostik- und Behandlungsmethoden, das vermehrte Patienten-Aufkommen, der bürokratische Mehraufwand, usw.", informiert die 30-jährige Ärztin, die seit Jahren ihren Dienst in einem Vorarlberger Krankenhaus verrichtet.

Unverständnis für Kritik an "junger Generation und Frauenanteil"

Besonders sauer stoßen ihr die Aussagen von Dr. Blaßnig auf, welche auf den gestiegenen Frauenanteil und den Wunsch der jungen Ärztegeneration nach geregelten Arbeitszeiten, abzielen.

"Offensichtlich erscheint es einfacher, die 'junge Generation' als Ausgang allen Übels darzustellen, denn sie 'mache da nicht mehr mit und wolle Beruf und Familie in Einklang bringen'. Damit nicht genug, werde auch noch der wachsende Frauenanteil bei den Spitalsärztinnen ins Negative gezogen, da es hierdurch zu 'einem deutlichen Mehr an Teilzeitstellen käme.' Wir haben laut den Aussagen des Spitalsärztesprechers also eine junge Generation, welche unerträgliche, unmenschliche, fahrlässige und gesundheitsschädigende Dienste, bei denen zudem das Wohl der Patienten gefährdet erscheint, nicht mehr (er)tragen will, und andererseits eine Politik und eine Krankenhausleitung, welche es bis dato nicht mal ansatzweise schafft, eine Anpassung des Systems an neue Gegebenheiten und Anforderungen durchzuführen", übt die Medizinerin deutliche Kritik an den Formulierungen von Dr. Blaßnig.

"Gleichung mit derartigem Rechenfehler kann nicht aufgehen"

Zudem sei klarzustellen, dass eine 120-prozentige Anstellung sehr wohl noch die Regel darstelle. "Eine 'Reduzierung' auf 100 Prozent muss angefordert und bewilligt werden. Außerdem wird eine 100-prozentige Anstellung am Stellenplan paradoxerweise einer 120-prozentigen Anstellung gleichgesetzt. Auf dem Papier mögen solche rechtlichen Schlupflöcher schön aussehen, in der Realität kann die Gleichung mit einem derartigen Rechenfehler allerdings nicht aufgehen", schließt die 30-jährige Ärztin.

Dr. Blaßnig: "Keinesfalls Kritik an der jungen Ärztegeneration"

Auf VOL.AT-Anfrage beim Spitalsärztesprecher der Ärztekammer antwortete Dr. Blaßnig: "Dies soll in keinster Weise eine Kritik an jungen Kollegen und Kolleginnen darstellen. Die Zahlen sind aber ein Teil der Erklärung. Und wie die junge Ärztin bestätigt, hat sich der Arbeitsaufwand an den heimischen Spitälern über die Jahre deutlich verstärkt. Besonders stark merkt man das in den Abteilungen Innere Medizin, Anästhesie, Gynäkologie oder im Bereich der Kinderheilkunde.

Es handle sich außerdem um eine Feststellung und keine Kritik. Zudem gäbe es auch bei den Medizinern junge Paare, die beide lieber 80 Prozent arbeiten würden. Und dass alternative Arbeitszeitmodelle auch im Gesundheitswesen gefragt seien, wäre ebenfalls nichts Neues. Die Problematik sei wesentlich vielschichtiger und es sei nachvollziehbar, dass sich Ärzte vermehrt in Richtung Fachgebiete ausbilden ließen, um dorthin abzuwandern. Zudem würde die mangelhafte Situation im Bereich Hausärzte zahlreiche Patienten in die Ambulanzen spülen, was wiederum Mehraufwand für Spitalsärzte bedeute.

(VOL.AT)

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