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Israel erlaubt Palästinensern Wahlkampf

Zwei Wochen vor der geplanten palästinensischen Parlamentswahl hat Israel am Montag die Wahlkampfführung in Ost-Jerusalem erlaubt. Davon ausgeschlossen sind Kandidaten der radikalen Hamas.

Am fünften Tag nach seinem schweren Schlaganfall hat Ministerpräsident Ariel Sharon am Montag erstmals wieder selbstständig geatmet. Dies galt als Hinweis auf ein Funktionieren seines Gehirns, dessen Schädigungsausmaß noch unklar ist.

Auf Anweisung der israelischen Führung werde den Palästinensern die Wahlkampferlaubnis „unter Bedingungen“ erteilt, bestätigte ein israelischer Polizeisprecher. Jeder, der in Jerusalem Wahlwerbung betreiben wolle, benötige dafür eine polizeiliche Genehmigung. „Wer sich auf die Hamas beruft, wird sie selbstverständlich nicht erhalten“, sagte Sicherheitsminister Gideon Ezra im israelischen Rundfunk. Die Regierung habe entschieden, Kandidaten den Wahlkampf zu erlauben, die nicht für gewalttätige Gruppen wie die Hamas antreten.

Ost-Jerusalem wurde von Israel 1967 im Sechs-Tage-Krieg erobert und später ohne völkerrechtliche Wirksamkeit annektiert. Bei der ersten palästinensischen Parlaments- und Präsidentenwahl 1996 und auch bei der Präsidentenwahl im Jänner 2005 waren Wahlveranstaltungen im Ostteil der Stadt möglich. Die israelische Polizei hatte am vergangenen Dienstag eine Veranstaltung der palästinensischen Abgeordneten und Ex-Ministerin Hanan Ashrawi in Ost-Jerusalem gestoppt. Die US-Regierung hatte daraufhin eine Vermittlungsmission angekündigt, die wegen Sharons Schlaganfall verschoben werden musste. Die US-Unterhändler Elliott Abrams vom Nationalen Sicherheitsrat und David Welch vom Außenministerium in Washington sollten zu Gesprächen nach Israel reisen. Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat sagte am Montag, die USA „spielen eine große Rolle“ dabei, Israel von einer Teilnahme der Ost-Jerusalemer an der Wahl zu überzeugen.

Präsident Mahmoud Abbas und Premier Ahmed Korei hatten mehrmals mit einer Absage der Wahl gedroht, falls Israel den Palästinensern in Ost-Jerusalem die Teilnahme daran verbieten sollte. Mehr als dreißig EU-Wahlbeobachter unter Leitung der belgischen Europaabgeordneten Véronique de Keyser haben in der Vorwoche mit ihrem Einsatz im Westjordanland und Gaza-Streifen begonnen. Die Hamas hat sich inzwischen erstmals offen zu der Möglichkeit geäußert, die nächste palästinensische Regierung zu bilden. Hamas-Spitzenfunktionär Mahmoud Zahar bejahte am Wochenende die Frage, ob nach der Wahl die Zeit reif sein könnte für eine Regierung unter Führung der Hamas.

Papst Benedikt XVI. hat das Recht Israels betont, „friedlich und in Übereinstimmung mit den Regeln des internationalen Rechts zu leben“. Beim Neujahrsempfang für das beim Heiligen Stuhl akkreditierte Diplomatische Corps sagte der Papst am Montag, dass das palästinensische Volk das Recht habe, „die eigenen demokratischen Institutionen für eine freie und wohlhabende Zukunft zu entwickeln“. Die Beziehungen zwischen dem Vatikan und Israel waren Ende Juli vorigen Jahres auf einem Tiefpunkt, nachdem die Regierung Sharon dem neuen Papst vorgeworfen hatte, nicht israelischer Terroropfer gedacht zu haben. Der Vatikan verwies seinerseits auf israelische Völkerrechtsverstöße in besetzten Gebieten. Der verstorbene Papst Johannes Paul II. hatte den Bau der israelischen Sperranlage im Westjordanland wiederholt kritisiert.

Sharon atmet nach einer Verringerung der Narkosemittel wieder selbstständig. Der Leiter der Hadassah-Krankenhauses Ein Kerem in Jerusalem, Shlomo Mor-Yosef, sagte am Montag, Sharons Zustand sei aber immer noch ernst. Die Verringerung der Narkose sei ein langsamer Prozess, der Stunden oder Tage dauern können. Die Ärzte hatten am Morgen beschlossen, das künstliche Koma langsam zu beenden. Erst dann könnte man das Ausmaß des Schadens einschätzen, den das Gehirn bei dem Schlaganfall am Mittwochabend und den darauf folgenden Hirnblutungen erlitten hat.

Familienangehörige Sharons machen nach Informationen der Tageszeitung „Yedioth Ahronoth“ die Likud-Politikerin und Erziehungsministerin Limor Livnat für den schweren Schlaganfall des Ministerpräsidenten verantwortlich. Die Ministerin habe den Regierungschef öffentlich wegen dessen angeblicher Verwicklung in eine Korruptionsaffäre angegriffen, Sharon sei über die Aussagen seiner einstigen Parteigenossin „tief schockiert“ gewesen.

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