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"Jeder Wiener Taxler erkennt mich" - Hubert Gorbach wird 60

Von den Medien hat sich Gorbach seit seinem Rückzug aus der Politik weitestgehend distanziert
Von den Medien hat sich Gorbach seit seinem Rückzug aus der Politik weitestgehend distanziert ©MiK
Sein Abschied aus der Politik liegt zwar schon fast zehn Jahre zurück, vergessen ist Ex-Vizekanzler Hubert Gorbach aber nicht. "Es gibt in Wien keinen Taxifahrer, der mich nicht erkennt", erzählt er im Interview mit der APA - Austria Presse Agentur.

Zwar ist Gorbach kein Parteimitglied mehr, aber nach wie vor ein “liberal bürgerlicher Freiheitlicher”. Am 27. Juli feiert er seinen 60. Geburtstag.

Politik hält der Vorarlberger Gorbach für “sehr wichtig”, schließlich sei man von der Wiege bis zur Bahre “Teil von Politik, ob man will oder nicht, ob man mitmacht oder nicht”. Ein politischer Mensch bleibe politisch, “das legt man nicht ab wie einen Mantel an der Garderobe”. Die 14 Jahre, in denen Gorbach hauptberuflich Politiker war, möchte er auf keinen Fall missen. Sein Aufstieg in der Kommunal-, Landes- und Bundespolitik verlief zügig und geradlinig. Unter anderem brachte er es zum Bundesobmann des “Ring Freiheitlicher Jugend”, zum Landtagsabgeordneten, Landesrat, Landeshauptmann-Stellvertreter, zum Bundesminister, geschäftsführenden Parteiobmann (BZÖ) und zum Vizekanzler.

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“Manchmal hat mir die “Mitte gefehlt”

Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm als eben “liberalem Bürgerlichen” und der zuweilen sehr rechts agierenden Bundes-FPÖ habe es dabei oft gegeben, erzählt Gorbach heute. Gerade die “Diktion” habe oft einen Diskussionspunkt dargestellt. “Ich bin Mitte-Rechts-Politiker, manchmal hat mir die Mitte gefehlt”, beschreibt er sein Befinden mit manchen FPÖ-Positionen oder -Formulierungen von damals. Entgegen der damaligen Parteilinie der Bundes-FPÖ sei er auch stets und bis heute ein EU-Befürworter gewesen: “Aber es muss sich viel ändern, sonst scheitert das Projekt EU”.

Spaltung der FPÖ als Tiefpunkt

Gorbach erinnert sich an viele Höhepunkte aus seiner politischen Zeit, etwa das erstmalige Brechen der absoluten ÖVP-Mehrheit in Vorarlberg im Jahr 1999. Mit dem Spitzenkandidaten Gorbach legten die Vorarlberger Freiheitlichen von 16,12 (1989) auf 27,41 Prozent (1999) zu. Ebenso gerne denkt er an die Österreichische EU-Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2006, als er Vorsitzender unter anderem der EU-Verkehrsminister war. Es seien ihm “heute noch sicht- und spürbare Erfolge” gelungen, zählt Gorbach unter anderem ein Voranschreiten der Projekte Koralm- und Semmeringtunnel, die ÖBB-Reform oder auch den Neubau verschiedener großer Bahnhöfe auf. Umgekehrt fallen ihm als Tiefpunkte die Spaltung der FPÖ im Jahr 2005, Differenzen in der Koalition, die Hochwasser-Ereignisse 1999 und 2005 oder die Tsunami-Katastrophe in Thailand ein. Er habe auch die Neidgesellschaft zu spüren bekommen, unter anderem “in Form von ‘Schmutzkübel-Kampagnen'”. Oft habe er sich dann aber an die alte Weisheit erinnert, wonach Neid die ehrlichste Form von Anerkennung sei.

Projekt “160” gescheitert

Auf sein nicht realisiertes Vorhaben, auf Österreichs Autobahnen eine flexible Höchstgeschwindigkeit mit einem Maximum von 160 km/h einzuführen, spreche man ihn heute noch oft auf der Straße an – wohlwollend, wie Gorbach betont. Überhaupt fänden viele der Bürger, mit denen er auf der Straße in Kontakt kommt, dass in Zeiten der schwarz-blauen Regierung “am meisten passiert ist, mit (Ex-Bundeskanzler Wolfgang, Anm.) Schüssel und dir”.

Ex-ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel zählt Gorbach zu jenen Politikern, mit denen er besonders gut konnte. “Mit Schüssel habe ich hervorragend zusammengearbeitet”, betont Gorbach und erzählt die eine oder andere Anekdote. Auch mit dem ehemaligen Bundespräsidenten Thomas Klestil verband ihn eine gute politische Partnerschaft, ebenso wie mit den SPÖ-Granden Alfred Gusenbauer (“mit dem ich jetzt in einem Aufsichtsrat sitze”) und Michael Häupl oder auf Landesebene Alt-Landeshauptmann Martin Purtscher (ÖVP) und Grünen-Urgestein Kaspanaze Simma (“obwohl ich für die Grünen als Straßenbauer das natürliche Feindbild war”). Aus seiner damals eigenen Partei, der FPÖ, nennt Gorbach in Sachen “gute Zusammenarbeit” außer Jörg Haider und Susanne Riess etwa auch Norbert Steger oder Thomas Prinzhorn.

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“Vorarlberg is too small”

Von den Medien hat sich Gorbach seit seinem Rückzug aus der Politik weitestgehend distanziert, Interviews gibt er trotz “Anfragen zuhauf” an und für sich keine mehr. Je mehr Entscheidungsgewalt man habe, desto mehr werde man kritisiert, vorverurteilt, verdächtigt und denunziert. “Und zwar ohne Rücksicht auf persönliche, berufliche, familiäre oder gesellschaftliche Auswirkungen”, kritisiert Gorbach. Oft habe man in seinem Fall “Wörter oder Sätze aus dem Zusammenhang gerissen und sich daran belustigt”. Angesprochen auf seinen Brief an den damaligen britischen Finanzminister Alistair Darling, der unter der Schlagzeile “Vorarlberg is too small” Bekanntheit erlangte, wird Gorbach deutlich. Die Darstellung des Briefs in den Medien sei falsch gewesen und sein Englisch nicht so schlecht. Er habe nicht nur Darling (“er hat mir geantwortet und sich bedankt”) geschrieben, sondern mehreren. Dabei sei es nur um die Mitteilung gegangen, dass er jetzt ein eigenes Consulting-Unternehmen führe: “Es wäre dumm gewesen, das nicht zu tun”.

Dieses Consulting-Unternehmen führt Gorbach noch heute, er ist vielbeschäftigt, bringt europa- und weltweit Menschen und Geschäfte zusammen, zuletzt in China. Dass mit 50 in der Politik Schluss sei, habe er nicht nur seiner Gattin Margot versprochen, sondern auch seinen engsten Freunden. Anders als andere Ex-Politiker wolle er nicht zu allem seinen “Senf” dazugeben, “nur so viel: Wir brauchen wieder mehr Reformfreudigkeit und -mut, mehr Wirtschaftsfreundlichkeit”.

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