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Johannes Paul II.: Santo, aber nicht subito

"Santo subito" forderten Sprechchöre und vorbereitete Transparente schon bei der Totenmesse für Papst Johannes Paul II. Benedikt XVI. hat das Verfahren erheblich verkürzt.

Eine entsprechende Petition, unterschrieben auch von Bischöfen und Kardinälen, ging an den damaligen Kardinal-Dekan Joseph Ratzinger. Als der 17 Tage später zum Papst gewählt wurde, war eine seiner ersten Amtshandlungen die beschleunigte Einleitung des Seligsprechungsverfahrens für seinen Vorgänger. Am Dienstag eröffnet der römische Kardinalvikar Camillo Ruini in der römischen Lateran-Basilika offiziell den diözesanen Prozess “über das Leben, die Tugenden und den Ruf der Heiligkeit“ des Wojtyla-Papstes.

Damit wird der Papst mit einem der längsten Pontifikate der Kirchengeschichte zwar nicht sofort und auch nicht ohne den üblichen Prozess selig gesprochen. Aber Benedikt XVI. hat das Verfahren erheblich verkürzt. Konnte bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) der Seligsprechungsprozess erst 25 Jahre nach dem Tod des Kandidaten beginnen, und müssen nach heutigen Regeln immerhin fünf Jahre verstreichen, hat Benedikt XVI. diese Wartefrist für seinen Vorgänger radikal gekürzt. Schon bei Mutter Teresa hatte Johannes Paul II. eine ähnliche Dispens erteilt. Aber für die inzwischen selig gesprochene Nobelpreisträgerin betrug die „Wartezeit“ ein Jahr, für Johannes Paul II. sind es gerade 87 Tage.

Auf der Suche nach Symbolik hat die Diözese Rom den Prozessbeginn auf den Vorabend des Festes der Apostel Petrus und Paulus gelegt. Bei der Abendfeier in der Lateran-Basilika wird am Dienstag zunächst das lateinische Dekret zur Einsetzung des zuständigen Gerichts verlesen, das in den nächsten Monaten die Zeugen befragen und die Dokumente über das Leben des „Dieners Gottes Karol Wojtyla“ sichten muss. Dann leisten Kardinal Ruini und die Richter den Eid: Dass sie ihre Aufgabe gewissenhaft erfüllen, dass sie Verschwiegenheit wahren und keinerlei Geschenke annehmen.

Nach der Erstellung der Liste von Zeugen muss auch der Postulator des Verfahrens, der Priester Slawomir Oder, seinen Eid leisten. Er leitet die Untersuchungen, und bei ihm müssen sich alle melden, die „sachdienliche Hinweise“ über Leben und Wirken des toten Papstes machen können, egal aus welcher Lebensetappe. Einen entsprechenden Aufruf hatte Ruini bereits vor einem Monat an den Kirchentüren des Lateran, aber auch in der Kurie von Krakau anbringen lassen, wo Wojtyla nach 1958 für 30 Jahre lang Bischof war.

Beim Postulator seien inzwischen ganze Lawinen von Briefen und auch von E-Mails eingetroffen, heißt es. Neben einem tugendhaften und heiligmäßigen Lebens ist für die Seligsprechung aber auch der Nachweis eines „Wunders“ erforderlich, das nach dem Tod des Kandidaten erfolgt sein muss.

Das Verfahren kann viele Jahre dauern, falls der amtierende Papst nicht weitere Dispense gewährt. Einen originellen Vorschlag hat Zeitungsberichten zufolge die italienische Kultur-Vereinigung „Tiberis Custos“ bei Kardinal Ruini eingereicht. Man solle Johannes Paul II. doch als Märtyrer anerkennen – schließlich habe er beim Attentat von 1981 für den Glauben sein Blut vergossen. Für die Seligsprechung von Märtyrern braucht es keinen Nachweis einer wunderbaren Heilung. Auch wenn es eher unwahrscheinlich ist, dass Benedikt XVI. diesen Vorschlag aufgreift, scheint eine andere „Ausnahme“ eher möglich. Nach der gegenwärtigen vatikanischen Praxis werden Seligsprechungsfeiern nicht vom Papst, sondern vom Präfekten der Heiligsprechungskongregation vorgenommen. Für seinen Vorgänger könnte Benedikt XVI. eine Ausnahme machen.

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