AA

Judas Priest in Wien: Metal-Götter verabschieden sich von Fans

Judas Priest verabschiedeten sich ausgiebeig von ihren Fans.
Judas Priest verabschiedeten sich ausgiebeig von ihren Fans. ©APA
Im Rahmen von einer fünfstündigen Messe nahmen die Metal-Götter von Judas Priest in der Wiener Stadthalle Abschied von Wiener Fans. Das würdige Vorprogramm bestritten die Hardrock-Legenden Thin Lizzy und Whitesnake.
Bilder vom Konzert

Metal-Götter rosten nicht. Seit nunmehr 40 Jahren touren Judas Priest durch die Welt, um die musikalische Stahl-Produktion kräftig anzukurbeln. Mit der aktuellen Tour soll der Schlusspunkt gesetzt werden, so etwa Mittwochabend in Wien. In einer ausverkauften Stadthalle wurden die Verkünder harter Töne angebetet, ebenbürtige Vorarbeiter waren die Hardrock-Legenden Thin Lizzy und Whitesnake. Die kollektive religiöse Verzückung war nicht mehr aufzuhalten.

Von wachsender Säkularisierung war hier nichts zu spüren: Metalheads aus Österreich und jenseits waren in die Stadthalle gepilgert, um ihren “Metal Gods” zu huldigen. Und während man an anderen Abend denselben stattlichen Preis für höchstens eineinhalb Stunden Unterhaltung hinblättern muss, wuchs das Konzert mit den hochwertigen “Vorgruppen” zu einer insgesamt fünfstündigen Messe an. Durch die Sicherheitskontrollen beim Einlass hatte sich zuvor eine stattliche Schlange gebildet – bei Metal-Fans geht man offensichtlich davon aus, dass diese ihre Abendunterhaltung nur bis auf die Zähne bewaffnet genießen können.

Thin Lizzy und White Snake als Vorarbeiter

Bereits Thin Lizzy – oder was davon noch übrig ist – stießen bei den Priest-Jüngern auf maximale Euphorie. Lediglich Drummer Brian Downey und Gitarrist Scott Gorham sind noch von den Glanzzeiten der Band in den 70ern übrig. Als sicher lautester Act des Abends eröffneten sie den Reigen mit Hits wie “Jailbreak”, “Whiskey In The Jar” und “The Boys Are Back In Town”. Und ehrten die bereits verstorbenen ehemaligen Mitglieder, den charismatischen Frontmann Phil Lynott und Gitarrist Gary Moore. Dass bei den Mitsing-Passagen das Publikum aufgrund mangelnden Repertoires teilweise nur mit “Yeah” kontern konnte, wurde etwas grantelnd zur Kenntnis genommen.

Die Briten Whitesnake waren als zweite an der Reihe, die Atmosphäre für die Priester aufzubereiten. Und sie lieferten ein beinahe gleichwertiges volles Konzert. Rock-Röhre David Coverdale hat auch im Alter von 60 Jahren stimmlich nichts eingebüßt und lässt sich auch von jeglicher modischer Weiterentwicklung beim Bühnenoutfit nicht beeindrucken. Ob härtere Rocker oder Balladen, strapaziert wurden vorwiegend Alben aus der Glanzzeit der 80er Jahre mit Alben wie “Slide It In”, “1987” und dem etwas späteren “Slip Of The Tongue”. Mit “Here I Go Again” und “Still Of The Night” folgte am Ende die kollektive Befriedigung von Fan-Erwartungen.

Judas Priest mit Ersatzgitarristen

Schon die umgebaute Bühne verdeutlichte danach, woher die höchst erfolgreiche britische Schwermetall-Produktion Judas Priest seit Anfang der 70er ihre Rohstoffe bezog: Projizierte Fabriksschlote, überdimensionale Ketten, rotes aber doch kaltes Licht, schneidender Laser – die Industriestadt Birmingham ist der Geburtsort jener Formation, die vor allem mit dem Album “British Steel” den Durchbruch schaffte, den man nie wieder zu schließen vermochte. Ein Wermutstropfen wird bei dieser Abschiedstournee allerdings verabreicht: Einer der beiden Gitarristen, K. K. Downing, hatte Judas Priest kurz zuvor verlassen und wurde durch den jungen Richie Faulkner ersetzt. Und der erwies sich als mehr als nur ein Ersatz.

Rob Halfords Stimmbänder aus Rasierklingen

Wie es Abschiedstourneen so in sich haben, wurde die Show zur Retrospektive, die mehr als zwei Stunden dauern sollte und vor allem mit einem aufwartete: perfektem Sound. Rob Halford wird mit dieser Tour als der definitive Hohepriester des Schwermetalls in die Musikgeschichte eingehen, der 60-jährige Glatzkopf mit Leder-Outfit schreit nach wie vor, als hätte er Stimmbänder aus Rasierklingen. Ob “Metal Gods”, “Turbo Lover”, “Blood Red Skies”, “Nightcrawler”, “Painkiller” – Judas Priest können auf eine Fangemeinde bauen, die alles, was geboten wird, verinnerlicht hat. Umgekehrt können sich diese auf 40 Jahre perfektes Songwriting und technische Perfektion in der Darbietung verlassen.

Besser als ein Judas-Priest-Konzert ist nur noch das Finale eines solchen: Spätestens wenn Halford mit seiner Harley Davidson einreitet, gekleidet in Metallic-Outfit (was auch wirklich nur er darf) und die österreichische Flagge samt Bundesadler schwingt, weiß man, worauf man sich einstellen darf. Zwar wurde der Hit “Breaking The Law” bereits inmitten des Konzerts als Karaoke-Version verbraten, als Zugabe donnerten allerdings noch “Hell Bent For Leather”, “You’ve Got Another Thing Coming” und die Hymne “Living After Midnight” den Betenden entgegen. Und spätestens da wurde dem eingefleischten Judas Priest-Fan klar, dass man einem musikhistorischen Ereignis beiwohnen durfte. Denn auch Götter gehen einmal in Pension. (APA)

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Musik
  • Judas Priest in Wien: Metal-Götter verabschieden sich von Fans