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Irak-Folterfotos: Blair in Bedrängnis

Neue Fotos mit Aufnahmen von Folterungen irakischer Gefangener durch britische Soldaten im Irak bringen britischen Presseberichten zufolge die Regierung von Premier Tony Blair in Bedrängnis.

Sie könnten zudem die im Irak stationierten Truppen zusätzlich gefährden, hieß es. Mehrere Zeitungen veröffentlichten am Mittwoch Bilder, die an die Folterfotos von US-Soldaten im Bagdader Gefängnis Abu Ghraib erinnern.

Die Fotos sind Teil der Anklage gegen drei britische Soldaten, gegen die gegenwärtig wegen des Verdachts der Misshandlung irakischer Gefangener vor einem Militärgericht auf einem britischen Militärstützpunkt in Osnabrück in Deutschland verhandelt wird. Die drei Soldaten haben sich für nicht schuldig erklärt.

„Schande“ und „Schock“ lauteten einige der Überschriften über den Bildern, auf denen nackte Iraker zu sehen sind, die offenbar sexuelle Handlungen simulierten. Auf anderen Fotos werden Gefangene offenkundig geschlagen und misshandelt.

Anders als im Fall Abu Ghraib gibt es bisher keine Vorwürfe systematischer Folter bei den britischen Truppen. Dennoch dürften die Bilder zu einem Wutausbruch in der arabischen Welt führen und den Ruf der britischen Armee beschmutzen, schreibt die „Times“.

Die „Financial Times“ sieht aus dem Skandal neue politische Risiken für Blair erwachsen, dessen enge Allianz mit den USA im Irak-Krieg bei der Mehrheit der Briten auf Kritik gestoßen war. Die Debatte über den Irak-Krieg könnte nun wieder angefacht werden und Labour-Wähler weniger als vier Monate vor den erwarteten Wahlen in Großbritannien gegen die Regierung aufbringen, hieß es.

Nach Auffassung der „Daily Mail“ ist der angerichtete politische Schaden enorm: Die Fotos straften die moralische Argumentation für den Krieg Hohn, der „im Namen der Demokratie, Freiheit und Menschenrechte geführt wurde“.

Das Massenblatt „Sun“ widmete den vom britischen Militärgericht freigegebenen Fotos am Mittwoch fünf Seiten. In einem Leitartikel mit dem Titel „Schande der Armee“ hieß es: „Das Land stellt sich heute nur eine Frage: Wie konnte die britische Armee derart schreckliche Dinge zulassen?“

Die Zeitung erinnerte an den Folterskandal von Abu Ghraib. Damals habe sich niemand in Großbritannien vorstellen können, dass es auch in der britischen Armee zu derartigen Übergriffen gegen irakische Gefangene kommen könnte: „Wir lagen völlig falsch.“ Nach der Veröffentlichung der Folterfotos von Abu Ghraib im vergangenen Frühjahr hatten die britische Regierung und die Armee immer wieder auf die Professionalität ihrer Truppen im Irak hingewiesen und sich vom aggressiveren Stil der US-Einheiten distanziert.

Der Prozess gegen die drei britischen Soldaten wegen der mutmaßlichen Misshandlung von irakischen Gefangenen hatte am Dienstag in Osnabrück begonnen. Auf insgesamt 22 vom Gericht als Beweismaterial freigegebenen Fotos ist unter anderem zu sehen, wie Iraker zum Simulieren von Sex gezwungen oder auf einen Gabelstapler gefesselt wurden. Alle Vorwürfe beziehen sich auf Ereignisse in einem Lagerhaus bei Basra um den 15. Mai 2003.

Blair entsetzt über Fotos von Gefangenenmisshandlungen

Großbritanniens Premier Tony Blair hat entsetzt auf Fotos von Misshandlungen irakischer Gefangener durch britische Soldaten reagiert. Die Bilder seien „schockierend und abstoßend“, sagte Blair am Mittwoch vor dem Parlament in London. Der Regierungschef betonte zugleich, die große Mehrheit der britischen Soldaten im Irak habe dem Land „große Ehre erwiesen“.

Blair versicherte, die Schuldigen würden zur Rechenschaft gezogen. „Der Unterschied zwischen Tyrannei und Demokratie ist nicht, dass in der Demokratie keine schlimmen Dinge passieren, sondern, dass in einer Demokratie die Schuldigen gefasst und zur Verantwortung gezogen werden“, sagte der Regierungschef.

Für die Verfehlungen einiger weniger dürften aber nicht die gesamten britischen Streitkräfte verantwortlich gemacht werden, betonte Blair. „Die große Mehrheit der 65.000 britischen Soldaten, die im Irak gedient haben, hat sich dabei ausgezeichnet, Mut bewiesen und sich um ihr Land verdient gemacht.“ Es dürfe daher nicht zugelassen werden, dass die Fotos „den guten Namen“ der britischen Armee beschmutzten.

In Osnabrück in Deutschland müssen sich seit Dienstag drei britische Soldaten wegen des Vorwurfs der Misshandlung irakischer Gefangener vor einem britischen Militärgericht verantworten. Sie sollen im Mai 2003 in einem Lebensmitteldepot nahe der südirakischen Stadt Basra Iraker gequält und gedemütigt haben. Als Beweise dienen dem Gericht 22 Fotos, die die Misshandlungen zeigen.

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