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Italien: Prodi ist Mitte-Links-Spitzenkandidat

Die Mehrheit der linksorientierten Wählerschaft Italiens hat Oppositionschef Romano Prodi offiziell zum Spitzenkandidaten des Mitte-Links-Blocks bei den Parlamentswahlen im kommenden Frühjahr gekürt.

Rund vier Millionen Italiener beteiligten sich an den erstmals in Italien abgehaltenen Vorwahlen nach dem Vorbild der „Primaries“ in den USA. Die Wahllokale in Parteisitzen, Turnhallen und Verbänden linksorientierter Organisationen wurden von Anhängern der Opposition geradezu gestürmt. Der Erfolg der Initiative übertraf die rosigsten Erwartungen der Organisatoren.

Prodi, der 1996 das Oppositionsbündnis „Ulivo“ aufgebaut hatte und seit der Rückkehr aus Brüssel nach seiner fünfjährigen Erfahrung als EU-Kommissionspräsident den Mitte-Links-Block anführt, gewann die Primärwahlen mit überwältigender Mehrheit. Über 70 Prozent der Stimmen entfielen auf den Wirtschaftsprofessor aus Bologna, der als Spitzenkandidat der Linken den amtierenden Regierungschef Silvio Berlusconi herausfordern wird. Mit den „elezioni primarie“ (italienisch für Vorwahlen, Anm.) hat Prodi die Legitimierung durch die Wählerbasis erhalten, denn er hat keine eigene Partei hinter sich und ist im Wesentlichen auf die Gunst der Linksdemokraten, der stärksten Partei im Oppositionsbündnis, angewiesen. Jetzt ist er der unbestrittene Chef des Oppositionsbündnisses.

„Das Ergebnis erlaubt es mir, diese Aufgabe mit Freude anzugehen“, kommentierte Prodi das Wahlergebnis. Sieben Politiker hatten sich um die Kandidatur beworben. Prodis stärkster Rivale, der Alt-Kommunist Fausto Bertinotti, kam abgeschlagen mit rund 16 Prozent der Stimmen auf Platz zwei. An der Vorwahl konnten alle Italiener teilnehmen, die eine Verwaltungsgebühr von einem Euro bezahlten und sich zu den Zielen des Mitte-Links-Bündnisses bekannten.

Die Opposition hatte eine umfassende Struktur für die Vorwahlen aufgebaut. Wählen konnten italienische Bürger über 18 Jahre und Ausländer, die seit mindestens drei Jahren in Italien leben und arbeiten. Wer den Mitte-Links-Kandidaten wählen wollte, musste einen Euro für die Organisationskosten zahlen und seine Wahlbescheinigung vorweisen. Außerdem musste er das Wahlprogramm des Oppositionsbündnisses „Projekt Italien“ unterschreiben.

Prodis Koalitionspartner begrüßten den Sieg des „Professore“. „Jetzt werden wir Berlusconi mit noch mehr Schwung besiegen. Die außerordentlich hohe Wahlbeteiligung ist eine große, demokratische Massenreaktion auf die Arroganz von Berlusconi, der das Wahlgesetz ändern wird, um eine Niederlage zu vermeiden“, kommentierte der Chef der Italienischen Kommunisten, Oliviero Diliberto. Die Mitte-Rechts-Regierungskoalition um Silvio Berlusconi bezeichnete die Vorwahlen im Oppositionsbündnis als „Maskerade“. „Prodi hat die Vorwahlen gewonnen, wird aber bei den Parlamentswahlen verlieren“, kommentierte der Spitzenpolitiker der rechten Alleanza Nazionale (AN), Maurizio Gasparri.

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