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Italien taumelt: Börsenkurse auf Talfahrt - Angst vor neuer Eurokrise

Italien in schweren Turbulenzen.
Italien in schweren Turbulenzen. ©AP
Die Verunsicherung der Anleger über die politische Zukunft Italiens brockt den Finanzwerten des Landes den größten Kursrutsch seit mehr als einem Jahr ein. Auch der Euro gerät unter Druck.

Der italienische Bankenindex fiel am Montag nach anfänglichen Gewinnen um 4,8 Prozent. In seinem Sog gab der Leitindex der Mailänder Börse 2,2 Prozent nach. Italienische Staatsanleihen, die meist von den Banken des Landes gehalten werden, flogen ebenfalls in hohem Bogen aus den Depots. Dies trieb die Rendite der zehnjährigen Titel auf ein Dreieinhalb-Jahres-Hoch von 2,697 Prozent.

Kommt Technokraten-Regierung?

Nach der gescheiterten Regierungsbildung durch die europakritischen Parteien Fünf Sterne und Lega beauftragte Staatspräsident Sergio Mattarella den Wirtschaftsexperten Carlo Cottarelli mit der Bildung einer Technokraten-Regierung. “Eine solche dürfte aber nur übergangsweise die Amtsgeschäfte Italiens übernehmen, da die populistischen Kräfte einer Experten-Exekutive die Zustimmung untersagen würde”, warnte DZ-Bank-Analyst Daniel Lenz. “In dem Fall könnte Mattarella gezwungen sein, Neuwahlen auszurufen.” Aus diesen könnte die rechtsextreme Lega gestärkt hervorgehen.

Erneute Eurokrise?

Die möglichen Neuwahlen im Herbst würden die Aussichten für Italien aber nicht verbessern, fügte Lenz hinzu. “Ohne eine Lösung der politischen Krise in Italien wird auch Europa nicht in ruhigeres Fahrwasser einmünden können – die Gefahr einer Rückkehr der Euro-Staaten-Finanzkrise eingeschlossen.”

Euro stark unter Druck

Erneut hat die politische Unsicherheit in Italien den Eurokurs auf Talfahrt geschickt. Die europäische Gemeinschaftswährung fiel bis am Montagnachmittag bis auf 1,1608 US-Dollar. Dies war der niedrigste Stand seit November 2017. Im frühen Handel war er noch bis auf 1,1728 Dollar gestiegen. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Referenzkurs auf 1,1644 (Freitag: 1,1675) Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,8588 (0,8565) Euro.

Von dem vorläufigen Aus für eine eurokritische italienische Regierung aus Fünf-Sterne-Bewegung und Lega hatte der Eurokurs nur im frühen Handel profitiert. Staatspräsident Sergio Mattarella hatte sich geweigert, den Euro-Kritiker Paolo Savona zum Finanzminister zu ernennen. Jetzt soll zunächst eine Technokratenregierung gebildet werden. Bereits am Vormittag drückten die Sorgen über die wirtschaftspolitische Zukunft des Landes den Eurokurs wieder nach unten.

Ökonomen schauen voller Skepsis auf Italien

Ökonomen schauen mit großer Skepsis auf Italien. “Denn aus heutiger Sicht ist der Amtsantritt einer italienischen Regierung, die auf Konfrontationskurs zur EU geht und deren Regeln missachtet, nur aufgeschoben”, kommentierte Commerzbank-Volkswirt Ralph Solveen. Tatsächlich darf die rechtspopulistische Lega laut Umfragen bei Neuwahlen auf kräftige Stimmengewinne hoffen.

“Die politische Krise ist nicht gelöst und die Skepsis gegenüber Europa, aber auch den italienischen Institutionen, dürfte weiter wachsen”, schrieb Stefan Bielmeier, Chefvolkswirt der DZ Bank. “Vielen Investoren, die lange das Italien-Risiko unterschätzt haben, dürfte bewusst sein, dass die Probleme allenfalls aufgeschoben und nicht aufgehoben sind.” Ohne eine Lösung der Krise in der drittgrößten Volkswirtschaft der Eurozone sei auch eine Rückkehr der Eurostaatenfinanzkrise nicht ausgeschlossen.

(APA/Red.)

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