AA

Ist "Vertrauen besser als Kontrolle"? – Warum Vorarlberger ihren Standort teilen

Live-Standort tracken - ja oder nein?
Live-Standort tracken - ja oder nein? ©VOL.AT/Waanders/Mayer/Canva
Wer ständig weiß, wo der andere ist, lebt sicherer – oder doch überwachter? Zwischen Fürsorge und Kontrollwahn mischen sich Vorarlberger Erfahrungen – und Berufsdetektiv Uwe Marent schlägt Alarm.

Wer weiß, wo du gerade bist? Vielleicht deine Mama, dein Freund – oder gleich beide? Immer mehr Vorarlberger teilen ihren Standort mit Familie, Freunden oder Partnern. Aber warum eigentlich? Geht’s dabei wirklich nur um Sicherheit – oder doch ein kleines bisschen um Kontrolle? VOL.AT hat nachgefragt.

Video: Kontrolle oder Sicherheit?

Nadine aus Dornbirn: "Wir kontrollieren uns nicht"

Nadine aus Dornbirn. ©VOL.AT/Emilia Waanders

Nadine aus Dornbirn hat gleich mehrere Menschen, mit denen sie ihren Standort teilt: ihre Freundinnen und ihre Mama. Und das nicht etwa, weil sie sich ständig überwachen wollen – ganz im Gegenteil. "Wir kontrollieren uns nicht", betont sie lachend. Vielmehr geht es um ein gutes Gefühl, wenn man spätabends noch nach Hause spaziert. "Dann sieht man, ob jeder gut heimkommt." Praktisch war es auch schon mal, als ihr Handy abhandenkam: "Es war geklaut worden – und durch den geteilten Standort haben wir es wiedergefunden." In einer Beziehung hingegen sei das Teilen des Standorts für sie kein Muss. "Wenn die Beziehung gesund ist, weiß man sowieso, wo der andere ist."

Jannik aus Wolfurt: "Schadet nicht"

Jannik aus Wolfurt. ©VOL.AT/Emilia Waanders

Der 17-jährige Jannik aus Wolfurt handhabt das ähnlich. Er teilt seinen Standort mit der Familie und seiner Freundin – aus einem ganz simplen Grund: "Damit jeder weiß, wo ich bin, und dass es mir gut geht." Von Kontrollzwang könne keine Rede sein. Auch in seiner Beziehung sorge das nicht für Stress, sondern sei einfach da – ohne dass es groß thematisiert wird. "Ob es das Vertrauen stärkt, weiß ich nicht", meint er, "aber es schadet auch nicht."

Miki-Gino aus Dornbirn: "Macht aus Sicherheitsgründen Sinn"

Miki-Gino aus Dornbirn. ©VOL.AT/Mirjam Mayer

Miki-Gino hält vom ständigen Teilen des Standorts nicht viel – zumindest für sich selbst. "Nein, mit niemandem", sagt er knapp. Doch ganz ausschließen möchte er es nicht: Bei seiner achtjährigen Tochter könne er sich das gut vorstellen. "Sie geht jetzt alleine zur Schule – da macht das aus Sicherheitsgründen schon Sinn."

Für ihn als Vater sei es ein Vorteil, im Blick zu haben, wo sein Kind ist. "Man weiß ja nie heutzutage, was es für Menschen gibt", meint er nachdenklich. In einer Beziehung allerdings setzt Miki-Gino auf altmodische Werte: "Früher gab’s auch keine Standorte – und die Menschen haben’s trotzdem geschafft." Er lebt nach dem Motto: "Vertrauen ist besser als Kontrolle."

Matthias aus Altach: "Überhaupt kein Thema"

©VOL.AT/Mirjam Mayer

Ehemann und Vater Matthias versteht den Hype ums Standort-Teilen nicht ganz. "Das ist bei uns überhaupt kein Thema", sagt er und wirkt dabei nicht im Geringsten beunruhigt. Weder mit seiner Frau noch mit dem Kind wird aktuell irgendetwas getrackt – nicht aus Prinzip, sondern einfach, weil es bisher keinen Grund dazu gab. "Wir haben da noch nie wirklich drüber nachgedacht." Vertrauen ist für ihn die Basis – und solange das funktioniert, sieht er keinen Anlass, ständig nachzusehen, wer wo gerade steckt.

Natürlich, sollte das Kind älter werden und einmal alleine unterwegs sein, könne sich das ändern. "Aber bis jetzt wissen wir eigentlich immer, wo der andere umgeht – und wenn mal was sein sollte, findet man schon raus, wo wer ist." Kontrolle? Kommt vielleicht mal. Aber Vertrauen? Hat bis jetzt bestens gereicht.

Gloria aus Feldkirch: "Ich bräuchte seinen Standort gar nicht"

Auch Gloria aus Feldkirch hat einen Freund, mit dem sie ihren Standort teilt. Für sie ist das eine Mischung aus Sicherheitsnetz und praktischem Navi-Ersatz. "Wenn man sich irgendwo trifft und nicht genau weiß, wo – oder wenn man in einem fremden Land ist – dann ist es einfach praktisch." Vertrauen ist für sie in einer Beziehung sowieso da, der Standort ist, nur die digitale Draufgabe: "Ich bräuchte seinen Standort eigentlich gar nicht", sagt sie, "aber es ist schon interessant, ab und an mal zu schauen, wie weit er noch weg ist." Ein Kontrollinstrument ist das, für sie nicht – eher ein modernes "Wo bleibst du denn?", ganz ohne Drama.

Uwe Marent: "Förderlich für die Beziehung ist das nicht"

Uwe Marent. ©VOL.AT/Emilia Waanders

Berufsdetektiv Uwe Marent kennt die Schattenseite des Standort-Teilens nur zu gut: "Das ist bei vielen ein Thema. Vor allem bei Pärchen, die sich null vertrauen", erzählt er. Oft werde das Tracking heimlich eingesetzt – um zu kontrollieren, wo der Partner gerade ist und gleich nachzuhaken, warum er sich dort aufhält. "Förderlich für eine Beziehung ist das nicht", meint Marent und fügt schmunzelnd hinzu: "Wenn es wirklich der Sicherheit dient, sollte das Gegenüber zumindest auch davon wissen."

(VOL.AT)

  • VOL.AT
  • Vorarlberg
  • Ist "Vertrauen besser als Kontrolle"? – Warum Vorarlberger ihren Standort teilen