Trotz dieser hohen Prävalenz gibt es keine Statistik über chronische Schmerzen, und deren volkswirtschaftliche Kosten sind nur unzureichend dokumentiert. Darauf wies Hans Georg Kress von der MedUni Wien und designierter Präsident des Europäischen Verbandes der Schmerzforscher, am Mittwoch bei einer Pressekonferenz anlässlich der 10. Österreichischen Schmerzwochen in Wien hin.
Die damit verbundene europaweite Kampagne 2010/2011 steht unter dem Motto “Gesamtgesellschaftliche Auswirkungen des Schmerzes” als eines der wichtigsten Gesundheitsprobleme und hat das Ziel, unter anderem Kosten zu erfassen und Politiker sowie Meinungsbildner darin zu unterstützen, Ressourcen in der Therapie bereitzustellen. “Den Entscheidungsträgern ist der gesundheitlich-soziale Bereich nicht wirklich bewusst”, konstatierte Kress und verwies auf Kosten, die nicht nur aus der Behandlung entstehen, sondern auch durch ineffektive Therapien, fehlende Einrichtungen dafür, Krankenstände, Pflege und Erwerbsunfähigkeit.
Zwei Drittel der chronischen Schmerzen betreffen den Bewegungsapparat, am häufigsten “zwickt” der Rücken. Kreuzschmerzen zum Beispiel, so geht aus einer im Jahr 2000 publizierten Studie für Großbritannien hervor, verursachen pro Patient höhere direkte und indirekte Kosten als koronare Herzerkrankungen. Jeder Mensch muss damit rechnen, irgendwann im Laufe seines Lebens daran zu leiden. Eine Untersuchung in Deutschland ergab 49 Milliarden Euro Gesamtkosten, die durch das “Kreuz mit dem Kreuz” bei Menschen zwischen 18 und 75 Jahren entstehen. Das entspricht 2,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. In Belgien wurden die direkten Kosten im Jahr 2006 mit 272 Millionen Euro beziffert.
Auf die Entwicklung chronischer Schmerzen haben anscheinend Gewalterfahrungen durch die Patienten einen Einfluss, wie Wilfried Ilias vom Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Wien und Präsident der Österreichischen Schmerzgesellschaft, erläuterte. 35 bis 50 Prozent aller Patientinnen mit chronischen Schmerzsymptomen haben Erfahrungen wie Missbrauch, Misshandlungen, emotionale Vernachlässigung, Entwertung und – im Fall von Asylwerbern häufig – von kriegerischen Auseinandersetzungen. Die Zusammenhänge sind zwar noch nicht ausreichend untersucht, es gibt aber Hinweise darauf, dass durch physische und psychische Gewalt frühkindliche Erinnerungen ins Schmerzgedächtnis zurückgerufen werden und auf diese Weise zu chronischen Schmerzen führen können. Nicht leicht ist es für Ärzte, die – meist weiblichen – Opfer häuslicher Gewalt zum Sprechen zu bringen. Ilias hält auf eine verstärkte Zusammenarbeit mit Psychologen und Psychiatern in der Schmerztherapie für notwendig.
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