AA

Israel: Koalition erhält ultrarechten Flügel

Die von russischen Einwanderern getragene ultrarechte Partei "Israel Beiteinu" (Unser Haus Israel) unter der Führung von Avigdor Lieberman ist am Montag der israelischen Regierungskoalition beigetreten.

Der in Moldawien geborene frühere Likud-Politiker wird Vizepremier und Minister für „Strategische Bedrohung“; die Parlamentsabstimmung über seine Ernennung war für den späten Abend vorgesehen. Ministerpräsident Ehud Olmert ist unterdessen in das Blickfeld von Korruptionsermittlern gerückt. Die Polizei prüft Vorwürfe, der Premier habe im Vorjahr als Finanzminister beim Verkauf des Mehrheitsanteils an der Bank Leumi durch den Staat illegalen Einfluss ausgeübt. Staatspräsident Moshe Katzav widersetzt sich weiterhin der Aufforderung, angesichts der Ermittlungen wegen sexueller Nötigung von mehreren Frauen zurückzutreten, und betrachtet sich als „Opfer einer abscheulichen Verleumdungskampagne und medialer Lynchjustiz“.

Ministerpräsident Olmert, dessen Koalition nach dem Fehlschlag des Libanon-Feldzugs im Juli und August schwer in Bedrängnis geraten war, hatte in der vergangenen Woche das Bündnis zwischen seiner Kadima-Partei und Liebermans Partei vereinbart. Ziel ist eine Stabilisierung der Regierung, die damit über 78 der 120 Parlamentssitze verfügt. Die Vereinbarung hatte scharfe Kritik vor allem arabischer Parlamentarier ausgelöst. Lieberman hatte arabische Knesset-Abgeordnete im Mai mit „Nazi-Kollaborateuren“ verglichen, die „hingerichtet“ werden müssten. Die sozialdemokratische Partei der Arbeit (Haavoda) unter Vizepremier und Verteidigungsminister Amir Peretz hatte am Sonntagabend nach einer scharfen internen Kontroverse beschlossen, in der Koalition zu bleiben. Sein ursprüngliches Wahlversprechen, einen Teilrückzug aus dem besetzten Westjordanland vorzunehmen, kann Olmert mit Lieberman als Regierungspartner nicht verwirklichen, wie politische Beobachter in Jerusalem feststellten.

Die Vorwürfe gegen Olmert lauten, er habe im November 2005 die Bedingungen einer Ausschreibung für eine Privatisierung der Bank zu Gunsten befreundeter Geschäftsmänner geändert. Der Rechnungshof habe der Generalstaatsanwaltschaft nach einer Prüfung des Falls zur Einleitung polizeilicher Ermittlungen geraten, hieß es. Olmert hat die Vorwürfe als haltlos zurückgewiesen. Der Anteil an der Bank ging an die US-Investorengruppe Cerberus-Gabriel. Im vergangenen März waren Korruptionsermittlungen gegen Olmert in Zusammenhang mit der Vermietung des Jerusalemer Hauses des Regierungschefs eingestellt worden.

Die Zeitung „Haaretz“ berichtete unter Berufung auf Katzavs Anwalt, der Staatspräsident wolle bis zu einer Anhörung beim Generalstaatsanwalt Menachem Mazuz im Amt bleiben. Dies bedeute, dass Katzav vermutlich im kommenden halben Jahr nicht zurücktreten werde. Er betrachte sich als „Opfer einer abscheulichen Verleumdungskampagne und medialer Lynchjustiz“, erklärte das Staatsoberhaupt laut einem vom Präsidialamt herausgegebenen Kommuniqué. Für eine Amtsenthebung des Staatspräsidenten müssten 90 der insgesamt 120 Knesset-Abgeordneten votieren. Mazuz hatte Katzav den vorübergehenden Verzicht auf die Ausübung seines Amtes vorgeschlagen. Die Polizei hatte nach Abschluss der Ermittlungen vor zwei Wochen der Staatsanwaltschaft Anklageerhebung gegen Katzav wegen Vergewaltigung, sexueller Nötigung mehrerer Frauen sowie Korruption im Amt empfohlen. Katzav erklärte in einem Schreiben an den Obersten Gerichtshof: „Ich bin vollkommen von meiner Unschuld und meinem Recht überzeugt“. Von seinen sieben Amtsvorgängern ist nur einer vorzeitig zurückgetreten: Ezer Weizman, der im Jahr 2000 die Konsequenzen aus einem Korruptionsskandal zog.

Das israelische Militär will seine Offensive im Gaza-Streifen ausweiten. In den kommenden Tagen solle über das weitere Vorgehen entschieden werden, sagte Ministerpräsident Olmert am Montag vor dem Außen- und Verteidigungsausschuss der Knesset in Jerusalem. Das teilte die Likud-Abgeordnete und frühere Erziehungsministerin Limor Livnat mit. Die israelische Offensive im palästinensischen Gaza-Streifen hatte Ende Juni begonnen, nachdem ein israelischer Soldat von palästinensischen Extremisten entführt worden war. Seither wurden nach Angaben von Olmert bisher etwa “300 Hamas-Mitglieder“ von der israelischen Armee im Gaza-Streifen getötet.

Nach israelischen Fernsehberichten soll es in London zu einem geheimen Treffen israelischer Unterhändler mit Hamas-Vertretern gekommen sein. Zu den Teilnehmern hätten der israelische Reserve-General und frühere Generalstabsstratege Shlomo Brom und Ahmed Youssef, ein enger Mitarbeiter des palästinensischen Ministerpräsidenten Ismail Haniyeh, gehört, berichtete am Sonntagabend das öffentliche Fernsehen. Organisiert habe das Treffen Alister Crook, ein früherer Leiter des britischen Geheimdienst MI-6, hieß es.

Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas (Abu Mazen) bereitet sich unterdessen offenbar auf eine Verschärfung des Konflikts mit der regierenden Hamas vor. Aus palästinensischen Kreisen war am Wochenende verlautet, Abbas habe Israel um Erlaubnis gebeten, Soldaten für die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) aus Jordanien zu rekrutieren. Die Hamas gehört nicht zur PLO, deren stärkste Komponente die Fatah von Abbas ist.

  • VOL.AT
  • Welt
  • Israel: Koalition erhält ultrarechten Flügel