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Iranische Polizei löste Trauerfeier gewaltsam auf

Die iranische Polizei hat eine Gedenkfeier für die Opfer der Proteste nach der umstrittenen Präsidentenwahl am Donnerstag massiv behindert und schließlich frühzeitig beendet.

Oppositionsführer Mir-Hossein Moussavi und der ebenfalls unterlegene Präsidentschaftskandidat Mehdi Karroubi wurden daran gehindert, ans Grab der getöteten Demonstrantin Neda Agha Soltan zu gelangen. Ein Großaufgebot an Sicherheitskräften ging laut Augenzeugen mit Knüppeln gegen die über tausend Menschen vor, die sich trotz eines Verbots der Revolutionsgarden auf dem Teheraner Behesht-e-Zahra-Friedhof versammelt hatten. Unter den Festgenommenen war auch der regierungskritische iranische Filmregisseur Jafar Panahi.

Die Musikstudentin Neda ist zur Symbolfigur der Protestbewegung gegen die umstrittene Wiederwahl von Präsident Mahmoud Ahmadinejad geworden, nachdem ihr gewaltsamer Tod gefilmt und ins Internet gestellt wurde. Der Donnerstag war der 40. Tag nach ihrem Tod, an dem nach islamischer Tradition stets Gedenkfeiern stattfinden. Die Oppositionsanhänger versammelten sich dazu auf dem Friedhof im Süden von Teheran.

Eine Gedenkfeier für die Opfer der Proteste in einer zentralen Moschee war zuvor verboten worden, dennoch versammelten sich am Donnerstag tausende Menschen dort. Wie Augenzeugen berichteten, strömten rund 3.000 Menschen zum Mossala-Gelände, einem zentralen Gebetsort in der iranischen Hauptstadt. Die Polizei versuchte demnach, die Demonstranten zu vertreiben, hunderte Autofahrer begannen aus Protest ein Hupkonzert.

Auf dem Friedhof im Süden Teherans gelang es Moussavi offenbar nach seiner Ankunft, aus seinem Auto auszusteigen und bis zu Nedas Grab zu gehen. Nach wenigen Augenblicken wurde er jedoch von Polizisten umstellt und wieder in sein Auto geführt. Seine Anhänger riefen daraufhin seinen Namen, skandierten “Tod dem Diktator” und warfen Steine. Nachdem die schwer bewaffneten Sicherheitskräfte die Demonstranten vertrieben hatten, die den Wagen umringten, fuhr der Oppositionspolitiker davon. Die anderen Trauernden zogen sich danach in kleinen Gruppen zurück, wie der Zeuge sagte. Karroubi wurde bereits bei seinem Eintreffen eingekesselt.

Zu den Festnahmen war von offizieller Seite zunächst kein Kommentar zu erhalten. Wie Panahis Familie mitteilte, wurden der international bekannte Regisseur, seine Frau und ihre gemeinsame Tochter auf dem Friedhof festgenommen. Panahi hatte im Jahr 2000 beim Filmfestival in Venedig den Goldenen Löwen für seinen Film “Dayereh” (Der Kreis) erhalten. 2006 bekam er bei der Berlinale den Silbernen Bären für “Offside”. Trotz des internationalen Erfolgs Panahis fielen seine Filme im Iran meist der Zensur zum Opfer.

Zu einem Lichtermeer für die Opfer der Proteste im Iran hat auch die “Gemeinschaft zur Unterstützung für die Rechte aller Iraner” aufgerufen. Es soll am heutigen Donnerstagabend (19:00 Uhr) vor der UNO-City in Wien-Donaustadt stattfinden. “Der Ruf nach Demokratie, Freiheit und Menschenrechte im Iran darf auch Wochen nach den manipulierten Präsidentenwahlen nicht verstummen”, mahnte die Gruppe in einer Mitteilung.

Der frühere iranische Präsident Mohammad Khatami warf den Justizbehörden unterdessen “Verbrechen” gegen inhaftierte Regierungsgegner vor. Die Schließung eines Gefängnisses sei nicht wegen mangelnder Hygiene angeordnet worden, erklärte der reformorientierte Politiker am Donnerstag auf seiner Internetseite. “Nein. Es wurden Verbrechen begangen. Menschenleben gingen verloren”, fügte Khatami hinzu. Am Montag hatte der oberste geistliche Führer Ayatollah Ali Khamenei angeordnet, ein Gefängnis im Süden der iranischen Hauptstadt Teheran wegen nicht erfüllter “Standards” zu schließen. Zuvor hatte es Berichte darüber gegeben, dass zwei Demonstranten im Gefängnis ums Leben gekommen seien.

US-Außenministerin Hillary Clinton forderte die iranische Regierung auf, die festgenommenen Demonstranten aus den Gefängnissen zu entlassen. Es sei “zwingend” für die iranischen Behörden, die politischen Gefangenen freizulassen, sagte Clinton in Washington. Die Berichte über die andauernde Haft und die Misshandlungen politischer Gefangener zeige, dass die politische Krise im Iran nicht gelöst sei.

Nach Berichten amtlicher Medien wurden bei den Protesten zwischen 1.000 und 2.000 Menschen verhaftet, die meisten von ihnen wurden jedoch inzwischen wieder freigelassen. Rund 250 sind nach offiziellen Angaben weiter im Gefängnis. Am Samstag soll der erste Prozess gegen 20 Inhaftierte starten. Ihnen werden unter anderem Gewalt gegen Sicherheitskräfte und Waffenbesitz vorgeworfen.

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