Josipovic siegte mit 60,29 Prozent
Schon seit Wochen galt Ivo Josipovic als Favorit auf die Nachfolge des im Februar aus dem Amt scheidenden Präsidenten Stjepan Mesic, am Sonntag überraschte der Kandidat der oppositionellen Sozialdemokraten (SDP) Kroatien aber doch mit einem unerwartet klaren Sieg bei der Stichwahl gegen den Zagreber Bürgermeister Milan Bandic. In einer ersten Reaktion sprach Josipovic von einem “Feiertag der Demokratie”.
In den Exit Polls führte der Sozialdemokrat mit 64,6 Prozent, für den SDP-Dissidenten und unabhängigen Kandidaten Bandic hatten demnach 35,4 Prozent der Wähler gestimmt. Umfragen vor der Wahl hatten Josipovic maximal rund 55 Prozent vorausgesagt. Die Auszählung der Stimmen der rund 400.000 wahlberechtigten Auslandskroaten ließ noch eine Resultatsverbesserung für Bandic erwarten.
Die Auslandskroaten wählen traditionell konservativ und rechts – Bandic hatte sich im Wahlkampf vor allem an sie gerichtet und beim ersten Wahldurchgang auch bei ihnen gepunktet. Am Sieg des 52-jährigen Josipovic gab es angesichts seines Vorsprungs aber keinen Zweifel. Der Wahlkampfleiter von Bandic, Dusko Ljustina, gab sich daher keinen Illusionen mehr hin. “Ich hätte zweifellos ein umgekehrtes Ergebnis bevorzugt”, sagte er laut Nachrichtenagentur Hina, 35 Prozent (oder etwas mehr) seien für Bandic dennoch ein “glänzendes Resultat und ein Erfolg”.
Mit dem Zuschlag für den Rechtsexperten und Komponisten entschieden sich die Kroaten für die in der öffentlichen Wahrnehmung farblosere, dafür aber seriösere und EU-kompatiblere Variante. Dem SDP-Kandidaten wird offenbar zugetraut, als weltgewandter Botschafter seinen Landes den Beitritt zur europäischen Union voranzutreiben.
Bandic war bis zu seinem eigenmächtigen Antreten bei den Präsidentenwahlen ebenfalls SDP-Mitglied gewesen, im Gegensatz zu Josipovic scheute er aber nicht davor zurück, auch im nationalistischen und rechten Politspektrum auf Wählerfang zu gehen. Auch wurden ihm manche unaufgeklärte Korruptionsaffären nachgesagt.
Josipovic, Professor für Völkerrecht und seit 2003 Abgeordneter, kann hingegen auf einen tadellosen Ruf verweisen. Er legte vor der Wahl auch seine Besitzverhältnisse offen. Die Korruption in Kroatien zu bekämpfen, ist auch eines seiner großen Vorhaben für das Präsidentenamt. Er wurde neben der SDP vor allem von den Parteien links der Mitte, der urbanen Bevölkerung sowie von Amtsinhaber Mesic unterstützt.
Josipovic wollte sich erst nach Veröffentlichung der offiziellen Resultate umfassend äußern, dankte in einer kurzen Rede aber seinem Wahlkampfteam und den Helfern in der Partei. Er sprach auch von einem “Feiertag der Demokratie”. Zudem wandte er sich über “Facebook” an seine Anhänger: “Freunde, danke euch allen” schrieb er auf der Social-Network-Seite.
Diese waren weniger zurückhaltend, sie ließen die Sektkorken knallen. Einige kamen ganz in Rot gekleidet – den Farben der Sozialdemokratie. “Wir haben mit einem Sieg gerechnet, aber dass der Unterschied so groß ausfallen würde…”, freute sich eine SDP-Sympathisantin gegenüber dem Internetportal “Index.hr”, das seinerseits titelte: “Überzeugender Sieg der Vernunft – Es lebe Kroatien“.
Andrija Hebrang, in der ersten Runde ausgeschiedener Kandidat der Regierungspartei HDZ (Kroatische Demokratische Gemeinschaft), gratulierte Josipovic, jedoch mit einem Nachsatz: “Er muss sich ideologisch korrigieren”, sagte er zur Tageszeitung “Novi List” (Online-Ausgabe). “Er hat in seiner Kampagne zu oft über ein rotes Kroatien gesprochen”. Dennoch war Hebrang zuversichtlich, “dass er ein guter Staatspräsident sein wird”. Die Linke habe gewonnen, “weil sie eine größere Reife als die Rechte gezeigt hat”.
Miroslav Tudjman, unabhängiger Präsidentschaftskandidat in der ersten Runde und Sohn des ersten Präsidenten Franjo Tudjman, sagte zu “Novi List”, dass Josipovics Politik “im Rahmen jener Politik war, wie sie in den vergangenen zehn Jahren geführt wurde”. Er sei gespannt, wen Josipovic in seinen Mitarbeiterstab aufnehme. “Denn es ist offensichtlich, dass Kroatien weder in Europa noch in Amerika strategische Partner hat”, meinte Tudjman, der für eine Änderung der Außenpolitik Kroatiens plädiert.
Als “gut” bezeichnete Vesna Pusic (Kroatische Volkspartei/HNS), den Wahlausgang. Pusic war ebenfalls in der ersten Runde der Wahlen ausgeschieden. “Josipovic kommt zu einem ausgesprochen interessanten Zeitpunkt, sowohl innenpolitisch als auch außenpolitisch betrachtet,” sagte sie zu Index.hr.
Der SDP stehen jedoch trotz des Wahlsiegs eher unruhige Zeiten ins Haus. Da Josipovic gewonnen habe, werde Bandic voraussichtlich auf den Bürgermeistersessel in Zagreb zurückkehren, analysierte der Politologe Viseslav Raos vom Zentrum für politische Untersuchungen (CPI) in Zagreb die Sachlage gegenüber der APA. Da Bandic vor seiner Kandidatur führendes Mitglied der Sozialdemokratie gewesen war, könnte das in der Zagreber SDP zu Problemen führen. Auch eine innerparteiliche Abspaltung sei denkbar, wie Raos meint: “Die Frage wird sein, wer zu Bandic hält und wer loyal zur SDP bleibt.”
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