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Jubel für "Jägerstraße" im neuen Vindobona

Albert Schmidleitner dürfte erleichtert sein: Mit der flott inszenierten ersten von vorerst vier geplanten Folgen der "Jägerstraße", die im Vorfeld als "Wiens erste Grätzel-Soap" beworben worden war, ist dem Betreiber des neuen Vindobonas am Samstagabend ein heftig beklatschter Einstandserfolg für sein wiedereröffnetes Haus gelungen.

In mitunter brachial komischen Szenenfolgen karikiert die multikulturelle Besetzung Klischees über “Hiesige und Zuagraaste” – für die die Comedybühne am Wallensteinplatz laut Slogan Programm machen will -, und feiert das pralle Leben im Biotop Nachbarschaft.

Im Mittelpunkt der rund zweieinhalbstündigen Lokalposse aus der Feder von Johannes Glück, der auch Regie führt, steht die Maturantin Aline. Aus gutem Döblinger Hause kommend, bezieht sie ihre erste Wohnung in der titelgebenden Jägerstraße in Wien-Brigittenau – jenem Bezirk, in dem im Übrigen auch das Vindobona beheimatet ist. Kaum noch die Umzugskartons in die neue Bleibe geschleppt, macht die junge Frau bereits unfreiwillig Bekanntschaft mit einigen Originalen aus der kunterbunten Grätzel-Bewohnerschaft.

Da ist einerseits die eben von der Baumgartner Höhe zurückgekehrte und vor sich hinmonologisierende und -schimpfende Frau Krc, die später noch vom aus Simbabwe stammenden Koks-Nahversorger Henry umgarnt werden wird. Die aus Sarajevo kommende Svetlana serviert im Cafe Srebrenica und muss sich im “Studio Elysium” mit ihrem Zuhälter sowie zahlungsunwilligen Freiern herumschlagen.

Als eindeutiger Publikumsliebling entpuppte sich die männlich besetzte Rolle der türkischen Frau Serduk, die – mit Plastiksäcken, Kopftuch und krächzendem Organ ausgestattet – über die Bühne hinkt und fortwährend mit ihren beiden Töchtern meckert, wobei sich die aufmüpfigere Cennet noch dazu gegen die Zwangsverheiratung mit einem jemenitischen Fleischhauer wehren muss.

Alines größtes Interesse gilt indes dem jungen Musiker Angelo. Das sich anbahnende Liebesglück wird kurzfristig nur durch Patrick, Mitglied der Burschenschaft “Siegheilia”, gedämpft, der seiner Angebeteten im affektierten Schönbrunner-Deutsch von Gelagen auf der “Grinzinger Bude” vorschwärmt, dank seiner Spinnenangst aber schließlich doch die Flucht ergreift.

Durch die teils starke Überzeichnung der Charaktere werden migrantische Stereotypen mit viel Witz, Charme und – aufgrund der multiethnischen Schauspielerriege – durchaus selbstironisch ad absurdum geführt. Der beim Thema Migration oftmals erhobene Zeigefinger wird ausgespart.

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