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Interview mit Fernando Botero

Botero im Wiener Kunstforum
Botero im Wiener Kunstforum ©APA/GEORG HOCHMUTH
Die meisten kennen sie: Mächtige, voluminöse und scheinbar etwas gleichmütig dreinblickende Figuren, die als Skulpturen verschiedenste Städte auf der ganzen Welt bevölkern.

Ab kommenden Mittwoch sind die in Form von Ölgemälden im Kunstforum in Wien zu sehen. Dort widmet man erstmals in Österreich eine umfassende Retrospektive dem kolumbianischen Künstler Fernando Botero, der seit Jahrzehnten mit seiner eigentümlichen Form- und Farbsprache erfolgreich ist. Im Gespräch sprach der 79-jährige Maler vor der Ausstellungseröffnung über die Aufgabe von Kunst, die Unberechenbarkeit von Inspiration und Stimmen zu seiner Arbeit.

Herr Botero, Ihre Bilder zeichnen sich seit Jahren durch voluminösen Figuren aus. Wieso fokussieren Sie sich so stark auf diese Formgebung?

Fernando Botero: Es sind nicht nur die Figuren, das ist auch in meinen Stillleben, in meinen Landschaftsbildern so. Ich drücke damit immer Volumen aus, weil ich glaube, dass dieses Element sehr wichtig für die Kunstgeschichte ist. Heutzutage sind ja die meisten Gemälde flach. Im Fall der größten Momente der Kunstgeschichte waren die Bilder allerdings sehr monumental. Da gab es eine Sinnlichkeit und eine bestimmte Kraft, die heute nicht existiert.

 Im Unterschied zu den doch sehr lieblichen Darstellungen der meisten Ihrer Bilder steht der Abu Ghraib-Zyklus. Gab es in der Entstehung große Unterschiede?

Botero: Nicht wirklich. In den Skizzen dafür wählte ich bereits meinen Hass für diese Geschehnisse. Ich war aufgebracht über die Scheinheiligkeit dieser Situation. Aber im Moment des Malens geschieht eigentlich dasselbe wie bei einem Stillleben. Die erste Aufgabe besteht ja im Akt des Malens. Wenn man zusätzlich etwas ausdrücken will, was man im Herz trägt, kommt das erst danach. Die grundsätzliche Verantwortung besteht darin, ein gutes Bild abzuliefern.

Dieser Zyklus sorgte für einige Aufregung. Ist Ihnen derartige öffentliche Aufmerksamkeit ein Anliegen?

Botero: Bei Kunst geht es ja eigentlich um Schönheit und Vergnügen. Das ist die grundsätzliche Aufgabe des Künstlers. Schauen Sie sich die Expressionisten an: Da sieht man keine traurigen oder schäbige Bilder. Wenn man sich die ganzen großen Künstler der Geschichte ansieht, wird das bestätigt. Die Intention von Kunst ist, Vergnügen zu bereiten, nicht nur durch die Schönheit der Dinge sondern auch im Falle erbärmlicher Inhalte. Es ist ja nichts verkehrt daran, etwas Schäbiges auf schöne Weise darzustellen.

Botero: Lese selten, was über meine Arbeit geschrieben wird

Sehen Sie sich als ein politischer Künstler oder eine politisch interessierte Privatperson?

Botero: Ich will nicht, dass man alles was ich mache, als Reaktion auf etwas, was in der Welt passiert, versteht. Mich haben die Nachrichten über die Folter in Abu Ghraib sehr mitgenommen, aber es gibt es so viele schlimme Dinge, die jeden Tag in den Zeitungen stehen. Man kann ja nicht die Arbeit eines Reporters übernehmen. Ich bin Maler und habe manchmal eben Reaktionen auf das, was in der Welt geschieht.

Gibt es abseits von Malerei und Skulptur andere Kunstrichtungen, die Sie interessieren würden?

Botero: Ich habe so viele Sachen ausprobiert. Ich weiß nur, dass ich keine Installationen machen möchte. Für mein Verständnis muss Kunst etwas Permanentes sein. Ansonsten entscheide ich mich meist sehr spontan für ein Thema. Beispielsweise mein “Zirkus”-Zyklus: Da wusste ich am Vortag noch nicht, dass ich damit beginnen würde. Diese Dinge kommen einfach zu einem. Man könnte von Inspiration sprechen, aber eigentlich passt dieses Wort nicht.

Der peruanische Literatur-Nobelpreisträger Mario Vargas Llosa beschreibt Ihre Arbeit als “heiter, schön, unschuldig und starr (…); eine eingefrorene Welt” sozusagen. Würden Sie dem zustimmen?

Botero: Ich sehe es zwar nicht so, es war aber sehr nett von ihm, das zu schreiben. Aber er lässt wesentliche Punkte meiner Arbeit außer Acht und fokussiert sich auf Elemente, die mir selbst nicht so wichtig sind. Er spricht eigentlich nur darüber, dass lateinamerikanische Frauen dicke Hintern haben (lacht). Aber grundsätzlich lese ich kaum etwas, was über meine Werke geschrieben wird. Das würde ja auch nichts an meiner Arbeitsweise ändern. Ich weiß selbst, was ich richtig oder falsch mache.

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