“Wenn die verbleibenden Mitgliedstaaten der Europäischen Union im globalen Wettbewerb ihren Wohlstand halten möchten, kann die Devise nur lauten: Enger zusammenrücken in jenen EU-Themen, die nicht alleine gelöst werden können. Und andererseits den Menschen das Projekt eines starken, föderalen Europas in einer globalen Welt besser erklären”, so die erste Reaktion von Martin Ohneberg, Präsident der IV-Vorarlberg, auf das Brexit-Votum.
Die Auswirkungen auf Vorarlberg und die Vorarlberger Betriebe hält Ohneberg mittelfristig für überschaubar: “Natürlich sind einige Unternehmen aufgrund der Währungsdifferenzen und der vorübergehenden Unruhe auf den Finanzmärkten kurzfristig betroffen. Insgesamt sind die direkten Auswirkungen in den kommenden zwei Jahren, während die Modalitäten für den Ausstieg verhandelt werden, aber überschaubar. Entscheidend wird danach sein, dass sich die politischen Kräfte einer stärker wettbewerbsorientierten Ausrichtung der EU gegen die leider zunehmenden protektionistischen Positionen durchsetzen.”
Raiffeisen-Hopfner fordert harte Verhandlungen
Harte Verhandlungen mit Großbritannien fordert Raiffeisen-Landesvorstand und Ländle-Bankensprecher Wilfried Hopfner. Vorarlberg werde zwar betroffen sein – massive Auswirkungen erwartet er aber keine. Mit dem Abstimmungsergebnis hätte man zwar rechnen können – dass es aber tatsächlich so kommt, davon seien nur ganz wenige ausgegangen.
WKV-Steurer: “Auswirkungen derzeit nicht prognostizierbar”
“Das Ergebnis ist doch etwas überraschend, wenn auch zumindest damit gerechnet werden musste. Großbritannien ist für Vorarlberg in den letzten Jahren ein immer wichtigerer, mittlerweile der sechstwichtigste Handelspartner geworden. Die Exporte haben sich in den letzten Jahren sehr positiv entwickelt. Dabei waren Steigerungen sowohl bei den Warenexporten, wie auch beim Tourismus zu verzeichnen”: So kommentiert Helmut Steurer, der Direktor der Wirtschaftskammer Vorarlberg, den Ausgang der Abstimmung.
Auswirkungen seien zum jetzigen Zeitpunkt seriöserweise noch nicht prognostizierbar. Auf die Briten, so Steurer, komme nun aber sicherlich “eine Megaaufgabe” zu: “Sie müssen für ihre international orientierte Wirtschaft unendlich viele neue Handelsvereinbarungen verhandeln.” Im nun folgenden zweijährigen Austrittsprozess gebe es viele inhaltliche Fragen zu klären und Entscheidungen zu treffen. Denkbar seien hierbei eine WTO-Mitgliedschaft bis hin zu einer Schweiz- oder Norwegen-Lösung. “Folgen könnte der Brexit auf den freien Zugang Großbritanniens zum Binnenmarkt mit allen Konsequenzen haben”, erläutert Steurer.
Was das in Bezug auf Wirtschaftswachstum, Arbeitslosigkeit und den Finanzplatz London heißt, würde sich zeigen. Erst nach Klärung der wesentlichen Fragen würde man wissen, welche unmittelbaren Auswirkungen diese Entscheidung mit sich gebracht habe. Unmittelbar betroffen seien Unternehmen, die Produktionsstätten und Tochtergesellschaften in Großbritannien hätten. Es gebe Verunsicherung, allerdings – so Steurer – halte er die Auswirkungen auf die exportierende Wirtschaft langfristig eher für gering, spezifische Sektoren möglicherweise ausgenommen.
“Für die EU bedeutet es aber jedenfalls, dass sie die zweitgrößte Volkswirtschaft und den viertgrößten Nettozahler verliert. Zudem ist es ein Rückschlag für die sicherheitspolitische Belastbarkeit der EU. Neben den wirtschaftlichen Konsequenzen wird mit Folgen auf das politische Gleichgewicht in Europa zu rechnen sein“, schließt Steurer.
Liebherr: Möglicherweise Phase der Unsicherheit
Wolfgang Pfister, Marketingleiter und Pressesprecher bei Liebherr, betont ebenso, dass die Entscheidung der britischen Wähler zu akzeptieren sei. Großbritannien sei aus Sicht Liebherr einer der größeren Absatzmärkte. Das Ergebnis des Brexit-Votums könnte allerdings eine Phase der Unsicherheit zur Folge haben, die sich negativ auf das Investitionsklima im Lande auswirke. Die aktuelle Währungskurskonstellation GBP/EUR führt beispielsweise dazu, dass Liebherr-Maschinen und -Produkte, die nach Großbritannien geliefert werden, für Liebherrs dortige Kunden erst einmal teurer geworden sind.
Nun müssen zunächst die Bedingungen für den Personen- und Warenverkehr zwischen Großbritannien und den EU-Mitgliedern sowie anderen Staaten neu verhandelt werden. Bevor diese Rahmenbedingungen nicht im Detail definiert sind, könne sich Liebherr einstweilen zu konkreten Auswirkungen auf das Unternehmen nicht äußern.
Blum: “Unsicherheiten über weitere Entwicklung”
“Die Abstimmung im Vereinigten Königreich für einen Austritt aus der EU bringt große Unsicherheiten über die weitere Entwicklung in Europa”, so Gerhard E. Blum. Dies gelte sowohl in politischer, als auch in wirtschaftlicher Hinsicht. “Es bleibt nun abzuwarten, wie sich die Situation in den nächsten Monaten entwickeln wird.”
Wolford-COO/CFO Dreher: “Bin sehr betroffen”
“Die Entscheidung der Briten macht mich persönlich als Verfechter der europäischen Grundidee sehr betroffen. Als Unternehmer ist mir klar, dass wir bei Wolford von dieser Entscheidung in vielen Aspekten betroffen sein werden. Zum einen generieren wir über unser eigenes Retail aber auch über unsere Handelskativitäten im UK knapp 10% unseres Umsatzes, zum anderen haben wir zahlreiche britische Kollegen auch bei uns in Vorarlberg beschäftigt”, kommentiert Wolford-COO/CFO Axel Dreher den Entscheid der Briten.
Die Hürden, die im freien Verkehr von Waren, aber insbesondere auch für Menschen aufgebaut werden, stellten laut Dreher künftig sicherlich eine enorme Einschränkung dar.
Pfanner: Nachahmer könnten EU gefährden
Für Peter Pfanner, geschäftsführender Gesellschafter bei Pfanner, ist die Entscheidung der Briten nicht verständlich. Der Brexit habe aber vorerst keine direkten Auswirkungen auf das Unternehmen Pfanner. Er selbst sähe die große Gefahr darin, dass es Nachahmer geben könnte und die EU so Stück für Stück zerfalle.
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