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Irak von weiteren Anschlägen erschüttert

Bei zwei Anschlägen auf das irakische Innenministerium sind am Montag laut Krankenhausangaben 16 Menschen getötet worden. Mehr als 20 weitere Personen wurden verletzt.

Zuerst sprengte sich nach Polizeiangaben ein Selbstmordattentäter an einem Hintereingang des Gebäudes in die Luft, kurz darauf schlugen zwei Mörsergeschosse nahe dem Ministerium ein. Die Anschläge ereigneten sich nur wenige hundert Meter entfernt von einer Feier zum 84. Jahrestag der Gründung der irakischen Polizei, bei der auch US-Botschafter Zalmay Khalilzad anwesend war.

Sunnitische Aufständische sehen in dem Ministerium eine Einsatzzentrale schiitischer Milizen. Im November hatten US-Soldaten einen vom Innenministerium betriebenen Bunker entdeckt, in dem 170 Menschen gefangen gehalten wurden. Die meisten von ihnen waren Sunniten. Viele waren augenscheinlich misshandelt und gefoltert worden. Ebenfalls in Bagdad erschossen am Montag Angreifer ein Mitglied der Kommission zur Entbaathifizierung und verletzte zwei weitere, berichtete die Polizei. Auch ein Offizier des irakischen Geheimdienstes und ein Arzt seien bei weiteren Angriffen getötet worden. Am Sonntagabend seien in Bagdad fünf gefesselte und erschossene Menschen gefunden worden. In Kirkuk im Norden wurde ein Ermittlungsrichter erschossen.

Die Kundmachung des Endergebnisses der Parlamentswahl vom 15. Dezember verzögert sich weiter. Die Wahlkommission teilte am Montag mit, der Untersuchungsbericht zu den Beschwerden über den Ablauf der Wahl könne nicht wie angekündigt noch am selben Tag veröffentlicht werden. Einige Akten müssten noch geprüft werden. Insgesamt waren 1800 Beschwerden eingereicht worden, darunter 50 über eine angebliche Manipulation der Ergebnisse. Er hoffe, dass der Bericht am Samstag vorgelegt werden könne, sagte ein Vertreter der Wahlkommission.

Die Parteienverhandlungen über die Regierungsbildung verzögern sich dadurch weiter. Parallel zur nationalen Wahlkommission prüft auch eine internationale Kommission Beschwerden und Anfechtungen von Parteien. Die Überprüfung der zahlreichen Beschwerden gilt als Voraussetzung dafür, dass die arabisch-sunnitischen Parteien das Resultat akzeptieren und sich an einer künftigen „Regierung der nationalen Einheit“ beteiligen.

Ursprünglich hatte es geheißen, das Wahlergebnis solle Anfang Jänner feststehen. 42 sunnitische und säkulare Parteien wollten die bisher vorliegenden Teilresultate nicht anerkennen. Demnach hat das religiöse Schiiten-Bündnis „Vereinigte Irakische Allianz“, das von dem pro-iranischen „Obersten Rat für die Islamische Revolution“ (SCIRI) von Abdulaziz al-Hakim und der Dawa-Partei von Premier Ibrahim al-Jaafari dominiert wird, die Wahl gewonnen.

Nach der Freilassung des französischen Ingenieurs Bernard Planche am Wochenende kursierten widersprüchliche Berichte über dessen Flucht. Am Montag hieß es, dass der Mann aus dem Fenster eines Bauernhofes zu den Koalitionstruppen geflohen sei. Die irakische Polizei hatte zuvor erklärt, der Franzose sei an einer Kontrollstelle im Westen von Bagdad aus einem Auto gestoßen worden.

In London forderte unterdessen der frühere UNO-Militärkommandant in Bosnien, Sir Michael Rose, ein Amtsenthebungsverfahren gegen den britischen Premier Tony Blair wegen des Irak-Kriegs. Mit einer Begründung in den Krieg zu ziehen, die sich als haltlos erweise, sei etwas, „mit dem niemand so einfach davonkommen sollte“, sagte Rose der BBC mit Bezugnahme auf die Argumentation der britischen Regierung vor dem Krieg, der Irak würde Massenvernichtungswaffen besitzen.

Das Außenministerium in Wien setzt sich für die Freilassung des im kurdischen Autonomiegebiet im Nordirak inhaftierten österreichischen Staatsbürgers Kamal Said Qadir ein. Nach den Informationen, über welche das Außenamt derzeit verfüge, sei Qadir zu 25 Jahren Haft verurteilt worden, sagte ein Sprecher des Ministeriums, der von einem „unangemessenen Urteil“ sprach. Mit den diesbezüglichen Bemühungen sei insbesondere die österreichische Sondergesandte Gudrun Harrer befasst. Der 48-Jährige war im Dezember von einem Gericht in Arbil wegen „Entehrung der kurdischen Führung und ihres Kampfes“ verurteilt worden. Laut Auskunft seiner Schwester ist er seit Ende des Jahres im Hungerstreik, wie der „Verband für Krisenhilfe und solidarische Entwicklungszusammenarbeit“ (WADI) berichtete. Qadir hatte den Chef der kurdischen Autonomiebehörde und der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP), Massud Barzani, in einem offenen Brief scharf angegriffen.

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