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Israel: Streit um Sharons Rückzugsplan

Der Streit im israelischen Kabinett über den geplanten Rückzug aus dem Gazastreifen könnte zu vorgezogenen Neuwahlen führen. Sharon drohte Minister zu entlassen.

Am Mittwoch verlautete aus Regierungskreisen, Neuwahlen in den kommenden drei bis vier Monaten seien „eine realistische Möglichkeit“. Israelische Truppen drangen unterdessen erneut ins Flüchtlingslager Rafah im Gazastreifen ein.

Die israelische Regierung ist in ihrer Haltung zu Sharons Rückzugsplänen tief gespalten. Der Ministerpräsident will alle 21 Siedlungen im Gazastreifen räumen lassen, wo rund 7.500 Israelis unter 1,3 Millionen Palästinensern leben. Im Westjordanland sollen vier kleinere jüdische Ortschaften aufgelöst, mehrere größere Siedlungsblöcke aber ausgebaut werden. Dieser Teil des Plans stößt bei den Palästinensern auf Ablehnung.

US-Präsident George W. Bush bestehe auf der uneingeschränkten Umsetzung von Sharons ursprünglichem Plan, sagte ein Sprecher der US-Botschaft in Jerusalem am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP. Auch der Sprecher der US-Botschaft, Paul Patin, sagte am Mittwoch, Bush unterstütze „den Abtrennungsplan, wie er am 14. April vereinbart wurde, und keinen anderen Plan“. Bush erteilte damit allen Kompromissvorschlägen, die in Israel diskutiert wurden, eine klare Absage. Patin sagte, er wisse „von keiner Veränderung, der der Präsident zugestimmt“ habe.

Sharons Likud-Partei sprach sich in einem Referendum Anfang Mai gegen die Räumung des Gazastreifens aus. Der Ministerpräsident legte dem Kabinett am Wochenende einen leicht überarbeiteten Plan vor, der einen Abzug in vier Phasen vorsieht. Über diesen soll am kommenden Sonntag abgestimmt werden. Bisher zeichnet sich im Kabinett aber keine Mehrheit für Sharon ab. Der Regierungschef hat bereits angekündigt, er wolle seinen Plan ungeachtet des Widerstands einiger Minister durchsetzen.

Wenige Tage nach ihrem Rückzug aus Rafah stießen die israelischen Streitkräfte am Mittwoch wieder in das palästinensische Flüchtlingslager an der Grenze zu Ägypten vor. Soldaten begannen mit der Zerstörung mehrerer Häuser, wie Augenzeugen berichteten. Nach Angaben der Streitkräfte suchten die Soldaten Tunnel, durch die Waffen von Ägypten in den Gazastreifen geschmuggelt werden könnten. Während der siebentägigen Offensive, die in der vergangenen Woche zu Ende ging, hatte die Armee 45 Palästinenser getötet und etwa 40 Häuser zerstört.

Nahe der jüdischen Siedlung Nezarim im Gazastreifen erschossen israelische Soldaten am Mittwoch in der Früh zwei Palästinenser. Die Männer hätten Granaten und einen Granatwerfer bei sich gehabt, hieß es.

Das israelische Justizministerium gab am Mittwoch außerdem die Festnahme von neun Grenzpolizisten bekannt, die im Westjordanland Palästinenser misshandelt und bestohlen haben sollen. Die meisten Übergriffe ereigneten sich nach Angaben des israelischen Rundfunks in einer palästinensischen Ortschaft in der Nähe der Grenze zu Israel. Erst am Dienstag war die Festnahme von drei Polizisten derselben Einheit bekannt geworden. Ihnen wird vorgeworfen, zwei palästinensische Jugendliche geschlagen und getreten zu haben.

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