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Islamisten wollen Schweine ausrotten

Obwohl es in der Arabischen Welt keinen Grippefall gibt, ist eine heftige Diskussion entbrannt. Denn glaubensstrenge muslimische Politiker wittern nun eine günstige Gelegenheit, um den ungeliebten Ringelschwanzträgern den Garaus zu machen.

Dennoch hat die Krankheit in der Region eine heftige Debatte ausgelöst, die teilweise groteske Züge trägt. Für Muslime gelten die Schweine als unreine Tiere, die nicht gegessen werden dürfen. Jetzt wollen streng gläubige Politiker, die Tiere ganz loswerden. Dass alle international anerkannte Experten sagen, die Krankheit werde gar nicht vom Schwein auf den Menschen, sondern von Mensch zu Mensch übertragen, ficht sie in ihrer Anti-Schwein-Kampagne nicht an.

“Die Schweinegrippe ist gefährlicher als die Wasserstoffbombe!”, warnt die ägyptische Muslimbruderschaft am Dienstagabend auf einem Gesundheitssymposium in Kairo. Kurz zuvor hat ihre Parlamentsfraktion gemeinsam mit den Abgeordneten der Nationaldemokratischen Partei (NDP) von Präsident Husni Mubarak für eine Empfehlung gestimmt, die vorsieht, dass unter Aufsicht des Landwirtschaftsministeriums binnen weniger Tage alle 350.000 Schweine des Landes getötet werden sollen. In einigen Provinzen wurden schon Dutzende Schweine gekeult. Die Züchter, die alle der christlichen Minderheit angehören, sollen vom Staat für die getöteten Tiere finanziell entschädigt werden.

Doch entweder trauen die Schweinebesitzer dem Braten nicht, das Geld reicht ihnen nicht, oder sie wollen sich partout nicht von ihren Tieren trennen. Denn diese liefern ihnen nicht nur Schinken, sondern fressen auch den organischen Abfall aus den stinkenden Gassen der Müllsammler-Viertel von Kairo. Die Zeitung “Al-Masry Al-Yom” berichtet in ihrer Ausgabe vom Mittwoch, einige Schweinezüchter hätten ihre Tiere aus Angst vor den Todesspritzen der staatlichen Veterinäre in die Wüste getrieben, um sie dort zu verstecken.

Um die Angehörigen der christlichen Gemeinden, zu denen rund neun Prozent der ägyptischen Bevölkerung gehören, dazu zu bringen, ihre Schweine im Dienste der Gesundheitsvorsorge zu opfern, sollen Regierungsvertreter auch schon bei der koptischen Kirchen angeklopft haben. Die Priester wollen das Schwein aber noch nicht auf die “Schwarze Liste” setzen.

Gesundheitsminister Hatem al-Gabali warnt jetzt davor, die notwendige Debatte über die Gefahren der Schweinegrippe auf eine Kampagne gegen das Schwein zu reduzieren. “Es geht nicht nur um das Schwein”, zitiert die staatliche Nachrichtenagentur MENA den Minister. Al-Gabali schließt zwar nicht aus, dass Ägyptens Schweine demnächst die Wohnviertel verlassen müssen oder möglicherweise sogar gekeult werden. Gleichzeitig ermahnt er seine Landsleute jedoch, sich durch häufiges Händewaschen vor Grippeviren zu schützen. Auch sollen sie auf die Tradition der Begrüßungsküsse verzichten, die in Ägypten sowohl unter Muslimen als auch unter den Christen weit verbreitet sind ist. Gegen diese Küsse haben normalerweise weder die koptischen Priester noch die muslimischen Geistlichen etwas einzuwenden. Denn üblicherweise küssen sich nur Frauen untereinander und Männer untereinander.

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