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Ja zu Barroso bei Gipfel zeichnet sich ab

Vor dem Gipfel der europäischen Staats- und Regierungschefs in Brüssel zeichnet sich breite Zustimmung der Staaten für eine zweite Amtszeit von EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso ab, ungewiss bleibt aber, ob er auch die Zustimmung des Europaparlaments erhält.

Bundeskanzler Werner Faymann (S) lobte Barroso am Donnerstag in als “Mann des Ausgleichs”. Er habe die Arbeit von Barroso “acht Monate genau verfolgt, und ich kann nicht ein Beispiel sagen, wo er sich nicht an Beschlüsse und klare politische Vorgaben des Rates oder des Parlaments gehalten hätte”.

“Breite Zustimmung” für eine zweite Amtszeit des Portugiesen erwartet die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Anschließend gehe es darum, “offene Fragen” mit dem EU-Parlament zu klären. Es wäre wünschenswert, “dass Europa schnell wieder handlungsfähig wird”, sagte Merkel. Auch Vizekanzler ÖVP-Chef Josef Pröll forderte bei einem Treffen der Europäischen Volkspartei (EVP) eine rasche Entscheidung der EU zugunsten Barrosos. “Europa braucht Führung”, betonte er, “nicht offene Fragen bis in den Herbst”.

Der schwedische Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt, der am 1. Juli die rotierende EU-Ratspräsidentschaft von Tschechien übernimmt, erklärte: “Angesichts der Finanzmarktkrise wird es große Probleme geben, wenn jetzt kein klares Signal kommt für die Kommission.” Auch aus den Reihen der Sozialisten kam Unterstützung für Barroso. Der Premier Portugals Jose Socrates sagte, Barroso habe einen “sehr guten Job gemacht”. Bulgariens Regierungschef Sergej Stanischew attestierte dem EU-Kommissionschef “gute Arbeit”. Der sozialdemokratische slowenische Premier Borut Pahor hatte sich bereits am gestrigen Mittwoch für eine rasche Ernennung Barrosos ausgesprochen und auf die Handlungsfähigkeit der EU in Rezessionszeiten verwiesen.

Die tschechische EU-Ratspräsidentschaft will Barroso bei dem Gipfel vorerst nur “politisch” nominieren, um den Gesprächen mit dem Europaparlament nicht vorzugreifen. Eine Vorentscheidung dürfte am 25. Juni in Stockholm fallen. Dann sollen auf Einladung des tschechischen EU-Ratspräsidenten Jan Fischer und seines schwedischen Nachfolgers Reinfeldt die Fraktionschefs im EU-Parlament diese Frage erörtern. Sollte dabei eine Einigung auf Barroso gefunden werden, würde am 15. Juli nach der konstituierenden Sitzung des neuen EU-Parlaments der Kommissionspräsident für eine zweite Amtsperiode wiedergewählt werden.

Der bisherige Fraktionschef der EU-Sozialdemokraten, Martin Schulz, plädierte aber am Donnerstag für eine Verschiebung der Entscheidung. Barroso sei kein guter Kandidat. Es sollte eine “fortschrittliche Mehrheit” nach einem anderen Kandidaten gesucht werden und “das heißt nicht pro Barroso“. Jedenfalls werde es ohne die Stimmen der Sozialdemokraten im EU-Parlament keine Zustimmung für einen Bewerber zum Amt des Kommissionspräsidenten geben. Schulz sagte, sein Rat an den EU-Gipfel sei, keine Entscheidung zu fällen, “weder für einen Kandidaten, noch für ein Procedere.” Gegen eine Wiederwahl Barrosos haben sich bereits Grüne und Linke ausgesprochen.

Im Gegensatz zu Parteichef Faymann gibt es vom neuen SPÖ-Delegationsleiter im EU-Parlament, Jörg Leichtfried, keine Unterstützung für eine zweite Amtsperiode von Barroso. Er würde am 15. Juli im Europaparlament Barroso nicht wählen, sagte Leichtfried im Gespräch mit der APA.

Barroso selbst legte indes in einem Schreiben an die EU-Chefs die Grundzüge seines Programms für die nächsten fünf Jahre dar. Darin betonte er, “dass wir in Zeiten der Krise mehr denn je zuvor eine starke Europäische Union und eine starke Europäische Kommission brauchen”. Der EU-Gipfel soll auch in Grundzügen die Pläne der EU-Kommission für eine europäische Finanzmarktaufsicht billigen, Großbritannien drängt hier auf eine Abschwächung. Österreich wolle eine “stärkere europäische Integration in der Finanzmarktkontrolle”, betonte Pröll.

Der EU-Gipfel soll außerdem Irland das nationale Abtreibungsverbot, die Steuerhoheit sowie die militärische Neutralität garantieren und damit den Weg zu einer zweiten Volksabstimmung über den Lissabon-Vertrag frei machen. Unklar ist, ob diese Zusagen im EU-Recht verankert und werden sollen, was einer neuen Ratifizierung bedürfte. Dublin hat vorgeschlagen, dass dies gemeinsam mit dem EU-Beitrittsvertrag Kroatiens erfolgen könnte, der von allen 27 EU-Staaten ratifiziert werden muss. (Schluss) ths/jep/vos

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