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Jubiläums-Abfahrt ohne Show - Spannung vor Double auf Streif

Vincent Kriechmayr zählt in Kitzbühel zu den Favoriten.
Vincent Kriechmayr zählt in Kitzbühel zu den Favoriten. ©APA
Der Druck auf Österreichs Abfahrer vor dem Kitzbüheler Streif-Spektakel ist schon mal viel größer gewesen: im Vorjahr zum Beispiel, als man noch ohne Abfahrtssieg in die Gamsstadt gereist war.

Die Aufgabe wurde bravourös gelöst, Matthias Mayer gewann das Rennen vor den Ex-Aequo-Zweiten Vincent Kriechmayr und Beat Feuz (Schweiz). Mayer vor Kriechmayr lautete zuletzt auch das Ergebnis der Bormio-Abfahrt, damit zählt das ÖSV-Duo auch heuer zu den Favoriten auf der Streif.

Wobei das Abschlusstraining für die beiden am Donnerstag nicht anders verlaufen hätte können. Kriechmayr rauschte nach der überlegenen Bestzeit grantig ab, Mayer zog nach 2,77 Rückstand etwas ratlos aus dem Zielraum ab. "Ich habe gelernt, dass man Trainingsbestzeiten oder schlechte Trainingsleistungen nicht überbewerten darf", sagte Kriechmayr - und nahm damit sich selbst den ganz großen Druck und glättete zugleich beim Teamkollegen die Sorgenfalten.

81.000 Euro für Samstags-Sieger

Nach der Übernahme des Wengen-Rennens gibt es heuer gleich zwei Möglichkeiten auf einen Abfahrtssieg beim Klassiker. Doch nicht beide Rennen sind gleich hoch dotiert. Ist der Sieg am Freitag (11.30 Uhr) beim Lauberhorn-Ersatz 52.000 Euro wert, so winken am Samstag gleich 81.000. Die sportliche Wertigkeit ist allerdings dieselbe - gleiche Strecke, gleiches Teilnehmerfeld. Jubiläum gefeiert wird bereits am Freitag, laut ORF-Zählung geht die 500. Herren-Abfahrt der Weltcupgeschichte in Szene. 184 mal gewann Österreich, 123 mal die Schweiz, 43 Mal Norwegen und 42 mal Italien.

Kriechmayr ist mit seinem Ziel, eine engagierte Fahrt zu zeigen, am Donnerstag nicht zu biegen gewesen. "Ich bin oben nahezu perfekt gefahren, vor allem die ersten drei, vier Zwischenzeiten. Aber man kann sich immer steigern. Das ist das Schöne am Skisport, es gibt keine perfekte Leistung, aber das war schon sehr gut. Ich weiß nicht, wo ich noch überall ein Schäuferl drauflegen kann."

"Bisserl einfacher zu fahren"

Die Streif zeigte weiterhin ihr freundlichstes Gesicht. "Es klingt blöd, aber die Streif ist ein bisserl einfacher zu fahren als in den Jahren zuvor. Nur im Steilhang ist etwas Eis. Aber es ist trotzdem noch die Streif, man darf sie nicht unterschätzen. Das wird ein ziemlich enges Rennen werden, wenn die Verhältnisse so bleiben. Ich werde versuchen, noch einem so eine Fahrt zu machen", erklärte Kriechmayr.

Seine Beziehung zu der berüchtigten Strecke sei ganz gut, aber er habe da runter schon einige Rennen verschenkt. "Letztes Jahr war auf alle Fälle einmal ein Signal nach oben, ich hoffe, dass ich so weitermachen kann", sagte der Vorjahreszweite.

"Titelverteidiger" Mayer hofft, dass er den Schwung aus Bormio mitgenommen hat. Und egal in welchem Zustand sich die Streif präsentieren werde, man müsse immer konzentriert ans Werk gehen. "Wir sind nicht hier, um um den zehnten Platz mitzufahren. Wir wollen ganz vorne dabei sein. Das Zeug dazu haben wir, das haben wir bei der letzten Abfahrt gezeigt. Ich hoffe, dass wir das auch diese Woche so weiterziehen können."

Es schade freilich nicht, wenn man schon mit ein bisserl was angereist sei. "Wenn man sagen kann, ich kann befreit reinstarten in das Ganze. Man kann es auch umwälzen und sagen, ich muss wieder Leistung bringen. Ich fühle mich bereit dazu. Den Oberdruck habe ich nicht, aber klar werde ich es probieren."

"Ob Jäger oder Gejagter ist mir egal"

Das verpatzte Abschlusstraining sollte am Renntag vergessen sein, zudem wird Mayer auch erst seinen Rennski auspacken, da sei schon noch etwas drinnen. "Natürlich wäre ich gern ein bisschen schneller gewesen. Ich kann sowieso nur noch angreifen. Ob Jäger oder Gejagter ist mir egal, Hauptsache ich bin schnell beim Rennen." Darauf hofft auch Max Franz, der aus dem starkem Training (3.) viel Selbstvertrauen mitnimmt. "Es war eine gute Fahrt mit noch ein paar Reserven. Oben ist die Luft ganz dünn, da darfst du die keine Fehler erlauben."

Der Südtiroler Dominik Paris, der sich vor einem Jahr am Dienstag der Hahnenkammwoche im Super-G-Training einen Kreuzbandriss zugezogen hatte, klopfte als Vierter in Bormio bereits wieder am Podest an. Der vierfache Sieger auf dem Hahnenkamm - dreimal in der Abfahrt (2013, 2017, 2019), einmal im Super-G (2015) - brachte sich auch auf der Streif als Trainingsvierter wieder ins Spiel. "Die ganz große Lockerheit fehlt mir noch. Aber mit jeder Fahrt, wo du Gefühl und Sicherheit zurückbekommst, traust du dich mehr. Vom Physischen her passt alles, jetzt muss ich nur noch eine fehlerlose Fahrt am Limit ins Ziel bringen."

Keine Zuschauer erlaubt

Drei Abfahrten sind in diesem Winter erst geschlagen, acht verschiedene Läufer standen auf dem Podest, darunter der Schweizer Urs Kryenbühl als jeweils Dritter in Val d'Isere und Bormio zweimal. Die Abfahrt in Frankreich gewann der Slowene Martin Cater vor dem Kärntner Otmar Striedinger, in Gröden schlug der mittlerweile mit Kreuzbandriss fehlende Norweger Aleksander Aamodt Kilde vor dem US-Amerikaner Ryan Cochran-Siegle und Feuz zu.

Auf das sportliche Geschehen wird sich die Corona-Pandemie nicht auswirken, auf das optische Erscheinungsbild des Events natürlich schon. Der Bereich um die Strecke ist großräumig abgesperrt, Zuschauer sind nicht erlaubt. Die Hahnenkammrennen sind eine reine Fernseh-Show. "Heuer nehmen wir es so, im nächsten Jahr werden wir sicher wieder ein großes Skifest haben", ist sich Kriechmayr sicher.

(APA)

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