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Irak: Saddam-Prozess vertagt

Das irakische Sondertribunal hat das Verfahren gegen den ehemaligen Machthaber Saddam Hussein auf Dienstag vertagt.

Nach einem wiederholten Boykott des Verfahrens ist der ehemalige irakische Machthaber Saddam Hussein am Montag unter Zwang dem Sondertribunal in Bagdad vorgeführt worden. Er und seine Mitangeklagten störten daraufhin den Auftakt des Prozesstages mit lautstarken Zwischenrufen und Beschimpfungen des Gerichts. Ihre Anwälte nahmen weiterhin nicht an dem Verfahren teil. Nach rund drei Stunden vertagte das Gericht die Sitzung auf Dienstag.

Das Sondertribunal wurde zur Verfolgung von Verbrechen eingerichtet, die während Saddam Husseins jahrzehntelanger Herrschaft begangen wurden. Es ist auch unter ausländischen Juristen umstritten, ob es internationalen Standards genügt.

„Das ist kein Gericht, das ist ein Spiel“, brüllte Saddam Hussein zum Höhepunkt seiner Tiraden. Er und sein Halbbruder Barzan al-Tikriti unterbrachen den Vorsitzenden Richter Raouf Abdel Rahman immer wieder, als dieser versuchte, den Prozesstag zu eröffnen. Der irakische Ex-Präsident schimpfte, er sei unter Zwang in den Gerichtssaal gebracht worden und forderte von dem Richter: „Machen Sie von Ihrem Recht Gebrauch und verurteilen Sie mich in Abwesenheit!“ Al-Tikriti weigerte sich schließlich, auf seinem Sessel Platz zu nehmen, und setzte sich unmittelbar davor mit dem Rücken zum Gericht auf den Boden.

Auch zwei Vertraute des irakischen Ex-Machthabers wurden nach eigenen Angaben zwangsweise als Zeugen vorgeführt. Beide verweigerten die Aussage. Ahmed Khudayir, Saddam Husseins ehemaliger Bürochef, der als erster Zeuge am Montag aussagen sollte, sagte: „Ich akzeptiere es nicht, hier als Zeuge vorgeladen zu werden.“ Er sei mit verbundenen Augen und Handschellen zum Gericht gebracht worden.

Khudayir bestand darauf, Saddam Hussein weiterhin als Präsidenten des Irak zu bezeichnen und erklärte, sich an nichts erinnern zu können. Er ist neben anderen hochrangigen Vertretern des früheren Regimes vorgeladen. Auch der zweite Zeuge des Prozesstages, Hassan al-Obeidi – Geheimdienstdirektor von 1980 bis 1991 – sagte nicht aus.

Die Staatsanwaltschaft will nachweisen, dass die Befehlskette im angeklagten Fall bis hinauf zu Saddam Hussein und seinen sieben Mitangeklagten reichte. Sie müssen sich im Zusammenhang mit der Hinrichtung von 148 Bewohnern der schiitischen Kleinstadt Dujail im Jahr 1982 verantworten. Der Anklage zufolge wurden zudem Hunderte von Frauen und Kindern aus dem Ort jahrelang in Internierungslagern in der Wüste festgehalten.

Saddam Hussein hat auch die bisherigen Prozesstage dazu genutzt, mit Zwischenrufen und lautstarker Kritik den Verlauf des Verfahrens zu stören. Abdel Rahmans Vorgänger im Vorsitz des Tribunals zog sich von der Aufgabe zurück, als die Vorwürfe lauter wurden, er lasse dem ehemaligen Machthaber zu viel Spielraum. Der neue Vorsitzende schlug daraufhin einen härteren Ton gegenüber den Angeklagten an. In der Folge begannen diese, die Verhandlung zu boykottieren. Die Staatsanwaltschaft erklärte zuletzt jedoch, ihr gehe die Geduld mit den Angeklagten aus und sie werde deren Teilnahme erzwingen.

Das Sondertribunal wird von der irakischen Regierung und den USA als wichtiger Schritt betrachtet, um die Verbrechen Saddam Husseins aufzuarbeiten und vor allem die jahrzehntelange Unterdrückung von Schiiten und Kurden im Land zu sühnen. Rechtsexperten haben allerdings davor gewarnt, dass die schwierige Sicherheitslage im Land und die mangelnde Internationalität des Verfahrens dessen Neutralität beeinträchtigen könnten.

Unterdessen riss am Montag im Osten Bagdads ein Selbstmordattentäter mindestens acht Menschen mit in den Tod, etwa 30 Personen wurden verletzt. Der Mann sprengte sich in einer Menschenansammlung vor einer Bank im Stadtteil Neu-Bagdad in die Luft, wie Polizeisprecher Ali Abbas mitteilte. Die Menschen warteten dort auf die Ausgabe von Schecks, die die Regierung als Ersatz für unvollständige Lebensmittelrationen versprochen hatte.

Bei weiteren Anschlägen und Überfällen kamen am Montag mindestens acht Menschen ums Leben. Bereits am Sonntagabend war bei einem Anschlag auf einen Konvoi mit Treibstofflieferungen für die US-Streitkräfte ein pakistanischer Lastwagenfahrer getötet worden, wie ein Militärsprecher am Montag mitteilte.

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