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Israel setzt Luftoffensive fort

Trotz internationaler Appelle hat Israel eine sofortige Waffenruhe mit der Hamas abgelehnt und mit langwierigen Kämpfen gedroht.

“Es gibt keinen Raum für eine Waffenruhe”, sagte Innenminister Meir Shitrit am Dienstag. Erst müssten die palästinensischen Raketenangriffe gestoppt werden. Vizeverteidigungsminister Matan Vilnai sagte, die Armee sei auf wochenlange Kämpfe vorbereitet. Israel setzte die schweren Luftangriffe auf Regierungsgebäude der Hamas im Gazastreifen am Dienstag fort und erklärte zugleich, seine Truppen stünden für einen Einmarsch bereit.

 

Ob es sich um eine Drohung handelte oder tatsächlich eine Bodenoffensive geplant sei, ließ die Regierung zunächst offen. Das Grenzgebiet wurde bereits am Montag zu militärischem Sperrgebiet erklärt, daher gibt es keine unabhängigen Berichte über Truppenbewegungen.

Sowohl das Nahost-Quartett, dem neben der UNO auch Russland, die USA und die EU angehören, als auch die 27 EU-Außenminister wollten am Dienstag über die Eskalation der Lage im Nahen Osten beraten. Während EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner nicht zu dem EU-Treffen am Abend in Paris anreisen dürfte, nimmt der EU-Außenbeauftragte Javier Solana daran teil. Auch Außenminister Michael Spindelegger (V) fliegt in die französische Hauptstadt. Neben dem Aufruf zur Einstellung der israelischen Luftangriffe und des Raketenbeschusses durch die Hamas werde die EU eine Öffnung der Grenzen des Gazastreifens vorschlagen, die lebenswichtig für das Gebiet seien, hieß es aus Diplomatenkreisen.

Die EU-Kommission und UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon forderten einen sofortigen Waffenstillstand. Brüssel forderte, die Kampfhandlungen, “die schwere Folgen für die Zivilbevölkerung in Gaza haben”, müssten sofort eingestellt werden. Die Kommission mahnte zudem die Einrichtung von Schutzzonen für die Versorgung von Verletzten und die Verteilung von Hilfsgütern ein. Der Mangel an Hilfsmitteln sei “dramatisch”. Ban rief die internationale Gemeinschaft und die arabischen Staaten am Montagabend zu entschiedenem Handeln auf, um den Konflikt zwischen Israel und der Hamas zu beenden und kritisierte den Einsatz von Gewalt durch Israel als “unverhältnismäßig”.

Sechs Wochen vor den Parlamentswahlen in Israel stehen die Parteien unter großem Handlungsdruck, den palästinensischen Raketenangriffen ein Ende zu bereiten. Ministerpräsident Ehud Olmert sagte, die Luftangriffe seien “die erste von mehreren Phasen”, die vom Kabinett gebilligt worden seien. Oppositionsführer Benjamin Netanyahu sagte in einem Gespräch mit Reuters, er wolle die Hamas mit allen Mitteln bekämpfen und aus dem Gazastreifen vertreiben, sollte er als Sieger der anstehenden Parlamentswahl hervorgehen. “Wir müssen etwas unternehmen, damit dieses Hamas-Regime von der Bildfläche verschwindet.”

Israelische Botschaften und Organisationen wie die Österreichisch-Israelische Gesellschaft oder die Israelitischen Kultusgemeinden in Österreich unterstrichen Israels Recht auf Selbstverteidigung. Eine Wiederaufnahme des – vor eineinhalb Wochen von der Hamas für beendet erklärten – Waffenstillstandes komme für Israel nicht infrage, sagte auch die israelische Botschafterin bei der UNO, Gabriela Shalev, in New York.

Laut palästinensischen Angaben fielen am Dienstag zwölf Palästinenser dem israelischen Beschuss zum Opfer, darunter zwei Schwestern im Alter von vier und elf Jahren. Seit Samstag sind den schwersten Kampfhandlungen seit vier Jahrzehnten nach Angaben der palästinensischen Gesundheitsbehörde über 360 Menschen zum Opfer gefallen. Über 1.700 Menschen erlitten demnach Verletzungen. Unter den Todesopfern sind den Vereinten Nationen zufolge mindestens 64 Zivilpersonen. Bei Raketenangriffen militanter Palästinenser wurden am Montag vier Israelis getötet und acht verletzt.

Der ägyptische Präsident Hosni Mubarak erteilte unterdessen trotz steigenden Drucks aus der arabischen Welt einer Öffnung der Grenze zum Gazastreifen eine Absage. Der Übergang in Rafah werde nur geöffnet, wenn die Regierung des palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas die Kontrolle über den Grenzverkehr erhalte, sagte Mubarak. Man werde nicht “in die israelische Falle tappen”, und sich der Möglichkeit aussetzen, dass Israel die Verantwortung für Gaza an Ägypten abschiebt, sagte der in der arabischen Welt oft als “Verräter” gebrandmarkte Präsident sinngemäß. Gleichzeitig forderte Mubarak einen Stopp der Kampfhandlungen. Israel solle einen bedingungslosen Waffenstillstand akzeptieren.

Israel ließ am Dienstag nach Militärangaben 100 Lastwagen mit Hilfsgütern in den Gazastreifen. Das Rote Kreuz wollte noch am Abend mehr als zehn Tonnen medizinische Hilfsgüter von Genf in die Region fliegen. Unterdessen verhinderte die israelische Marine eine Hilfslieferung von Friedensaktivisten der US-Organisation “Free Gaza” in den palästinensischen Küstenstreifen. Sie rammte das Schiff “Dignity” – wobei es von den Aktivisten und der Marine widersprüchliche Angaben über die Ursache für den Zusammenstoß gab – und eskortierte es anschließend in Richtung zypriotische Gewässer. Zu Mittag lief das Schiff dann im libanesischen Hafen Tyrus ein, wo es von Dutzenden Menschen begrüßt wurde.

 

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