VN: Herr Beyrer, was sagen Sie  zu den Studentenprotesten? Weisen Sie auf einen Reformbedarf  hin?
Beyrer: Dass es Handlungsbedarf  gibt, liegt auf der Hand. Die Forderungen aus dem Audimax sind zum Teil aber  diffus: Man kann doch nicht gegen Zugangsregelungen und gegen überfüllte Hörsäle  demonstrieren. Die Fragen lauten vielmehr: Wie kommen wir zu einer erstklassigen  Ausbildung? Wievielen Studenten kann ich eine solche anbieten? Das führt  natürlich dazu, dass ich den Zugang in irgendeiner Form regeln muss. Und  schließlich sollten die Studienbeiträge wieder eingeführt  werden.
VN: Die Studiengebühren decken  aber nicht einmal zehn Prozent der Kosten.
Das stimmt. Aber trotzdem  hatten die Beiträge eine erzieherische Wirkung: Man hat sich systematischer mit  der Studienwahl und viel stärker mit dem Studienfortgang beschäftigt.
VN: Was erwarten Sie nun von  der Politik? Die Bildungsmisere wird ja auch an den Schulen  deutlich.
Von der Politik erwarte ich mir  eine ganzheitliche Diskussion und ganzheitliche Lösungen. Wir müssen im gesamten  Bildungsbereich deutlich besser werden. Im internationalen Vergleich verlieren  wir an Boden. Und nur wenn wir die Kurve kriegen, können wir unseren  Wohlstandslevel halten. Wir haben ja keine nennenswerten Rohstoffe, wir können  nur mit unserer Brain-Power (geistigen Leistung)  punkten.
VN: Über die Schulen wird nun  immerhin im Zuge der Verwaltungsreform geredet.
Wir kritisieren schon lange,  dass in Österreich nur jeder zweite ins Schulsystem investierte Euro in der  Klasse ankommt. Das hat mit der föderal geprägten Schulverwaltung zu tun. Wir  sagen: Die Bezirksschulräte kann man abschaffen und die Landesschulräte in  Schul-Boards umorganisieren, also in Dienstleistungsstellen zur  Schulermöglichung. Die Schulen selbst sollten mehr Autonomie erhalten: Die  Direktoren sollten als echte Leiter eine Personal- und eine gewisse  Budgetverantwortung haben. Die Leistungen der Lehrenden sollten schließlich  regelmäßig einer externen Überprüfung unterzogen werden.
VN: Landeshauptmann Sausgruber  meint, eine Verwaltungsreform könnte 200 Millionen Euro bringen.
Im Milliardenbereich wird sich  das jedenfalls abspielen müssen.
VN: Und wann gehts  los?
Spätestens 2011 müssen wir mit  der Budgetkonsolidierung beginnen. Das heißt, dass wir ohnehin schon spät dran  sind, wenn wir Ende des heurigen, Anfang des nächsten Jahres mit der  Vorbereitung starten.
VN: Soll eine Reform durch eine  Konklave erzwungen werden?
Wenn die Bereitschaft der  Betroffenen da ist, sich zusammenzusetzen, bis sie eine Lösung gefunden haben,  dann kann ich dem etwas abgewinnen. Vorschläge liegen ja auf dem Tisch, man  müsste nur an die Umsetzung gehen. Die Themen sind mannigfach und reichen von  einer Zusammenlegung von Gemeinden, aber auch Bezirkshauptmannschaften, über das  Schul- und das Gesundheitssystem bis hin zum Pensionsbereich: Wir haben ein  faktisches Pensionsantrittsalter von nicht einmal 59. Der OECD-Schnitt beträgt  knapp 63. Und jedes Jahr, dass das faktische Pensionsalter unter dem  gesetzlichen liegt, kostet uns 1,2 Milliarden Euro.
VN: Was schlagen Sie  vor?
Wir müssen das faktische an das  gesetzliche Pensionsalter heranführen. Der erste Schritt dazu ist, dass wir die  Hacklerregelung so schnell wie möglich abschaffen; und zwar so, dass sie bis  2013 ausgelaufen ist. Dann müssen wir uns die Invaliditätspension anschauen.
VN: Das (gesetzliche)  Frauenpensionsalter beträgt 60, das der Männer 65.
Das war ein Sündenfall, dass  man die Angleichung kraft Verfassung bis 2033 hinausgeschoben hat. Das muss viel  früher geschehen.
VN: Wann?
Alles, was wesentlich früher  als dieser St. Nimmerleinstag ist, ist gut.
VN: Und das gesetzliche  Pensionsalter …
… wir stehen dazu, was wir  einmal gesagt haben: 67. Auch andere Länder sind dafür.
VN: Aktuell steht die  Pensionsanpassung 2010 an.
Die Pensionsanpassungen muss  man generell in einem Umfang gestalten, der das System nicht gefährdet. Das  Gesetz ist klar: eine Wertsicherung im Ausmaß des Verbraucherpreisindexes. Ein  eigener (Pensionisten-)Index ist abzulehnen.
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